Dipl.-Kfm. Hans-Joachim Rux
2.1.1 Gliederungsvorschriften
Rz. 10
Gemäß § 266 Abs. 3 Buchst. b HGB sind die Rückstellungen auf der Passivseite der Bilanz im Anschluss an die Bilanzposition "Eigenkapital" auszuweisen. Mittelgroße und große Kapitalgesellschaften haben zudem die Bilanzposition "Rückstellungen" wie folgt aufzugliedern:
B.1 |
Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen |
B.2 |
Steuerrückstellungen |
B.3 |
Sonstige Rückstellungen |
Die "sonstigen Rückstellungen" sind entsprechend ihrer Art jeweils gesondert auszuweisen. Fall dieses nicht in der Bilanz schon geschehen ist, haben mittelgroße und große Kapitalgesellschaften diese nicht gesondert ausgewiesenen Rückstellungen im Anhang zu erläutern, wenn sie einen nicht unerheblichen Umfang haben.
2.1.2 Nichtigkeit des Jahresabschlusses bei fehlenden Rückstellungen
Rz. 11
Aus einer Analogie zu § 256 AktG folgt, dass der Bilanzaufstellungsbeschluss und damit auch der Gewinnverwendungsbeschluss dann nichtig sind, wenn der Jahresabschluss gegen zwingende gesetzliche Vorschriften zum Schutz der Gläubiger verstößt. Das ist z. B. dann anzunehmen, wenn Bilanzposten nicht unwesentlich überbewertet oder zwingend vorgeschriebene Passivposten weggelassen wurden. Entgegen R 5.7 Abs. 3 EStG hat der BFH
entschieden, dass auch für "unwesentliche" Verpflichtungen Rückstellungen zu bilden sind. Im Hinblick auf eine etwaige Nichtigkeit des Jahresabschlusses wegen fehlender Rückstellungen hat das OLG Jena bei fehlenden Rückstellungen die Wesentlichkeitsgrenzen 1 % der Bilanzsumme, 10 % des Jahresüberschusses festgelegt.
Anderer Ansicht sind Störk/Schellhorn:
Für die Nichtigkeitsfolge reicht nicht bereits jede geringfügige Über- oder Unterbewertung aus, vielmehr muss die Abweichung von der gesetzlichen Norm "wesentlich" sein. Im allgemeinen können Abweichungen dann als wesentlich bezeichnet werden, wenn dadurch insgesamt (evtl. durch mehrere Bewertungsfehler zusammen)
- der Jahresüberschuss bzw. -fehlbetrag um mindestens 10 % (bzw. das Vorsteuerergebnis 5 %) oder
- die Bilanzsumme um mindestens 5 % verändert wird oder
- für die Beurteilung des Unternehmens oder seiner Organe besonders wichtige sonstige Einzelposten des Jahresabschlusses um mindestens 10 % verändert werden oder
- eine Überschreitung gesellschaftsrechtlich relevanter Grenzen (z. B. betreffend die Größenklasseneinteilung der Unternehmen, Verlust von 50 % des Grundkapitels i. S. v. § 92 AktG oder Überschuldung) vereitelt wird.”
2.1.3 Maßgeblichkeit der am Bilanzstichtag gegebenen Verhältnisse
Rz. 12
§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB bestimmt: "Es ist vorsichtig zu bewerten, namentlich sind alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind; Gewinne sind nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind." Die (steuerrechtliche) Rechtsprechung spricht von "wertaufhellenden Tatsachen" und führt aus, dass dieser Grundsatz, der zugunsten des Steuerpflichtigen die Bildung von Rückstellungen auch für Tatsachen ermöglicht, die erst nach dem Bilanzstichtag bekannt geworden sind, auch zu Ungunsten der Steuerpflichtigen gilt. Als "wertaufhellend" sind aber nur die Umstände zu berücksichtigen, die zum Bilanzstichtag bereits objektiv vorlagen und nach dem Bilanzstichtag, aber vor dem Tag der Bilanzerstellung, lediglich bekannt oder erkennbar wurden. Der zu beurteilende Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung ist daher auf die am Bilanzstichtag objektiv bestehenden Verhältnisse zu beziehen.
Von den wertaufhellenden Tatsachen sind aber solche Ereignisse zu unterscheiden, die erst nach dem Bilanzstichtag eingetreten sind, ohne dass sie die Verhältnisse an diesem Stichtag objektiv zu zeigen oder aufzuhellen vermögen. Kommt z. B. ein schwacher Schuldner nach dem Bilanzstichtag durch Erbschaft oder Lotteriegewinn zu erheblichen Geldmitteln, so beeinflusst dieses Ereignis zwar den Wert der Forderung für dieses Geschäftsjahr, enthält aber nichts, was auf den objektiven Wert der Forderung zum Bilanzstichtag des vergangenen Geschäftsjahres schließen lässt; hier können die späteren Ereignisse, welche die Bonität des Schuldners erst nach dem Stichtag gestärkt haben, nicht zur Ablehnung einer Wertberichtigung nach dem Stand des Bilanzstichtages führen.
Auch darf ein Grundstücksverkäufer wegen seiner Verpflichtung zur Rückerstattung des Kaufpreises als Folge der Wandlung des Kaufvertrages keine Rückstellung bilden, wenn er am Bilanzstichtag mit einer Wandlung des Kaufvertrages nicht rechnen muss. Das gilt auch dann, wenn die Wandlung noch vor Aufstellung der Bilanz erklärt wird. Der BFH sieht hierin keinen auf den Bilanzstich...