Rz. 113

Die Ausgestaltung der Grundsteuer als reine Flächensteuer i. S. d. BayGrStG birgt erhebliche verfassungsrechtliche Risiken. Auf die Darstellung zu den grundlegenden verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Flächenmodelle auf der Grundlage des Äquivalenzprinzips wird hingewiesen (vgl. Rz. 62-66).

Auch hinsichtlich des BayGrStG bestehen Zweifel, ob die für die sog. Grundsteuer B getroffene Belastungsentscheidung, örtlich bereitgestellte öffentliche Güter den Grundstückseigentümern relationsgerecht anzulasten, allein anhand der Grundstücks- und Gebäudeflächen sowie gesetzlich bestimmter – landesweit einheitlicher – Äquivalenzzahlen folgerichtig umgesetzt wird.

Die gesetzlich vorgegebenen landeseinheitlichen sog. Äquivalenzzahlen für den Grund und Boden sowie die Gebäudeflächen werden weder ihrer Höhe nach noch hinsichtlich ihrer Relation zueinander nachvollziehbar begründet. Ein Zusammenhang zwischen der Höhe der Äquivalenzzahlen und den konkreten Kosten der jeweiligen Gemeinde für die Daseinsvorsorge, die über die erhobenen Gebühren und Beiträge hinausgehen, wird nicht hergestellt. Die Höhe der sog. Äquivalenzzahlen wurde in Verbindung mit den Grundsteuermesszahlen offensichtlich eher am Erhalt des bisherigen Grundsteueraufkommens für die Grundsteuer B ausgerichtet (Rz. 116). Aus den Gesetzesmaterialien ist nicht erkennbar, auf welcher Datengrundlage den Gebäudeflächen in Relation zu den Flächen für den Grund und Boden grundsätzlich das 12,5-fache an der Kostentragung für kommunale Leistungen zugeordnet wird (0,50 EUR/m² zu 0,04 EUR/m²). Bei den Gebäudeflächen wird des Weiteren ohne nähere Angaben unterstellt, dass für Wohn- und Nutzflächen eine gleiche Kostentragung gerechtfertigt ist. Lageunterschiede spielen – trotz lagebedingt unterschiedlicher Bereitstellung öffentlicher Güter – bei der Feststellung der Äquivalenzbeträge generell keine Rolle. Eine regelmäßige Überprüfung der durch die sog. Äquivalenzzahlen vorgegebenen Relationen der Kostentragung für kommunale Leistungen, beispielsweise im Rahmen periodisch wiederkehrender Hauptfeststellungen, ist im BayGrStG nicht vorgesehen.

Neben einem möglichen Verstoß gegen das Grundgesetz besteht in Bayern insbesondere auch die Gefahr, dass die als Flächensteuer ausgestaltete Grundsteuer gegen die Verfassung des Freistaates Bayern verstößt. Der Landesgesetzgeber hat nach Art. 161 Abs. 2 der Verfassung des Freistaates Bayern die Staatszielbestimmung zu beachten, dass "Steigerungen des Bodenwertes, die ohne besonderen Arbeits- oder Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, ….für die Allgemeinheit nutzbar zu machen" sind.[1]

 

Rz. 114

Das wertunabhängige Flächenmodell im Bereich der Grundsteuer B i. S. d. BayGrStG führt im Vergleich zu dem bundesgesetzlichen Bewertungsmodell zu einer Reduzierung des Erfüllungsaufwandes, der jedoch nicht überschätzt werden sollte.

Die ergänzend zu den bundesgesetzlichen Regelungen zu treffenden gesonderten Feststellungen über die Fläche des Grund und Bodens sowie die Größen der Gebäudeflächen, einschließlich deren Einordnung als Wohn- und Nutzfläche, führt zu einem höheren Erfüllungsaufwand (Art. 6 Abs. 2 S. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 BayGrStG). Darüber hinaus ist die Regelung in Art. 2 Abs. 1 S. 4 BayGrStG, wonach zumindest die Nutzfläche der Gebäude durch eine geeignete Methode zu ermitteln ist, zu unbestimmt. Die Größe der Gebäudeflächen kann sich allein in Abhängigkeit von der zugrunde gelegten Berechnungsnorm erheblich unterscheiden. Die genaue und mit eigenständiger bindender Regelungswirkung versehene Feststellung der Größen der Gebäudeflächen wird die Streitanfälligkeit erhöhen.

Für die Anwendung des Art. 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BayGrStG (besonders flächenextensive Grundstücke) müssen sowohl die bebaute als auch die befestigte Fläche des Grundstücks ermittelt werden (Rz. 95).

Da im BayGrStG keine Abweichungen von den bundesgesetzlichen Regelungen zum Erlass wegen wesentlicher Ertragsminderung bei bebauten Grundstücken vorgesehen sind, bleiben in diesen Fällen die Ertragsverhältnisse entscheidungserheblich und sind insoweit zu ermitteln.

 

Rz. 115

Der Gesetzentwurf enthält keine landesweiten Berechnungen oder Schätzungen zu den finanziellen Auswirkungen des reinen Flächenmodells im Bereich der Grundsteuer B. Es wird lediglich ausgeführt, dass durch die Festlegung der Höhe der Äquivalenzzahlen und der Grundsteuermesszahlen dazu beigetragen wird, dass den Gemeinden die Möglichkeit eröffnet ist, das Aufkommen aus der Grundsteuer B in Bayern (in 2020 1,83 Milliarden EUR) zu erhalten. Belastungsverschiebungen zwischen einzelnen Steuerpflichtigen würden sich hingegen nicht vermeiden lassen. Sie seien zum einen durch die Systemumstellung und die damit einhergehende Neubestimmung der Bemessungsgrundlage sowie zum anderen durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10.4.2018 unmittelbar bedingt.[2]

 

Rz. 116-119

Einstweilen frei

[1] Schmidt, Verfassungswidrigkeit der Grundsteuer als Flächensteuer, DStR 2020, 249, 256.
[2] Gesetzentwurf ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge