Abfindung bei Ausscheiden aus der gemeinnützigen GmbH
Hintergrund
Im Fall des OLG Hamm ging es um die Abfindung eines aus einer gemeinnützigen GmbH (kurz: gGmbH) ausscheidenden Gesellschafters.
An einer gGmbH waren mehrere Gesellschafter, unter anderem eine zwischenzeitlich insolvente GmbH beteiligt. Die Satzung der gGmbH enthielt neben allgemeinen Bestimmungen zur Gemeinnützigkeit eine Regelung zur zwangsweisen Einziehung von Geschäftsanteilen (z.B. bei Vorliegen eines wichtigen Grundes oder wegen Zwangsvollstreckung in den Anteil). Sie regelte auch, dass ein Gesellschafter beim Ausscheiden nur den Nennwert seiner Beteiligung als Abfindung erhalten sollte.
Die insolvente GmbH wurde 2017 als Gesellschafterin aus der gGmbH ausgeschlossen. Der Nennbetrag ihrer Einlage (1.000 EUR) wurde ihr erstattet. Ihr Insolvenzverwalter wollte das nicht akzeptieren. Er war der Auffassung, der insolventen GmbH sei der tatsächliche Wert ihrer Beteiligung zu ersetzen (knapp 21.000 EUR); die Abfindungsbeschränkung in der Satzung hielt er für insolvenzzweckwidrig und daher unwirksam.
Nachdem der Insolvenzverwalter mit seiner Klage auf Rechnungslegung mit dem Ziel einer Zahlung der erhöhten Abfindung (tatsächlicher Wert) in der ersten Instanz erfolglos geblieben war, entschied über seine Berufung zuletzt das OLG Hamm.
Die Entscheidung des OLG Hamm vom 13. April 2022 (Az. 8 U 112/21)
Die Berufung blieb erfolglos. Das OLG Hamm stellte klar, dass die Satzungsregelung, wonach beim Ausscheiden eines Gesellschafters der Nennbetrag seiner Anteile als Abfindung zu zahlen sei, bei einer gGmbH nicht zu beanstanden sei. Sie entspreche sogar den Vorgaben des Gemeinnützigkeitsrechts. Bei einer gGmbH gebe es ein berechtigtes Interesse, dass die Gesellschafter nicht mehr als den Nennbetrag ihrer Anteile als Abfindung erhielten; so bliebe das Vermögen dem gemeinnützigen Zweck erhalten. Dies gelte auch, wenn der der tatsächliche Wert der Beteiligung wesentlich höher sei als der Nennbetrag.
Praxishinweis
Wer gemeinnützige Projekte fördern möchte, steht vor der Frage, mit welcher Rechtsform er oder sie dieses Ziel am besten erreichen kann. Vom Verein über Stiftungen bis hin zur gemeinnützigen GmbH (auch in der „kleinen“ Form als gemeinnützige Unternehmergesellschaft) besteht eine Vielzahl an Gestaltungsoptionen. Mit der „GmbH im Verantwortungseigentum“ wird derzeit die Schaffung einer weiteren Rechtsform in diesem Bereich diskutiert. Bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen sind die Errichtung und Tätigkeit gemeinnütziger Körperschaften steuerbegünstigt, um das Engagement für das Gemeinwohl und für bedürftige Personen attraktiv zu gestalten und möglichst viele Mittel im gemeinnützigen Bereich einsetzen zu können.
Nicht nur unter dem Stichwort „Social Entrepreneurship“ ist in den letzten Jahren die gemeinnützige GmbH / Unternehmergesellschaft beliebt geworden. Sie ist gerade für zeitlich beschränkte Projekte oder Projekte, die immer wieder an veränderte Verhältnisse angepasst werden sollen (z.B. über Satzungsänderungen oder sonstige Strukturveränderungen) eine gute Wahl.
Für gemeinnützige Körperschaften, auch in Form der gGmbH oder gUG, trifft die Abgabenordnung spezifische Vorgaben (§§ 51 ff. AO). Da diese Gesellschaften – untechnisch gesprochen – dem Allgemeinwohl verpflichtet sind, müssen sie Besonderheiten berücksichtigen (z.B. bei der Art und Weise der Mittelverwendung). Ziel ist es, dass das Vermögen und die Erträge hieraus den gemeinnützigen Zwecken dienen. Deswegen sind gemeinnützige Körperschaften auch bei ihrer Satzungsgestaltung nicht völlig frei, sondern müssen bestimmte Regelungen (z.B. zum Anfall des Vermögens bei Auflösung der Körperschaft) aufnehmen. Die Mustersatzung am Ende der Abgabenordnung ist insofern eine äußerst gute Hilfestellung für die Gestaltung.
Das Gemeinnützigkeitsrecht kann für die Gesellschafter von gGmbHs spürbare Folgen haben; das zeigt das Urteil des OLG Hamm. Weil eine gGmbH gerade nicht ihre Gesellschafter bereichern soll, sind Abfindungsbeschränkungen – anders als bei nicht gemeinnützigen GmbHs – relativ weitgehend möglich. Sogar, wenn der Wert der Beteiligung eines ausscheidenden Gesellschafters viel höher ist, erhält er gegebenenfalls bei seinem Ausscheiden nicht mehr als den Nennbetrag seiner Anteile als Abfindung. An Wertsteigerungen des Unternehmens partizipiert er nicht. Das sollten Gesellschafter, die über die Gründung einer gGmbH nachdenken, wissen und in ihre Überlegungen zur (steuerlichen) Rechtsformwahl einbeziehen.
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