Ob sich im Einzelfall eine Pflicht zur Bildung einer Verbindlichkeitsrückstellung für die Verpflichtung zur Gewährung von Altersfreizeit bzw. Altersfreizeittagen ergibt, hängt von der Ausgestaltung der Regelung ab.

Im Fall eines vor dem Niedersächsischen FG verhandelten Sachverhalts ging es um ein Unternehmen, das aufgrund einer Altersfreizeitvereinbarung seinen Arbeitnehmern jährlich zusätzlich zum Jahresurlaub eine bezahlte Freistellung von 28 Arbeitstagen gewähren musste, wenn diese das 60. Lebensjahr vollendet hatten und in den letzten 10 Jahren ununterbrochen in Brauereibetrieben beschäftigt gewesen waren. In diesem Fall hat das FG Niedersachsen mit Urteil vom 15.10.1987 die Bildung einer Rückstellung für Altersfreizeit aus folgenden Gründen abgelehnt (Ausschnitt):[1]

  • Das Unternehmen gewährt die Freistellung ohne Bezug zur Dauer der Zugehörigkeit eines einzelnen Arbeitnehmers zum Unternehmen. Damit besteht kein Bezug der gewährten, zusätzlichen Altersfreizeit zu in der Vergangenheit erbrachten Leistungen. Folglich kann das Unternehmen nicht in einen Erfüllungsrückstand geraten. Vielmehr wird die zusätzliche Freizeit zum Erhalt der Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer gewährt und habe deshalb einen Bezug nur zur künftigen, statt zur vergangenen Arbeitsleistung.
  • Außerdem werden die zusätzlichen Freizeittage jährlich gewährt. Das ist vergleichbar mit der Vereinbarung zusätzlicher Urlaubstage für die Zukunft oder einer Entgelterhöhung für die Zukunft. Dadurch entsteht nicht automatisch ein Erfüllungsrückstand. Bei einer solchen Vereinbarung entsteht ein Erfüllungsrückstand vielmehr nur, wenn die zusätzlichen Altersfreizeittage in einem Jahr nicht genommen werden (und nicht verfallen).

In einem anders gelagerten Fall hat das FG Köln die Bildung einer Rückstellung für Altersfreizeit hingegen zugelassen. In dem Entscheidungssachverhalt ging es um ein Unternehmen, das aufgrund der Regelungen des maßgebenden Manteltarifvertrags dazu verpflichtet ist, seinen Arbeitnehmern nach einer mindestens 10-jährigen ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit und nach Vollendung des 60. Lebensjahrs eine zusätzliche bezahlte "Freizeit" von 2 Arbeitstagen je vollem Jahr ihrer Betriebszugehörigkeit zu gewähren. Die zusätzlich zustehenden Freizeittage werden jedoch ausschließlich am Ende des laufenden Arbeitsverhältnisses und vor Eintritt in die gesetzliche Altersrente gewährt. Weiterhin werden die einem Arbeitnehmer zustehenden Freizeittage in natura gewährt. Nicht genommene Freizeittage verfallen; ein Abgeltungsanspruch besteht nicht. In diesem Fall hat das FG Köln mit Urteil vom 10.11.2021 die Bildung einer Rückstellung für Altersfreizeit aus folgenden Gründen zugelassen (Ausschnitt):[2]

  • Durch den Manteltarifvertrag wird eine Verbindlichkeit dem Grunde nach begründet. Denn die tarifvertragliche Vereinbarung begründet jährlich einen (Teil-) Anspruch auf zusätzliche Altersfreizeit, der aufschiebend bedingt ist bis zum Erreichen der Mindestbetriebszugehörigkeit und der Altersgrenze.
  • Im vorliegenden Fall erbringt ein Arbeitnehmer in den einzelnen Jahren die volle Arbeitsleistung. Andererseits hat sich der Arbeitgeber aufgrund der Vereinbarung im Manteltarifvertrags verpflichtet, dem Arbeitnehmer zusätzlich pro Jahr der Betriebszugehörigkeit zwei bezahlte Freizeittage zu gewähren. Da diese jedoch nicht im jeweiligen Jahr, sondern erst unmittelbar vor Renteneintritt in Anspruch genommen werden könnten, steht die Gegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer im jeweiligen Jahr erbrachte Arbeitsleistung noch aus. Dadurch entsteht ein Erfüllungsrückstand, der sich im "Erdienenszeitraum" ratierlich aufbaut.
  • Bezogen auf ein laufendes Arbeitsverhältnis entsteht immer dann ein Erfüllungsrückstand, wenn eine künftige Leistung des Arbeitgebers im Hinblick auf eine schon bewirkte Leistung des Arbeitnehmers geschuldet wird.[3] Dadurch ist die wirtschaftliche Verursachung der Verpflichtung zur Gewährung von Altersfreizeit bereits vor Ablauf der 10-jährigen Betriebszugehörigkeit und vor dem Erreichen der Altersgrenze gegeben, denn neben der Arbeitsleistung bedarf es lediglich des Zeitablaufs, um die Merkmale der 10-jährigen Betriebszugehörigkeit und der Altersgrenze zu erreichen, so dass aus der ungewissen Verbindlichkeit eine wirksame und fällige wird.
  • Eine derartige Zusage unterscheidet sich nach Auffassung des FG nicht von einer sonstigen dienstzeitabhängigen Jubiläumsverpflichtung. In beiden Fällen orientiert sich die Zuwendung an der bisherigen Betriebszugehörigkeit und verknüpft das zukünftige Ereignis mit den anteilig in der Vergangenheit erbrachten Diensten des einzelnen Arbeitnehmers. Daher verweist das FG Köln in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des BFH zur Passivierungsfähigkeit von Jubiläumsrückstellungen. Denn auch Zusagen des Arbeitgebers anlässlich eines Dienstjubiläums seien bereits vor Erreichen der erforderlichen Betriebszugehörigkeit zu passivieren, obwohl der Arbeitnehmer diese im Falle des vorzeitigen Ausscheid...

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