3.2.4.4.1 Belastungsgrund
Rz. 181
Als Belastungsgrund der Grundsteuer wird vom hessischen Landesgesetzgeber entsprechend zu den anderen Ländern, die das Flächenmodell umsetzen, das Äquivalenzprinzip i. S. d. Nutzenäquivalenz genannt (Rz. 62). Die Belastungsgrundentscheidung im hessischen Landesmodell liege in der Schaffung eines Ausgleichs dafür, Nutzen aus kommunal bereitgestellter Infrastruktur ziehen zu können (z. B. kommunale Straßen, allgemeine Straßenreinigung, kulturelle Angebote, öffentliche Parks und Spielplätze), die nicht bereits individuell zugeordnet und damit durch Gebühren oder Beiträge abgegolten werden.
3.2.4.4.2 Bemessungsmaßstab / Bemessungsziel
Rz. 182
Nach Auffassung des hessischen Landesgesetzgebers wird mit der Grundentscheidung im hessischen "Flächen-Faktor-Verfahren", die landesrechtlichen Bemessungsgrundlage an Flächenmerkmalen und darauf anzuwendenden – wertunabhängigen – Quadratmeterbeträgen anzuknüpfen, der Belastungsgrund im Sinne einer Äquivalenz für die Nutzungsmöglichkeit kommunaler Güter am Maßstab einer gleichheitsgerechten Lastenverteilung erfasst. Denn Flächenmerkmale seien typischerweise Indikatoren für das Ausmaß der Nutzbarkeit kommunaler Infrastruktur. Je größer das Grundstück und je mehr bebaute Fläche, desto mehr Bewohner, Beschäftigte und Kunden könnten das infrastrukturelle Angebot nutzen.
Mit der zusätzlichen Anwendung eines Lagefaktors, der sich aus dem Verhältnis der Höhe des Bodenrichtwerts für das jeweilige Grundstück zum durchschnittlichen Bodenrichtwert in der Gemeinde ergibt und mithilfe eines Exponenten gedämpft wird, werde der Umstand berücksichtigt, dass sich die Nutzungsmöglichkeit kommunaler Infrastruktur zwar in erster Linie in der Fläche spiegelt, sich aber auch im Bodenrichtwert niederschlägt. Im Ergebnis führt dieser Faktor bei überdurchschnittlichen Bodenwerten zu einer Erhöhung und bei unterdurchschnittlichen Bodenwerten zu einer Minderung des Ergebnisses des "reinen" Flächenmodells.
Nach Auffassung des hessischen Landesgesetzgebers führt der Lagefaktor jedoch nicht zu einem Äquivalenzmodell mit einer gesonderten Wertkomponente (sog. Mischmodell). Da der Lagefaktor nicht unmittelbar auf den Bodenwert des Grundstücks, sondern auf die Lagerelation (Relation des Bodenrichtwerts der Bodenrichtwertzone zum durchschnittlichen Bodenrichtwert der Gemeinde) abstellt, fließe dieser nicht als Wertkomponente, sondern nur als Ausdruck des Äquivalenzgedankens in die Bemessungsgrundlage ein.
Die Werte für die Grundstücke (Grund und Boden sowie Gebäude) sind beim hessischen "Flächen-Faktor-Verfahren" ohne Belang.
3.2.4.4.3 Systematik des "Flächen-Faktor-Verfahrens"
Rz. 183
Auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Kernvorschriften des hessischen "Flächen-Faktor-Verfahrens" nach §§ 4-7 HGrStG stellt sich der Ablauf zur Besteuerung der Grundstücke als wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens (sog. Grundsteuer B) schematisch wie folgt dar:
a) Festsetzung des Grundsteuermessbetrags
Rz. 184
Auf der ersten Verfahrensstufe des hessischen "Flächen-Faktor-Verfahrens" wird § 4 Abs. 1 S. 1 HGrStG der Grundsteuermessbetrag ermittelt und im Wege der Veranlagung festgesetzt (§ 2 Abs. 5 Nr. 1 HGrStG und §§ 8 ff. HGrStG i. V. m. § 184 Abs. 1 AO). Eine vorherige gesonderte Feststellung i. S. d. § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO, wie z. B. die Feststellung von Grundsteuerwerten nach Maßgabe des Bewertungsgesetzes, entfällt.
Zur Ermittlung des Grundsteuermessbetrags sind zunächst die Flächen des Grund und Bodens mit 0,04 EUR/m² und die Gebäudeflächen (Wohnflächen und Nutzungsflächen) mit 0,50 EUR/m² zu multiplizieren.
Die sich hiernach ergebenden Produkte (Flächenbeträge nach § 5 HGrStG) sind mit den jeweiligen Steuermesszahlen nach § 6 HGrStG (für zu Wohnzwecken genutzte Wohnflächen 70 %, im Übrigen 100 %) zu multiplizieren.
Auf die Summe dieser Produkte (Ausgangsbetrag nach § 4 Abs. 1 HGrStG) ist schließlich ein Lagefaktor nach § 7 HGrStG, der sich aus dem Verhältnis des jeweiligen Bodenrichtwerts der Bodenrichtwertzone zum durchschnittlichen Bodenrichtwert der Gemeinde, potenziert mit 0,3, ermittelt, anzuwenden.
Das daraus resultierende Ergebnis (Grundsteuermessbetrag) ist gem. § 4 Abs. 1 S. 2 HGrStG auf volle EUR abzurunden.
aa) Grundstücks- und Gebäudeflächen
Rz. 185
Unter der Prämisse eines Flächenmodells bilden die Fläche des Grund und Bodens und die ggf. vorhandenen Gebäudeflächen den Ausgangspunkt für die Ermittlung der Flächenbeträge.
Aus...