Leitsatz
Dass nach § 84 Abs. 3f EStDV i. d. F. des StVereinfG 2011§ 64 Abs. 1 EStDV (Nachweis von Krankheitskosten) in allen Fällen, in denen die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist, und damit auch rückwirkend anzuwenden ist, ist unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden.
Sachverhalt
Der Kläger machte in seiner Steuererklärung für das Jahr 2009 Krankheitskosten (u.a. Kosten für Fernraiki) für seine im Streitjahr verstorbene Ehefrau als außergewöhnliche Belastung (agB) geltend, welche das FA nur zum Teil anerkannte, da die nach § 64 Abs. 1 EStDV i. d. F. des StVereinfG 2011 erforderlichen Nachweise nicht erbracht wurden.
Entscheidung
Der Stpfl. hat die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall formalisiert nachzuweisen. Bei krankheitsbedingten Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel ist dieser Nachweis nach § 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers zu führen, und bei Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden verlangt § 64 Abs. 1 Nr. 2 e) und f) EStDV i. d. F. des StVereinfG 2011 ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung. Nach § 84 Abs. 3f EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 ist § 64 Abs. 1 EStDV i. d. F. des StVereinfG 2011 in allen Fällen, in denen die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist - und damit auch im Streitfall -, anzuwenden. Die rückwirkende Geltung des § 64 EStDV i. d. F. des StVereinfG 2011 ist auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden.
Hinweis
In dem rechtskräftigen Urteil hat das FG noch folgende Entscheidungen getroffen:
1. "Fernreiki" als eine Form des Reiki (Arbeit mit universeller Lebensenergie) ist eine "wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode"; die Aufwendungen hierfür sind nicht als agB abziehbar, wenn Reiki von einer nicht zur Heilkunde zugelassenen Person praktiziert wird.
2. Die Regelung über die Anrechnung einer nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte, dem Familienstand und der Kinderzahl gestaffelten zumutbaren Belastung gemäß § 33 Abs. 1, Abs. 3 EStG ist verfassungskonform. Das gilt auch bezüglich Krankheitskosten tödlich erkrankter Stpfl.
3. Ist es dem Gericht nicht möglich, die tatsächliche Nutzung des zur Einkunftserzielung nach § 18 und 19 EStG genutzten Arbeitszimmers festzustellen, kann es angemessen sein, den beruflich veranlassten Anteil der Nutzung des Arbeitszimmers zu schätzen.
4. Ausgaben für die Beerdigung eines nahen Angehörigen sind in der Regel als agB zu berücksichtigen, soweit sie nicht aus dem Nachlass bestritten werden können. Wird der Erblasser vom Ehegatten beerbt, kann der Wert des Nachlasses nicht um vermeintliche Forderungen des Erben gegen den Erblassers gekürzt werden, wenn der Erbe durch Zahlungen an den Ehegatten bewusst und gezielt das Privatvermögen des nunmehr verstorbenen Ehegatten gefördert hat und es sich somit um ehebedingte Zuwendungen gehandelt hat.
Link zur Entscheidung
Sächsisches FG, Urteil vom 24.04.2013, 1 K 764/11