Rz. 81

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GrStG sind Dienstwohnungen der Geistlichen und Kirchendiener der Religionsgesellschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, und der jüdischen Kultusgemeinden (Rz. 74, 76) von der Grundsteuer befreit. § 5 GrStG, nach dessen Absatz 2 Wohnungen stets steuerpflichtig sind, ist insoweit nicht anzuwenden.

Die derzeit bestehenden Privilegien für die Dienstwohnungen der Geistlichen und Kirchendiener sowie die Dienstgrundstücke (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GrStG) der öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und jüdischen Kultusgemeinden lassen sich nur historisch erklären.

Im Rahmen der Neufassung des Grundsteuergesetzes v. 7.8.1973[1] hatte sich der Gesetzgeber entschlossen, die seinerzeit bestehenden und nur historisch zu erklärenden Privilegien zugunsten kirchlicher Dienstgrundstücke und Dienstwohnungen beizubehalten. Er war der Auffassung, dass die vor dem 1.4.1938 begründeten landesrechtlichen Grundsteuerbefreiungen negative Staatsleistungen i. S. d. Artikels 140 GG in Verbindung mit Artikel 138 und 173 der Weimarer Reichsverfassung waren, die nur durch Ablösung, d. h. durch Zahlung einer Kapitalabfindung an die Kirchen, beseitigt werden könnten.[2]

Im Rahmen des Standortsicherungsgesetzes v. 13.9.1993[3] sah sich der Gesetzgeber jedoch veranlasst, die Vorschrift zu ändern. Mit der Änderung bezweckte der Gesetzgeber die Beseitigung einer Rechtsunsicherheit, die hinsichtlich des Fortbestands der Grundsteuerfreiheit für bestimmte kirchliche Grundstücke durch ein Urteil des Bundesfinanzhofs[4] entstanden waren.[5]

Der Bundesfinanzhof hatte entschieden, dass ein von der Grundsteuer befreites Dienstgrundstück eines Geistlichen oder Kirchendieners nur anzunehmen sei, wenn der betreffende Grundbesitz unmittelbar zum Unterhalt des Stelleninhabers bestimmt sei und der Stelleninhaber über Nutzungsart und Erträgnisse befinden könne. Ein solches Dienstgrundstück sei nicht mehr gegeben, wenn der Stelleninhaber Anspruch auf eine seinen Lebensunterhalt sichernde Besoldung habe und verpflichtet sei, die Reineinnahmen aus dem Grundstück zur Erstattung der Gehaltszahlungen zu verwenden.

Nach dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung wäre der seinerzeitige Befreiungstatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GrStG hinsichtlich der Dienstgrundstücke ins Leere gegangen, weil die aktuellen Besoldungsregelungen und der für die zeitgemäße Bewirtschaftung von Grundbesitz erforderliche Verwaltungsablauf keinen Raum mehr für den tatsächlichen Fortbestand der Eigenschaft "Dienstgrundstück" gelassen hätten. Davon unberührt geblieben wäre allerdings die Grundsteuerbefreiung für die sog. fiktiven Dienstgrundstücke bei der evangelischen Kirche. Schon aus Gründen der Gleichbehandlung der Kirchen sollte deshalb unter Aufrechterhaltung des historischen Bezugs die Grundsteuerbefreiung für die kirchlichen Dienstgrundstücke weiter bestehen bleiben.

Die gesetzliche Neuregelung, die sich auf eine Besitzstandswahrung zugunsten der Kirchen beschränkt, verlangt für die Grundsteuerfreiheit, dass der Grundbesitz bereits am 1.1.1987 zu einem Stellenfonds i. S. d. vorgesehenen gesetzlichen Umschreibung gehörte und diese Voraussetzung auch noch im aktuellen Veranlagungszeitpunkt erfüllt ist. Die Zweckbindung des Stellenvermögens für Besoldungs- und Versorgungszwecke hat der Gesetzgeber als ausreichend erachtet. Im Beitrittsgebiet, in dem der kirchliche Grundbesitz von staatlichen Eingriffen betroffen war, könne der 1.1.1987 nicht alleiniger Anknüpfungspunkt der Besitzstandswahrung sein. Neben der Zugehörigkeit zum Stellenfonds im aktuellen Feststellungs- und Veranlagungszeitpunkt sollte es daher für Grundbesitz in diesem Gebiet genügen, dass er bereits zu einem früheren Zeitpunkt vor dem 1.1.1987 zum Stellenvermögen gehörte.

Zur Beseitigung von Rechtsunsicherheiten infolge der vorgenannten höchstrichterlichen Rechtsprechung wurde mit dem Standortsicherungsgesetz vom 13.9.1993 die seinerzeitige Steuerbefreiungsvorschrift nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GrStG für Dienstwohnungen und Dienstgrundstücke aufgespalten (Steuerbefreiung für Dienstwohnungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GrStG und für Dienstgrundstücke nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GrStG).

 

Rz. 82

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GrStG sind Dienstwohnungen der Geistlichen und Kirchendiener öffentlich-rechtlicher Religionsgesellschaften und jüdischer Kultusgemeinden von der Grundsteuer befreit. § 5 ist explizit nicht anzuwenden. Mithin enthält die Vorschrift eine Ausnahme von dem Grundsatz nach § 5 Abs. 2 GrStG, dass eine Nutzung zu Wohnzwecken stets steuerpflichtig ist.

Die Begriffe "Dienstwohnungen und Dienstgrundstücke der Geistlichen und Kirchendiener" sind bundeseinheitlich unter Berücksichtigung der landesrechtlichen Regelungen sowie der Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts so auszulegen, wie sie dem Bundesgesetzgeber bei Wiedereinführung des früheren landesrechtlichen Privilegs bekannt waren.[6]

Eine "Dienstwohnung" i. S. d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Gr...

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