Rz. 28
Gegen den Grundsteuerwertbescheid mit seinen gesonderten Feststellungen ist der Finanzrechtsweg i. S. d. § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO eröffnet.
Zunächst ist im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren als Rechtsbehelf der Einspruch gem. 347 Abs. 1 Nr. 1 AO statthaft. Entsprechendes gilt, wenn ein beantragter Verwaltungsakt, z. B. eine Wertfortschreibung nach § 222 Abs. 1 BewG, abgelehnt worden ist.
Gegen eine Einspruchsentscheidung kann Klage vor dem zuständigen Finanzgericht erhoben werden. Gegen das Urteil des Finanzgerichts kann wiederum Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt werden, sofern das Finanzgericht diese zugelassen oder der Bundesfinanzhof auf eine Nichtzulassungsbeschwerde hin die Revision zugelassen hat (§§ 35, 36 FGO).
Der Einspruch ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Grundsteuerwertbescheids beim zuständigen FA einzulegen (Einspruchsfrist gem. § 355 Abs. 1 S. 1 AO).
Hierbei ist – unter Berücksichtigung des dreistufigen Besteuerungsverfahrens bei der Grundsteuer (Rz. 1) – zunächst darauf zu achten, dass der zutreffende Bescheid mit Rechtsbehelfen angegriffen wird. So können gem. § 351 Abs. 2 AO Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid i. S. d. § 171 Abs. 10 AO, wie dem Grundsteuerwertbescheid, nur durch Anfechtung dieses Bescheids, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheids, wie dem Grundsteuermessbescheid, angegriffen werden (Rz. 25). Dies gilt auch, wenn z. B. der Grundsteuerwertbescheid und der Grundsteuermessbescheid in einem Bescheid verbunden werden.
Des Weiteren ist zu beachten, dass die in einem Grundsteuerwertbescheid getroffenen Feststellungen zum Wert sowie zur Art und Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit des inländischen Grundbesitzes selbstständige, lediglich in einem einheitlichen Verwaltungsakt (Bescheid) zusammengefasste Feststellungen sind, die gesondert angefochten und bestandskräftig werden können (Rz. 12). Der Rechtsbehelf muss insoweit auf die zutreffende Feststellung ausgerichtet sein. Wenngleich die Erklärungen in einem außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren der Auslegung zugänglich sind, kann ein gegen die Wertfeststellung gerichteter Einspruch nicht in einen Einspruch gegen die Artfeststellung umgedeutet werden.
Zur Einlegung eines Einspruchs gegen den Grundsteuerwertbescheid ist gem. § 350 AO befugt, wer geltend macht, durch diesen Bescheid oder dessen Unterlassen beschwert zu sein. Daher ist insbesondere der Steuerschuldner als Inhaltsadressat des Grundsteuerwertbescheids (Rz. 21 ff.) rechtsbehelfsbefugt. Soweit eine Gemeinde Inhaltsadressat des Grundsteuerwertbescheids ist, scheitert ihre Rechtsbehelfsbefugnis nicht daran, dass sie gleichzeitig Gläubigerin der Grundsteuer ist. Die Mieter, auf die die Grundsteuer gem. § 556 BGB als Betriebskosten regelmäßig umgelegt wird, sind hingegen nicht rechtsbehelfsbefugt. Der Mieter kann sich lediglich an seinen Vermieter wenden. Wenn der Vermieter seiner Verpflichtung zur Überprüfung der Besteuerungsgrundlagen nicht nachkommt, kann er sich gegenüber dem Mieter – i. H. d. zu Unrecht geforderten Teils der Grundsteuer – schadensersatzpflichtig machen.
Rz. 29
Ein vorläufiger Rechtsschutz kann gem. § 361 AO, § 69 FGO gewährt werden.
Allein durch Einlegung eines Einspruchs oder einer Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Grundsteuerwertbescheids gem. § 361 Abs. 1 AO und § 69 Abs. 1 FGO nicht gehemmt.
I. S. d. § 361 Abs. 2 AO, § 69 Abs. 2 FGO soll der Grundsteuerwertbescheid auf Antrag ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für die betroffene Person eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Mit Beschlüssen vom 27.5.2024 hat der BFH in zwei Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Aussetzung der Vollziehung) im Wege der verfassungskonformen Auslegung der Regelungen des Bewertungsgesetzes entschieden, dass Stpfl. bei Verletzung des Übermaßverbots die Möglichkeit haben müssen, einen unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden Wert ihres Grundstücks nachzuweisen. Nach Rechtsauffassung des Bundesfinanzhofs setzt dies regelmäßig voraus, dass der vom FA festgestellte Grundsteuerwert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 % oder mehr übersteigt.
Im Vorgriff auf gesetzlich klarstellenden Regelungen in § 220 BewG haben die Länder, die das sog. Bundesmodell auf der Grundlage des Bewertungs- und Grundsteuergesetzes umsetzen, in Umsetzung der vorgenannten höchstrichterlichen Rechtsprechung durch koordinierte Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 24.6.2024 die Voraussetzungen für den Ansatz des niedrigeren gemeinen Werts bei der Bewertung des Grundvermögens im sog. Bundesmodell für Zwecke der Grundsteuer ab 1.1.2025 und die Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes (Aussetzung der Vollziehung) präzisiert. Hiernach ist ab sofort Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung von Bescheiden über die Feststellung des Grundsteuerwer...