Rz. 70
In Bayern wurde zur Besteuerung der Grundstücke als wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens (sog. Grundsteuer B) – abweichend vom Bundesrecht – ein wertunabhängiges – reines – "Flächenmodell" eingeführt.
In Abkehr vom Leistungsfähigkeitsprinzip wird vom bayerischen Gesetzgeber für die grundlegende Neuausrichtung der Ermittlung der Berechnungsgrundlage der sog. Grundsteuer B nach den Flächen der Grundstücke das Äquivalenzprinzip angeführt. Bei einer kommunalen Steuer, die an den Grundbesitz anknüpft, ergebe sich zwischen den öffentlichen Leistungen der Gemeinden für die Daseinsvorsorge und dem Steueraufkommen ein enger Zusammenhang. Die Flächen von Grund und Boden sowie Gebäude seien somit ein realitätsgerechter Verteilungsmaßstab für die von der örtlichen Kommune erbrachten – noch nicht durch Gebühren und Beiträge abgedeckten – öffentlichen Leistungen und der Intensität der jeweiligen Nutzung der kommunalen Infrastruktur.
Beim bayerischen – reinen – Flächenmodell sind weder der Wert noch die Lage der Grundstücke von Bedeutung. Gleich große und gleich genutzte Grundstücke werden somit innerhalb einer Gemeinde unabhängig davon, ob sie sich in einer guten oder schlechten Lage befinden, gleich belastet.
Trotz der weitreichenden Abweichungen im Bereich der sog. Grundsteuer B handelt es sich beim Bayerischen Grundsteuergesetz (BayGrStG) nicht um eine "Vollregelung" des gesamten Grundsteuer- und Bewertungsrechts, sondern lediglich um Abweichungen vom Bundesrecht, einschließlich erforderlicher Ergänzungen. Soweit der Landesgesetzgeber keine abweichenden Regelungen getroffen hat, findet das bundesgesetzlich geregelte Grundsteuer- und Bewertungsrecht als "partielles Bundesrecht" weiter Anwendung.
Rz. 71
Das bayerische Flächenmodell hält insbesondere auch für die Besteuerung der Grundstücke als wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens an dem dreistufigen Besteuerungsverfahren bei der Grundsteuer fest.
Auf der ersten Stufe werden für die Grundstücke als wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens – abweichend von den Grundsteuerwerten im Bundesmodell – Äquivalenzbeträge für den Grund und Boden und die Gebäude (Wohn- und Nutzflächen) festgestellt. Hierzu werden die maßgeblichen Flächen von Grund und Boden sowie Gebäude mit landesrechtlichen sog. Äquivalenzzahlen multipliziert. Mit den unterschiedlichen Äquivalenzzahlen sollen keine Wertverhältnisse, sondern bestimmte Relationen für die Belastungsverteilung abgebildet werden. Die Äquivalenzbeträge werden erstmals auf den 1.1.2022 allgemein festgestellt (Hauptfeststellung). Weitere turnusmäßige Hauptfeststellungen sind nicht vorgesehen. In dem Feststellungsbescheid sind ergänzend auch Feststellungen zu treffen über die Fläche von Grund und Boden und die Gebäudeflächen, einschließlich ihrer Einordnung als Wohn- oder Nutzfläche. Die Äquivalenzbeträge werden gem. Art. 6 Abs. 3 BayGrStG im Wege einer Betrags- oder Flächenfortschreibung neu festgestellt, wenn ein Äquivalenzbetrag oder eine Fläche von der zuletzt getroffenen Feststellung abweicht und es für die Besteuerung von Bedeutung ist. Fehlerbeseitigende Fortschreibungen werden ebenfalls durchgeführt.
Auf der zweiten Stufe wird durch Anwendung landesrechtlich vorgegebener Grundsteuermesszahlen auf die festgestellten Äquivalenzbeträge für den Grund und Boden und etwaiger Gebäude der Grundsteuermessbetrag ermittelt und festgesetzt. Hierbei kommen unterschiedliche Grundsteuermesszahlermäßigungen zur Anwendung, denen besondere Förder- und Privilegierungsüberlegungen zugrunde liegen. Die Grundsteuermessbeträge werden im Anschluss an die Hauptfeststellung der Äquivalenzbeträge auf den 1.1.2025 allgemein festgesetzt (Hauptveranlagung). Im Fall der Neufeststellung des Äquivalenzbetrags aufgrund einer Betrags- oder Flächenfortschreibung erfolgt grundsätzlich auch eine Neufestsetzung des Grundsteuermessbetrags.
Sowohl für die Feststellung des Äquivalenzbetrags als auch für die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags ist jeweils das Lagefinanzamt zuständig (§§ 18, 22 AO).
Auf der dritten Stufe erfolgt schließlich die eigentliche Grundsteuerfestsetzung durch die Gemeinden, die hierbei die von ihnen bestimmten Hebesätze auf den Grundsteuermessbetrag anwenden. Den Gemeinden steht das verfassungsrechtlich verankerte Recht zu, die Hebesätze der Grundsteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen (Art. 106 Abs. 2 S. 2 GG). Abweichend vom Bundesmodell können die Gemeinden für die Fallgruppen von wirtschaftlichen Einheiten, deren Grundsteuermesszahl nach Art. 4 Abs. 2-4 BayGrStG ermäßigt wurde, reduzierte Hebesätze auf den jeweiligen Anteil des Grundsteuermessbetrags vorsehen.
§ 25 Abs. 5 GrStG findet in Bayern keine Anwendung. Abweichend von den anderen Ländern haben somit einzig die Gemeinden in Bayern keine Möglichkeit ab dem Kalenderjahr 2025 für unbebaute baureife Grundstücke eine sog. Grundsteuer C zu erheben.
Rz. 72
Für den Bereich der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (sog. Grundsteuer A) sind nur punktuelle Abweic...