Rz. 1
In §§ 11, 12 GrStG werden zur Sicherung des Steueraufkommens und im Interesse der Verwaltungsvereinfachung grundsteuerrechtliche Haftungstatbestände normiert.
Während in § 11 GrStG bestimmte Fälle der persönlichen Haftung für die Grundsteuerschuld eines anderen geregelt werden, normiert § 12 GrStG eine zusätzliche dingliche Haftung (Sachhaftung) des Grundstücks für die auf ihm als öffentliche Last ruhende Grundsteuer. Die Haftungstatbestände nach §§ 11, 12 GrStG bestehen unabhängig voneinander.
Während der persönlich Haftende mit seinem gesamten Vermögen haftet, ist die dingliche Haftung (Sachhaftung) auf den betroffenen Haftungsgegenstand beschränkt.
Der Haftungsanspruch gehört zu den Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 AO). Während steuerrechtlich unter Steuerschuld die primäre Leistungspflicht des Steuerschuldners (§ 10 GrStG) zur Erfüllung des Steueranspruchs verstanden wird, bedeutet Haftung in diesem Kontext das Einstehenmüssen für die Steuerschuld eines anderen. Die Haftung ist akzessorisch, da sie das Bestehen der Steuerschuld voraussetzt. Der Steueranspruch muss entstanden und darf noch nicht wieder untergegangen sein.
Die Durchsetzung des Haftungsanspruchs setzt gem. § 191 Abs. 1 AO bei persönlicher Haftung einen Haftungsbescheid und bei dinglicher Haftung einen Duldungsbescheid voraus. Während Haftungsbescheide wie Steuerbescheide Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis sein können (§ 191 Abs. 3 S. 4 AO, § 218 Abs. 1 AO), darf ein Duldungsbescheid nur erlassen werden, wenn der zugrunde liegende Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis festgesetzt, fällig und vollstreckbar ist. Aus dem Regelungsgehalt der §§ 191 Abs. 1, 219 AO folgt, dass sich das Finanzamt bei der Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis zunächst an den Steuerschuldner zu halten hat. Der Haftungsschuldner hat grundsätzlich nur nach dem Steuerschuldner für die Steuerschuld einzustehen (Subsidiarität der Haftung). Nach erfolgter Inanspruchnahme tritt der Haftungsschuldner als Gesamtschuldner neben den Steuerschuldner.
Die Haftung für die Grundsteuer kann sich auch aus abgabenrechtlichen und außersteuerlichen Haftungsvorschriften sowie aus vertraglichen Vereinbarungen ergeben (Rz. 8).
Rz. 2
einstweilen frei
1.1 Regelungsgegenstand
Rz. 3
Die Vorschrift begründet für die Grundsteuer eine öffentliche Last auf dem Steuergegenstand. Sie normiert neben der persönlichen Haftung nach § 11 GrStG eine zusätzliche dingliche Haftung (Sachhaftung) der Grundstücke für die Grundsteuer als öffentlich-rechtliche Abgabe. Dem Steuergläubiger, den Gemeinden, steht damit kraft Gesetzes das Recht zu, sich wegen einer Grundsteuerforderung unmittelbar aus dem haftenden Grundstück im Wege der Zwangsvollstreckung zu befriedigen.
Der bürgerlich-rechtliche Eigentümer hat nach dem gem. § 1 Abs. 2 Nr. 2 AO entsprechend anwendbaren § 77 Abs. 2 S. 1 und 2 AO i. V. m. § 12 GrStG wegen einer Grundsteuerforderung, die als öffentliche Last auf dem Grundstück ruht, die Zwangsvollstreckung in sein Grundstück zu dulden.
Die Bedeutung der öffentlichen Last liegt insbesondere in der bevorrechtigten Befriedung der Grundsteuerforderungen im Rahmen einer Zwangsversteigerung und in einem Absonderungsrecht im Insolvenzverfahren (Rz. 19). Darüber hinaus trägt die dingliche Haftung der Grundstücke zur Verwaltungsvereinfachung bei (Rz. 10).
Rz. 4
einstweilen frei
1.2 Rechtsentwicklung
Rz. 5
Die Vorschrift in der Neufassung des Grundsteuergesetzes vom 7.8.1973 entspricht § 9 des Grundsteuergesetzes vom 10.8.1951. Neben dem Hinweis, dass die dingliche Haftung des Grundbesitzes für die Grundsteuer beibehalten wird, wurde in der Gesetzesbegründung dargelegt, dass die dingliche Haftung gem. § 77 Abs. 2 AO gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks geltend gemacht werden kann. Darüber hinaus wurde die Bedeutung der dinglichen Haftung für den Steuervollzug hervorgehoben (Rz. 10).
Rz. 6
Nach der Neufassung des Grundsteuergesetzes vom 7.8.1973 (Rz. 5) wurde die Vorschrift nicht geändert. Sie blieb auch im Rahmen des Grundsteuer-Reformgesetzes vom 26.11.2019 und den nachfolgenden Änderungsgesetzen zum Grundsteuergesetz unverändert.
Hinsichtlich der Vorschrift ist insoweit nur formal darauf hinzuweisen, dass das Grundsteuergesetz v. 7.8.1973, das zuletzt durch Art. 3 des Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetzes v. 16.7.2021 geändert worden ist, gem. § 37 Abs. 1 GrStG erstmals für die Grundsteuer des Kj. 2025 gilt. Für die Grundsteuer bis einschließlich des Kj. 2024 findet das Grundsteuergesetz v. 7.8.1973, zuletzt geändert durch Art. 38 des Jahressteuergesetzes 2009 v. 19.12.2008, nach § 37 Abs. 2 GrStG weiter Anwendung.
Rz. 7
einstweilen frei