Rz. 16
Ein unbebautes Grundstück liegt entweder vor, wenn sich auf dem Grundstück i. S. d. § 246 Abs. 1 – mangels Bezugsfertigkeit – noch keine benutzbaren Gebäude befinden, oder, wenn sich auf dem Grundstück i. S. d. § 246 Abs. 2 BewG auf Dauer keine benutzbaren Gebäude mehr befinden. Im Zeitpunkt des Verlustes der Benutzbarkeit eines Gebäudes und damit der Gebäudeeigenschaft i. S. d. § 246 Abs. 2, § 248 BewG fällt das bebaute Grundstück wieder in den Zustand eines unbebautes Grundstücks zurück, wenn sich auf dem Grundstück im Übrigen keine benutzbaren Gebäude befinden. In § 246 Abs. 2 BewG wird insoweit die Rückentwicklung bzw. der Rückfall von einem bebauten zum unbebauten Grundstück beschrieben. Die Gebäudeeigenschaft i. S. d. § 246 Abs. 2, § 248 BewG endet mit der Unzumutbarkeit der bestimmungsgemäßen Gebäudenutzung. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kann für die Frage, ob eine Benutzung des Gebäudes noch zumutbar ist, auf die allgemeingültige Beschreibung der fehlenden Benutzbarkeit in § 16 Abs. 3 Zweites Wohnungsbaugesetz (II. WoBauG) bzw. in § 16 Abs. 2 des nunmehr geltenden Wohnraumförderungsgesetzes (WoFG) vom 13.9.2001 zurückgegriffen werden. Nach § 16 Abs. 2 WoFG ist ein Raum auf Dauer nicht nutzbar, wenn ein zu seiner Nutzung erforderlicher Gebäudeteil zerstört ist oder wenn sich der Raum oder der Gebäudeteil in einem Zustand befindet, der aus bauordnungsrechtlichen Gründen eine dauernde, der Zweckbestimmung entsprechende Nutzung nicht gestattet; dabei ist es unerheblich, ob der Raum oder der Gebäudeteil tatsächlich genutzt wird. § 16 Abs. 2 WoFG fasst im Unterschied zu § 16 Abs. 3 II. WoBauG lediglich die "Gründe der Bau- und Gesundheitsaufsicht" zu "bauordnungsrechtlichen Gründen" zusammen. Die Gebäudeeigenschaft i. S. d. § 246 Abs. 2, § 248 BewG endet, wenn die Unzumutbarkeit der bestimmungsgemäßen Gebäudenutzung dauerhaft ist. Mit der ausdrücklichen entsprechenden Einfügung der Worte "auf Dauer" in die bewertungsrechtliche Begriffsbestimmung für unbebaute Grundstücke bezweckte bereits der historische Gesetzgeber die Klarstellung, dass noch kein unbebautes Grundstück vorliegt, wenn am Bewertungsstichtag vorhandene Gebäude lediglich wegen behebbarer Baumängel oder Bauschäden, Reparaturstau oder fehlender Ausstattungsmerkmale (z. B. Wohnungstüren) vorübergehend nicht benutzbar sind. In einer früheren Rechtsprechung zur Einheitsbewertung in den neuen Ländern wurde auch in diesen Fällen die Annahme eines unbebauten Grundstücks nicht ausgeschlossen. Nach § 246 Abs. 2 BewG gilt ein Grundstück auch dann als unbebaut, wenn auf dem Grundstück lediglich Gebäude vorhanden sind, die auf Dauer keiner Nutzung zugeführt werden können (Rz. 18) oder bei denen infolge von Zerstörung oder Verfall auf Dauer kein benutzbarer Raum mehr vorhanden ist (Rz. 20). Hiermit hat der Gesetzgeber de facto die Regelungen in § 178 Abs. 2 BewG zur Grundbesitzbewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungssteuer sowie der Grunderwerbsteuer und den Regelungsinhalt aus § 72 Abs. 3 BewG zur Einheitsbewertung übernommen. Unter der Prämisse der Verwaltungsvereinfachung und des Abbaus des Erfüllungsaufwandes für Bürger und Wirtschaft überrascht, dass die bisherige Ausnahmeregelung in der Einheitsbewertung nach § 72 Abs. 2 BewG zu den Gebäuden von untergeordneter Bedeutung nicht in das reformierte Bewertungsrecht übernommen wurde. Der Gesetzgeber begründete die Nichtübernahme dieser Regelung mit der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und der Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten. Infolgedessen sind z. B. Grundstücke, auf denen sich nur Gebäude von untergeordneter Bedeutung, wie z. B. geringwertige Wochenendhäuser, Baracken oder Kioske befinden, als bebaute Grundstücke anzusehen und einschließlich der Gebäude von untergeordneter Bedeutung zu bewerten. In einigen Ländern, die aufgrund der sog. Länderöffnungsklausel nach Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG für die Grundsteuer und das dazugehörende Bewertungsrecht abweichende landesrechtliche Regelungen getroffen haben, bleiben Flächen von Gebäuden von untergeordneter Bedeutung teilweise weiterhin außer Ansatz. In Bayern gilt darüber hinaus ein Grundstück grundsätzlich als unbebaut, wenn die darauf errichteten Gebäude eine Gesamtgebäudefläche von insgesamt weniger als 30 m² haben.
Rz. 17
einstweilen frei