Rz. 12

Wird der Steuergegenstand (§ 2 GrStG) oder ein Teil des Steuergegenstandes sowohl zu nach §§ 3, 4 GrStG steuerbegünstigten Zwecken als zu auch anderen (nicht begünstigten) Zwecken benutzt, ohne dass eine räumliche Abgrenzung für die verschiedenen Zwecke nach § 8 Abs. 1 GrStG möglich ist, so ist der Steuergegenstand oder der Teil des Steuergegenstandes nach § 8 Abs. 2 GrStG nur befreit, wenn die Benutzung für steuerbegünstigte Zwecke überwiegt.

Ein konkreter Maßstab für das Annehmen einer überwiegenden Benutzung ist weder dem Gesetz noch den bisherigen Grundsteuerrichtlinien zu entnehmen. Im Allgemeinen wird eine überwiegende Benutzung bei einer Nutzung des Steuergegenstandes bzw. Teils des Steuergegenstandes zu mehr als 50 % anzunehmen sein.

Für die Entscheidung, ob die steuerbegünstigte Nutzung i. S. d. § 8 Abs. 2 GrStG überwiegt, sind die Verhältnisse in dem KJ maßgebend, das dem KJ vorangeht, auf dessen Beginn der Grundsteuermessbetrag festgesetzt wird.[1] Unerheblich ist, ob die Benutzung für steuerbegünstigte und nicht steuerbegünstigte Zwecke gleichzeitig nebeneinander oder zeitlich hintereinander erfolgt.[2] Bei gleichzeitig nebeneinander erfolgenden Nutzungen wird es für Entscheidung, welche Nutzung überwiegt, regelmäßig auf die Umstände des Einzelfalls ankommen (z. B. bei Räumen, die gleichzeitig für die Verwaltung von steuerbegünstigten und nicht steuerbegünstigten Zwecken genutzt werden). In Zweifelsfällen kann es auch entscheidend sein, für welche Zwecke der Steuergegenstand bzw. Teil des Steuergegenstandes überwiegend geschaffen oder bereitgehalten wird. Anhaltspunkte für die Zweckbestimmung können sich etwa aus der Bauart und der Einrichtung des Gebäudes ergeben.[3] Bei zeitlich hintereinander liegenden Nutzungen ist für die Entscheidung, ob die steuerbegünstigte Nutzung überwiegt, maßgeblich, welche Nutzung innerhalb des KJ, dass dem Veranlagungszeitpunkt des Grundsteuermessbetrages vorausging, die längere Zeit vorlag. Infolgedessen bleibt eine Stadthalle, die sowohl für öffentliche Veranstaltungen, z. B. für Bürgerversammlungen, als auch für private Veranstaltungen, z. B. für Konzerte, benutzt wird, steuerfrei, wenn der Gebrauch durch die Allgemeinheit überwiegt.[4]

Zeiten der Nichtnutzung (des Leerstehens) des Grundstücks (Gebäudes) scheiden für den zeitanteiligen Maßstab aus.[5] Ist die tatsächliche Nutzung des Grundstücks für steuerbegünstigte Zwecke nur auf bestimmte wiederkehrende Zeitabschnitte eines Kalenderjahres beschränkt, während in der übrigen Zeit das Grundstück nicht genutzt wird, so ist zu unterstellen, dass die Nutzung für steuerbegünstigte Zwecke in der Zwischenzeit fortbesteht.[6]

Handelt es sich um unterschiedliche Gebäudeteile, die jeweils teils zu begünstigten, teils zu nicht begünstigten Zwecken benutzt werden, ist bei der Gewichtung, ob die steuerbegünstigten Zwecke überwiegen, neben der zeitlichen Abgrenzung auch der räumliche Umfang der unterschiedlichen Nutzung nach Maßgabe des Flächenanteils zu berücksichtigen.[7]

Für einen Steuergegenstand, der sowohl nach §§ 3, 4 GrStG steuerbegünstigten Zwecken als auch Wohnzwecken oder land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dient, gehen die spezielleren Vorschriften nach § 5 GrStG (§ 5 GrStG Rz. 9, 12) und § 6 GrStG (§ 6 GrStG Rz. 8, 11) der allgemeinen Regelung in § 8 Abs. 2 GrStG vor (Rz. 8).

[1] Abschn. 33 Satz 2 GrStR 1978.
[2] Abschn. 32 Abs. 2 GrStR 1978.
[4] Abschn. 32 Abs. 2 GrStR 1978.
[6] Abschn. 33 Satz 3 GrStR 1978.

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