Leitsatz (amtlich)
Die gerichtliche Entscheidung, einem Verteidiger Datenträger mit Kopien von Audiodateien betreffend Abhörmaßnahmen mitzugeben, ist auch für die Staatsanwaltschaft nicht anfechtbar.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Entscheidung vom 08.11.2018; Aktenzeichen 4 KLs 32/18) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Saarbrücken gegen die Verfügung des Vorsitzenden der 4. Großen Strafkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 8. November 2018 wird als unzulässig
v e r w o r f e n.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die den Angeklagten in diesen erwachsenen notwendigen Auslagen trägt die Landeskasse.
Gründe
I.
Vor der 4. Großen Strafkammer des Landgerichts Saarbrücken läuft seit dem 25.09.2018 die Hauptverhandlung in einem Strafverfahren gegen die Angeklagten, dessen Gegenstand u. a. mehrere Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz sind. Die in dem der Anklageerhebung vorausgegangenen Ermittlungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft Saarbrücken beruhen zu einem wesentlichen Teil auf der Überwachung der Telekommunikation der Angeklagten, der akustischen Überwachung des von dem Angeklagten D. genutzten PKW's sowie der akustischen Überwachung des Clubheims "R. H." des Motorradclubs "R. G.", dem die beiden Angeklagten angehören. Der von den Ermittlungsbehörden als relevant eingestufte Inhalt der betreffenden Audiodateien wurde verschriftet. Diese Verschriftung ist Gegenstand des Sonderbands "Wortprotokolle".
Im Hauptverhandlungstermin vom 19.10.2018 hat der Verteidiger des Angeklagten D., nachdem der Vorsitzende der 4. Großen Strafkammer (nachfolgend nur: der Vorsitzende) die Absicht mitgeteilt hatte, die Wortprotokolle im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung einzuführen, beantragt, ihm "Akteneinsicht" in näher bezeichnete Audiodateien zu gewähren und ihm die Mitgabe der Dateien in seine Büroräume zu gestatten. Diesem Antrag hat sich der Verteidiger des Angeklagten De. angeschlossen. Auf Veranlassung des Vorsitzenden hat die Polizei Kopien der in dem Antrag genannten Dateien erstellt. Diese Kopien sind am 07.11.2018 auf mehreren CDs zur Akte gelangt.
Im Hauptverhandlungstermin vom 08.11.2018 hat der Vorsitzende die Verteidiger darauf hingewiesen, dass eine Vervielfältigung der Audiodateien unzulässig und auch deren Weitergabe an Dritte untersagt sei und sämtliche CDs in Anbetracht der Verpflichtung der Staatanwaltschaft zur Löschung der Daten gemäß § 101 Abs. 8 StPO nach Abschluss des Verfahrens zurückzugeben seien. Die Verteidiger haben diesen Hinweis zur Kenntnis genommen und sich ausdrücklich bereit erklärt, diese Verpflichtungen einzuhalten. Daraufhin hat der Vorsitzende angeordnet, dass den Verteidigern Akteneinsicht durch Überlassung der von der Polizei erstellten CDs gewährt werden soll.
Gegen diese Verfügung des Vorsitzenden hat die Staatsanwaltschaft im Hauptverhandlungstermin vom 08.11.2018 Beschwerde eingelegt und beantragt, die CDs einstweilen nicht an die Verteidiger auszuhändigen. Der Vorsitzende hat im Hinblick auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gemäß § 307 Abs. 2 StPO angeordnet, dass die CDs derzeit nicht an die Verteidiger herausgegeben werden.
Die Staatsanwaltschaft hat ihre Beschwerde mit Schreiben vom selben Tag begründet. Sie meint, ihre Beschwerde sei nach § 304 Abs. 1 StPO zulässig. § 305 StPO stehe der Zulässigkeit wegen der Drittbetroffenheit der von den Aufzeichnungen miterfassten Gesprächspartner nicht entgegen. Die Beschwerde sei auch begründet. Die Herausgabe der CDs sei verboten. Datenträger mit Telekommunikationsdaten seien Beweisstücke nach § 147 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 StPO. Eine Aushändigung - auch von Kopien - an den Verteidiger sei gemäß § 147 Abs. 4 Satz 1 StPO grundsätzlich unzulässig. Der Verteidiger sei auf die Möglichkeit zu verweisen, sich die Rohdaten in den Räumen der Strafverfolgungsbehörden anzuhören.
Der Vorsitzende hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Verfügung des Vorsitzenden vom 08.11.2018 aufzuheben.
II.
Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist bereits nicht statthaft und daher unzulässig.
Nach § 304 Abs. 1 StPO ist die Beschwerde gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht. Letzteres ist hier der Fall. Denn nach § 32f Abs. 3 StPO in der seit dem 01.01.2018 geltenden Fassung des Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 05.07.2017 (BGBl I S. 2208) sind Entscheidungen über die Form der Gewährung von Akteneinsicht nach § 32f Abs. 1 und Abs. 2 StPO n. F. nicht anfechtbar. Um eine solche Entscheidung handelt es sich bei der mit der Beschwerde angefochtenen Verfügung des Vorsitzenden der 4. Großen Strafkammer vom 08.11.2018.
1. Bereits nach § 147 Abs. 4 Satz 2 StPO ...