Rz. 60
Im Gegensatz zum Bodenwertmodell (vgl. Rz. 11 ff.) halten die Flächenmodelle an einer verbundenen Grundsteuer, deren Bemessungsgrundlage sowohl den Grund und Boden als auch die Gebäude einbezieht, fest. Da die Besteuerung nach den Flächenmodellen an das Innehaben von Grundbesitz anknüpft und persönliche Verhältnisse außer Betracht bleiben, handelt es sich dem Steuertypus nach um eine Grundsteuer als Objektsteuer i. S. v. Art. 105 Abs. 2, Art. 106 Abs. 6 GG. Abweichende Länder können sich insoweit bei den Flächenmodellen auf die den Ländern eingeräumte Regelungskompetenz aus Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG stützen.
Die Flächenmodelle zielen für Grundstücke auf eine wertunabhängige Grundsteuer, die sich auf der Grundlage von physischen Grundstücksmerkmalen (Grundstücksfläche und Gebäudefläche) bemisst. Die Werte von Grund und Boden sowie der aufstehenden Gebäude spielen für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage für Zwecke der Grundsteuer keine Rolle.
Beim reinen Flächenmodell, dass von Bayern angestrebt wird (siehe 3.2.2), wird die grundsteuerliche Bemessungsgrundlage durch Multiplikation der Grundstücks- und ggf. vorhandenen Gebäudeflächen mit sog. Äquivalenzzahlen in Cent/m² ermittelt. Zur Ermittlung des Steuermessbetrages werden diese Produkte mit Steuermesszahlen für Wohnen (Wohnflächen) und Nichtwohnen (Nutzflächen) multipliziert. Die Lage des Grundstücks ist dabei unbeachtlich. Infolgedessen fällt für alle gleichgroßen und nutzungsgleichen Grundstücke bei einheitlichen Hebesätzen in einer Gemeinde gleich viel Grundsteuer an.
Auf das reine Flächenmodell bauen – quasi als Basismodell – allen anderen Flächenmodelle auf (siehe 3.2.3. Hamburg, , 3.2.4. Hessen und 3.2.5 Niedersachsen). Im Sinne einer realitäts- und relationsgerechten Ausgestaltung der Grundsteuer versuchen die auf dem reinen Flächenmodell aufbauenden Ländermodelle insbesondere die innerkommunalen Lageunterschiede der Grundstücke zusätzlich sachgerecht abzubilden.
Die Flächenmodelle stützen ihre Belastungsentscheidung für die Grundsteuer nicht auf das Leistungsfähigkeitsprinzip, sondern ausschließlich auf das sog. Äquivalenzprinzip. Die Flächen sollen hierbei als Indiz für die Möglichkeiten der Inanspruchnahme kommunaler Infrastruktur und für die Anlastung von Kosten für öffentlich bereitgestellte Güter dienen.
Rz. 61
Einstweilen frei
3.2.1 Verfassungsrechtliche Risiken der Flächenmodelle
Rz. 62
Hinsichtlich der Rechtfertigung bzw. der Auswahl des Belastungsgrundes für die Grundsteuer wird in Fachkreisen seit Jahren nahezu dogmatisch über die Maßgeblichkeit des Leistungsfähigkeits- oder des Äquivalenzprinzips gestritten. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber einen weiten Spielraum für die Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage attestiert. Die Bemessungsgrundlage und die Bewertungsregeln müssen allerdings geeignet sein, den Belastungsgrund der Steuer zu erfassen und dabei die Relation der Wirtschaftsgüter zueinander realitätsgerecht abzubilden (vgl. Rz. 2).
Die Flächenmodelle stützen ihre Belastungsgrundentscheidung für die sog. Grundsteuer B (Grundstücke als wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens) in Abkehr vom Leistungsfähigkeitsprinzip auf das Äquivalenzprinzip.
Die Heranziehung des Äquivalenzprinzips als Belastungsgrund für die Grundsteuer wurde von den Entwicklern des Flächenmodells zunächst im Sinne einer Kostenäquivalenz mit der Anknüpfung an die über Gebühren und Beiträgen hinausgehenden Kosten der Kommunen für die kommunale Daseinsvorsorge begründet.
Nach neueren Begründungen liegt die Belastungsgrundentscheidung im Sinne einer Nutzenäquivalenz insbesondere in der Schaffung eines Ausgleichs dafür, Nutzen aus kommunal bereitgestellter Infrastruktur ziehen zu können (z. B. kommunale Straßen, allgemeine Straßenreinigung, kulturelle Angebote, öffentliche Parks und Spielplätze), die nicht bereits individuell zugeordnet und damit durch Gebühren oder Beiträge abgegolten werden können.
Leitgedanke ist nicht die Individualäquivalenz, sondern eine Gruppenäquivalenz, bei der die Steuer eine Gegenleistung für die Leistungen der Gemeinden darstellt, die nicht über Gebühren oder Beiträge einer konkreten Person zugeordnet werden können oder bei denen eine Zuordnung auf bestimmte Personen nicht möglich oder nicht gewünscht ist.
Rz. 63
Zumindest in Teilen der Fachöffentlichkeit wird hiergegen eingewandt, dass die Grundsteuer als Flächensteuer durch das Äquivalenzprinzip weder im Sinne einer Kosten- noch einer Nutzenäquivalenz gerechtfertigt werden kann.
Die Kostenäquivalenz versagt, da Steuern – als Geldleistungen ohne Gegenleistung für eine bestimmte Leistung – grundsätzlich nicht geeignet sind, die Kosten öffentlich bereitgestellter Leistungen abzubilden. Das Äquivalenzprinzip ist für die sog. Vorzugslasten (Gebühren und Beiträge) einschlägig, dem Steuerrecht ist es hingegen fremd.
In Bezug auf die Nutzenäquivalenz ist festzustellen, dass ein flächenbezogener Maßstab keinen nachweisbaren sachlichen Zusammenhang zu dem durch das jeweilige Grundstück vermittelten Nutzen aus kommunal...