Rz. 25
Für Grundbesitz, in dessen Gebäuden Gegenstände von anerkannt wissenschaftlicher, künstlerischer oder geschichtlicher Bedeutung dem Zweck der Forschung oder Volksbildung nutzbar gemacht sind, ist die Grundsteuer im Ausmaß der nachhaltigen Minderung des Rohertrags, das durch die Benutzung der Gegenstände zu den begünstigten Zwecken veranlasst ist, nach § 32 Abs. 2 GrStG zu erlassen. Im Gegensatz zu den Fällen des § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG handelt es sich somit nicht um einen Vollerlass, sondern um einen Teilerlass von der Grundsteuer.
Für den Erlass nach § 32 Abs. 2 GrStG ist nicht das öffentliche Erhaltungsinteresse am Grundbesitz selbst i. S. d. § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG entscheidungserheblich, sondern vielmehr die wissenschaftliche, künstlerische oder geschichtliche Bedeutung der in den Gebäuden untergebrachten Gegenstände und deren Zweckbindung. Bei diesen Gegenständen kann es sich insbesondere um Sammlungen, Bibliotheken oder um die Inneneinrichtung eines Gebäudes handeln.
Die wissenschaftliche, künstlerische oder geschichtliche Bedeutung der in den Gebäuden untergebrachten Gegenstände muss durch die Landesregierung oder ihrer beauftragten Stelle anerkannt sein. Die Anerkennungsverfahren zu § 32 Abs. 2 Satz 2 GrStG sowie zu den § 4 Nr. 5 (siehe § 4 GrStG) und § 5 Abs. 1 Nr. 2 (siehe § 5 GrStG) sind jeweils landesrechtlich geregelt.
Aus der Anerkennung der zuständigen Landesbehörde muss sich auch ergeben, dass die vorgenannten Gegenstände dem Zwecke der Forschung oder Volksbildung nutzbar gemacht sind. Die Gegenstände müssen in einem den Verhältnissen entsprechenden Umfang der Öffentlichkeit, zumindest aber den interessierten Kreisen, ohne weiteres zugänglich sein. Diese Möglichkeit muss allgemein erkennbar sein.
Im Antrag auf Anerkennung ist vom Steuerschuldner daher regelmäßig anzugeben:
- der Grundbesitz, für den der Erlass der Grundsteuer beantragt wird,
- der Steuerschuldner i. S. d. § 10 GrStG,
- die Gebäude, in denen Gegenstände von wissenschaftlicher, künstlerischer oder geschichtlicher Bedeutung, insbesondere Sammlungen oder Bibliotheken, untergebracht sind,
- die Art der Gegenstände und ihre wissenschaftliche, künstlerische oder geschichtliche Bedeutung und
- der Zweck der Forschung oder die Nutzung zur Volksbildung.
Die Anerkennung ist für die Gemeinde verbindlich. Der Anerkennungsbescheid durch die zuständige Landesbehörde ist ein Grundlagenbescheid i. S. d. § 171 Abs. 10 AO und § 175 Nr. 1 AO. Die Prüfung der Gemeinde beschränkt sich insoweit auf das Ausmaß der nachhaltigen Minderung des Rohertrags, das durch die Benutzung der Gegenstände zu den begünstigten Zwecken veranlasst ist; mithin auf den Umfang des Erlasses.
Der Umfang des (Teil-)Erlasses nach § 32 Abs. 2 GrStG bestimmt sich nach dem Ausmaß der nachhaltigen Minderung des Rohertrags, das durch die Benutzung der Gegenstände zu den begünstigten Zwecken veranlasst ist. Zur Ermittlung des Ausmaßes der Minderung des Rohertrags ist der tatsächlich erzielte Rohertrag zu dem Rohertrag ins Verhältnis zu setzen, der ohne die begünstigte Benutzung der Gegenstände üblicherweise als Ertrag erzielt hätte werden können. Dabei ist jeweils auf den ganzen Steuergegenstand abzustellen, auch wenn die Gegenstände nur in einem Teil des Gebäudes untergebracht sind. Die Grundsteuer ist dann um den Hundertsatz zu erlassen, um den der üblicherweise erzielbare Rohertrag durch die Aufbewahrung der begünstigten Gegenstände nachhaltig gemindert ist. Hinsichtlich des Begriffs des Rohertrags sowie der Nachhaltigkeit einer Rohertragsminderung wird grundsätzlich auf Rz. 17 verwiesen.
Zur Ermittlung des üblicherweise erzielbaren Rohertrags ohne Aufbewahrung der begünstigten Gegenstände kann in der Regel auf die ortsübliche Miete zurückgegriffen werden. Erträge im Zusammenhang mit den begünstigten Gegenständen, etwa aus Eintrittsgeldern für deren Besichtigung, bleiben bei der Ermittlung des Rohertrags außer Betracht. Auf die Erträge dieser Gegenstände kommt es im vorliegenden Sachzusammenhang nicht an. Anzusetzen wäre hingegen eine Miete, die für Teile des Grundbesitzes, in denen die Gegenstände untergebracht sind, vereinnahmt wird.
Ist der Rohertrag für ein Grundstück nur schwer festzustellen, z. B. für eigengenutzte Grundstücke, bietet sich folgende abweichende Vorgehensweise an. Verbleibt für die Räume, in denen die steuerbegünstigten Gegenstände untergebracht sind, kein Rohertrag, so ist die Grundsteuer in der Höhe des Prozentsatzes zu erlassen, mit dem dieser Grundstücksteil im Grundsteuerwert für das gesamte Grundstück enthalten ist. Hierfür ist regelmäßig die Mitwirkung des für die Feststellung des Grundsteuerwerts zuständigen Lagefinanzamts erforderlich, da den Gemeinden regelmäßig nur der notwendige Inhalt aus den Steuermessbetragsbescheiden, aber nicht aus den Grundsteuerwertbescheiden mitgeteilt wird. Die Ermittlung des Prozentsatzes erfolgt bei Wohngrundstücken im Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen oder bei Nichtwohngrundstücken im Verhältnis der Bruttogrund...