Leitsatz
Ist die tatsächliche Geschäftsführung einer gemeinnützigen GmbH nicht während des gesamten Besteuerungszeitraums auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet, führt dies grundsätzlich nur zu einer Versagung der Steuerbefreiung für diesen Besteuerungszeitraum. Schüttet eine gemeinnützige GmbH jedoch die aus der gemeinnützigen Tätigkeit erzielten Gewinne überwiegend verdeckt an ihre steuerpflichtigen Gesellschafter aus, liegt ein schwerwiegender Verstoß gegen § 55 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 AO vor, der die Anwendung des § 61 Abs. 3 AO ermöglicht.
Normenkette
§ 52 Abs. 1 S. 1, § 55 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4, § 61 Abs. 3; § 3 Nr. 6 GewStG, § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, betreibt eine private staatlich anerkannte Fachhochschule. Sie war wegen Förderung der Berufsbildung als gemeinnützig anerkannt.
1992 erwarben A und seine Ehefrau die Geschäftsanteile an der Klägerin. A wurde im Jahr 1994 zum ersten Präsidenten der Schule ernannt. Die Klägerin schloss mit ihm 1996 einen Geschäftsführervertrag, der ein monatliches Bruttogehalt von 10 000 DM vorsah.
1998 veräußerten die Eheleute ihre Geschäftsanteile an die B-gGmbH zum Kaufpreis von 100 000 DM. Das Stammkapital der B-gGmbH wurde zu 98 % von dem Gesellschafter-Geschäftsführer S gehalten.
1998 schloss die Klägerin mit A einen "Geschäftsführer-/Präsidentenvertrag", nach dem A als Geschäftsführer ein festes Jahresgehalt von 240 000 DM erhalten sollte. A verpflichtete sich, der Gesellschaft auch bei Abberufung als Geschäftsführer als Präsident bis mindestens 31.03.2003 zur Verfügung zu stehen. S stellte als Geschäftsführer der Klägerin 1998 folgende Bestätigung aus: "Hiermit erkennen wir an, (A) ... den Betrag von 1,2 Mio. DM ... zu schulden. Auf diesen Betrag werden sämtliche Zahlungen an (A) verrechnet."
Im Laufe des Jahres 1998 kündigte A den Geschäftsführer-/Präsidentenvertrag fristlos. Begründet wurde dies damit, dass für die Anteile der Klägerin ein Kaufpreis von 1,3 Mio. DM vereinbart worden sei. Dieser Kaufpreis hätte über einen Fünf-Jahres-Vertrag als Geschäftsführer bzw. Präsident der Klägerin erbracht werden sollen. Nachdem S sich jedoch geweigert habe, den vereinbarten Kaufpreis über eine Darlehensregelung zu bezahlen, sei eine Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar.
Die Klägerin erhob daraufhin gegen A Klage mit dem Antrag festzustellen, dass das Geschäftsführer-/Präsidentenvertragsverhältnis nicht durch die außerordentliche Kündigung aufgelöst worden sei, sondern fortbestehe. Daraufhin schlossen die Klägerin und A einen Aufhebungsvertrag. Danach sollte der Geschäftsführer-/Präsidentenververtrag mit Ablauf des Jahres 1998 im gegenseitigen Einvernehmen sein Ende finden. A war jedoch verpflichtet, sich bis zum Juli 1999 unentgeltlich in seiner Eigenschaft als Präsident der Hochschule zur Verfügung zu stellen. A erhielt wegen der Beendigung des Geschäftsführer-/Anstellungsvertrags eine Abfindung i.H.v. rd. 1 Mio. DM.
Das FA war der Auffassung, der Klägerin sei wegen einer schädlichen Mittelverwendung für 1996 bis 1999 die Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Aufgrund der vorliegenden Verträge und Schriftwechsel müsse davon ausgegangen werden, dass abweichend vom notariellen Kaufvertrag zwischen den Eheleuten A einerseits und der B-gGmbH andererseits ein Kaufpreis i.H.v. 1,3 Mio. DM vereinbart und verdeckt aus Mitteln der Klägerin gezahlt worden sei.
Das FG wies die Klage in der Sache ab (FG Münster, Urteil vom 03.03.2009, 9 K 5195/04 K,G,F).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Klägerin zurück:
Nach den Feststellungen und der Würdigung des FG habe die Klägerin dem A im Jahr 1998 ein um 110 000 DM überhöhtes Geschäftsführergehalt und im Jahr 1999 eine Abfindung gezahlt, bei der es sich i.H.v. 1 045 000 DM um eine verdeckte Kaufpreiszahlung für die von den Eheleuten an die B-gGmbH veräußerten Anteile gehandelt habe. Das FG hat daraus den Schluss gezogen, insoweit lägen vGA der Klägerin i.S.d. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG vor, wobei es offengelassen habe, ob die vGA an die Eheleute oder an die B-gGmbH geleistet worden sei.
Der BFH hat sich dem vorbehaltlos angeschlossen und durch einstimmigen Beschluss gem. § 126a FGO entschieden: Entweder es läge eine schädliche Mittelverwendung gegenüber den Eheleuten vor. Oder aber gegenüber der B-gGmbH, indem A über den "Umweg" des Kaufpreises und dessen Bemessung genau die Mittel zugewendet worden seien, die im Fall der Ausschüttung an ihn wegen besagten Mittelverwendungsverbots schädlich gewesen wären. (Auch) die Klägerin verliere dann ihren Gemeinnützigkeitsstatus, und das wegen der Schwere des Verstoßes nicht nur für den betreffenden VZ, sondern rückwirkend von Beginn an.
Hinweis
1."Am Anfang steht das Gesetz" und sind dessen Anforderungen an die Anerkennung der Gemeinnützigkeit und die dadurch bedingten Steuerbefreiungen gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG sowie § 3 Nr. 6 GewStG zu beachten:
Die betreffende Körperschaft muss nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und ...