Leitsatz
Rückstellungen für betriebliche Mehrsteuern aufgrund einer Steuerfahndungsprüfung dürfen erst gebildet werden, wenn mit der Inanspruchnahme zu rechnen ist. Dies ist mit Beginn der aufdeckungsorientierten Maßnahmen der Fall.
Sachverhalt
Der Antragsteller war Handelsvertreter, bei dem eine Steuerfahndungsprüfung durchgeführt wurde. Hierbei kam es zu erheblichen Zuschätzungen von Betriebseinnahmen und Einkünften aus Kapitalvermögen, die für die Jahre 1996 bis 2006 zu Mehrsteuern führten. Der Bericht der Steuerfahndung stammte aus dem Jahr 2007. Der Antragsteller wandte sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die vorgenommenen Schätzungen sowie gegen die Berücksichtigung sämtlicher Mehrsteuern in 2007. In beiden Fällen bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte, so dass Aussetzung der Vollziehung zu gewähren sei (§ 69 Abs. 3 Satz 1 FGO).
Entscheidung
Mit seiner Argumentation hatte der Antragsteller keinen Erfolg. Das FG führte zunächst aus, dass die Schätzung seitens des Finanzamts unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 162 AO zutreffend gewesen ist. Zudem seien auch die Rückstellungen für die betrieblichen Mehrsteuern im zutreffenden Jahr erfasst. Rückstellungen für betriebliche Mehrsteuern aufgrund einer Steuerfahndungsprüfung sind erst dann zu bilden, wenn der Steuerpflichtige mit einer Inanspruchnahme rechnen müsse. Dies ist bei Maßnahmen der Steuerfahndung dann der Fall, wenn die Steuerfahndung mit sogenannten aufdeckungsorientierten Maßnahmen beginnt oder aber bei der Beanstandung einer bestimmten Sachbehandlung durch den Prüfer. Dies war hier erst mit der Überlassung der Prüfungsfeststellungen im Jahr 2007 gegeben. Eine Rückstellungsbildung war deshalb für die Jahre vor 2006 noch nicht möglich. Deshalb sah das Finanzgericht keine ernsthaften Zweifel an den Steuerfestsetzungen 1996 bis 2006.
Hinweis
Das Urteil führt gut die allgemeinen Grundsätze für die Bildung von Rückstellungen vor Augen. Insbesondere zeigt es, wann gemäß der allgemeinen Bestimmung des § 249 HGB eine Bildung von Rückstellungen für zu erwartende Mehrsteuern aufgrund einer Steuerfahndungsprüfung, aber auch einer Betriebsprüfung zulässig und erforderlich ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige mit einer Inanspruchnahme ernsthaft rechnen muss. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des BFH (BFH, Urteile v. 16.2.1996, I R 73/95, BStBl 1996 II S. 592 und v. 27.11.2001, VIII R 36/00, BStBl 2002 II S. 731). Vor der Entdeckung geht der Steuerpflichtige davon aus, dass seine Steuerhinterziehung nicht entdeckt wird. Die schließt eine Rückstellungsbildung aus. Von einer Tatentdeckung kann erst ausgegangen werden, wenn ein konkreter Sachverhalt gerügt wird oder die Entdeckung der Tat unmittelbar bevorsteht. Dies wird regelmäßig, aber durchaus nicht immer der Fall sein, wenn die Steuerfahndung Ermittlungen gegen einen Steuerpflichtigen einleitet.
Link zur Entscheidung
FG München, Beschluss vom 17.07.2008, 13 V 1130/08