Rz. 9

Ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden liegt vor, wenn ein anderer als der Eigentümer des Grund und Bodens darauf ein Gebäude errichtet hat und ihm das Gebäude zivilrechtlich oder wirtschaftlich zuzurechnen ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

  • das Gebäude i. S. d. § 95 BGB Scheinbestandteil des Grund und Bodens ist oder
  • wenn dem Nutzungsberechtigten (Nutzer des Gebäudes) bei Nutzungsbeendigung gegenüber dem Eigentümer des Grund und Bodens ein vertraglicher oder gesetzlicher Anspruch auf Ersatz des Verkehrswerts des Gebäudes zusteht (§ 244 BewG Rz. 24).[1]

In der Praxis werden z. B. Tankstellen hin und wieder als Gebäude auf fremdem Grund und Boden errichtet.

Bei der Einheitsbewertung bilden das Gebäude auf fremdem Grund und Boden und das damit belastete Grundstück 2 wirtschaftliche Einheiten, für die jeweils ein Einheitswert festzustellen ist.[2] Bei der Grundsteuerbewertung wird das Gebäude auf fremdem Grund und Boden hingegen aus Vereinfachungs- und Automationsgründen[3]mit dem dazugehörenden Grund und Boden gem. § 244 Abs. 3 Nr. 2 BewG zu 1 wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst (§ 244 BewG Rz. 24), für die ein Gesamtwert zu ermitteln ist (Rz. 11). Der ermittelte Gesamtwert (Grundsteuerwert) wird bewertungsrechtlich dem Eigentümer des Grund und Bodens zugerechnet, der damit zum Steuerschuldner für die wirtschaftliche Einheit wird (Rz. 13).

Als Gebäude auf fremdem Grund und Boden werden das Gebäude, die sonstigen Bestandteile, wie die vom Nutzungsberechtigten errichteten Außenanlagen, und das Zubehör erfasst.[4] Wenn auf einem Grundstück nur Betriebsvorrichtungen i. S. d. § 243 Abs. 2 Nr. 2 BewG (§ 243 BewG Rz. 46ff.) oder Außenanlagen (§ 243 BewG Rz. 35) errichtet werden, liegt kein Gebäude auf fremdem Grund und Boden, sondern ein unbebautes Grundstück vor.[5]

 

Rz. 10

einstweilen frei

[3] S. Begründung zum Entwurf eines Grundsteuer-Reformgesetzes, zu § 262 BewG, BT-Drs. 19/11085 v. 25.6.2019, 119.

2.1 Ermittlung des Gesamtwerts (S. 1)

 

Rz. 11

Nach § 262 S. 1 BewG ist für die aus dem Gebäude auf fremdem Grund und Boden und dem dazugehörenden – belasteten – Grund und Boden zusammengefasste wirtschaftliche Einheit ein Gesamtwert (Rz. 9) nach den (Bewertungs-)Vorschriften für das Grundvermögen (§§ 243260 BewG) zu ermitteln. Festgestellt wird der Wert, der festzustellen wäre, wenn die Belastung mit dem Gebäude auf fremdem Grund und Boden nicht bestünde.

Auf die Kommentierung zu den §§ 243260 BewG wird weitergehend verwiesen.

 

Rz. 12

einstweilen frei

2.2 Zurechnung des Gesamtwerts (S. 2)

 

Rz. 13

Nach § 262 S. 2 BewG ist der i. S. d. § 262 S. 1 ermittelte Gesamtwert (Rz. 9 und 11) – und damit implizit auch das Grundstück (Steuergegenstand) – dem zivilrechtlichen Eigentümer des Grund und Bodens zuzurechnen. Folglich ergeht ihm gegenüber der Feststellungsbescheid über den Grundsteuerwert.[1]

Abgesehen von dem Ausnahmefall, dass das Gebäude als Scheinbestandteil i. S. d. § 95 BGB anzusehen ist, ist der Eigentümer des Grund und Bodens – trotz abweichender wirtschaftlicher Vereinbarung – grundsätzlich zivilrechtlicher Eigentümer des Gebäudes. Der zivilrechtliche Eigentümer des Grund und Bodens kann aufgrund amtlicher Grundstücksinformationen einfach im automatisierten Verfahren ermittelt werden.[2]

Infolge der einheitlichen Zurechnung des Gesamtwerts (und implizit des Steuergegenstands) wird der zivilrechtliche Eigentümer des Grund und Bodens nach der Grundsatzregelung zur Steuerschuldnerschaft in § 10 Abs. 1 GrStG zum Steuerschuldner für die aus dem Gebäude auf fremdem Grund und Boden und dem dazugehörenden Grund und Boden zusammengefasste wirtschaftliche Einheit.

Der Gesetzgeber wies darauf hin, dass diese Regelung im Ergebnis zu keiner tatsächlichen Belastungsverschiebung führt, wenn nach den üblichen vertraglichen Vereinbarungen die Grundsteuer schon bisher auf den Eigentümer des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden abgewälzt wurde.[3] Analog zu den Erbbaurechtsfällen gilt auch hier, wer die Grundsteuer endgültig tragen soll, unterliegt allein der Privatautonomie (§ 261 BewG Rz. 15).

 

Rz. 14

 
Hinweis

Infolge der Zurechnung des Steuergegenstands in Fällen mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden auf den Eigentümer des Grund und Bodens treffen den Eigentümer des Grund und Bodens folgerichtig auch die Erklärungs- und Anzeigepflichten nach § 228 BewG. Der Eigentümer oder wirtschaftliche Eigentümer des Gebäudes ist jedoch verpflichtet, hierbei mitzuwirken (§ 228 Abs. 3 Nr. 3 BewG).

 
Hinweis

Nach der Aufforderung des Bundesministeriums der Finanzen vom 30.3.2022[4] zur Abgabe der Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts für den Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.2022 ist bei Grundstücken mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden der Eigentümer des Grund und Bodens unter Mitwirkung des Eigentümers des Gebäudes zur Erklärungsabgabe verpflichtet.

Die Mitwirkungspflicht des Eigentümers oder wirtschaftlichen Eigentümers des Gebäudes ist sachgerecht, da im Einzelfall n...

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