Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Vorsteuerabzug aus nicht vorgelegten Rechnungen. Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (Umsatzsteuer)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Im Aussetzungsverfahren hat der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer die den Vorsteuerabzug begründenden Tatsachen glaubhaft zu machen.

2. Fehlt es an der Glaubhaftmachung der den Vorsteuerabzug begründenden materiell-rechtlichen Voraussetzung der Rechnung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 UStG, so kann, weil von der Verwirklichung des Tatbestandes nicht ausgegangen werden kann, der Mangel der fehlenden Rechnung nicht durch eine Schätzung der Rechnungsbeträge behoben werden.

 

Normenkette

UStG 1999 § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 1 S. 2; AO 1977 § 162; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2, § 155; ZPO § 294

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

 

Tatbestand

I.

Zwischen den Beteiligten ist in der Hauptsache streitig, ob die Antragstellerin (Astin.) im Jahr 2000 nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) berechtigt war, Vorsteuerbeträge aus nicht vorgelegten Rechnungen abzuziehen.

Die Astin. ist eine im Jahr 1991 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an der zu 80 v.H. Herr E. L. und zu 20 v.H. Herr R. beteiligt sind. Unternehmensgegenstand ist die Kleiderbügelfabrikation. Im Jahr 2000 erklärte die Astin, steuerpflichtige Umsätze von 1.475.371,– DM und abziehbare Vorsteuerbeträge i.H.v. 162.876,55 DM.

Im Rahmen einer bei der Astin. für die Jahre 1997 bis 1999 durchgeführten Betriebsprüfung stellte der Antragsgegner (Ag.) – das Finanzamt (FA) – fest, dass die Astin. aus Rechnungen der Firma L. Vorsteuer abgezogen hatte. Bei der Firma L. handelt es sich um einen Betrieb, der im Jahr 1996 mit dem Ziel gegründet worden war, der Astin. Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen. Dadurch sollte die Einstellung von zusätzlichen Arbeitnehmern bei der Astin. umgangen werden, um die Entstehung weiterer Kosten, die Beachtung von Kündigungsschutzvorschriften sowie die Einmischung des Betriebsrates bei Personalfragen zu vermeiden. Desweiteren sollten durch die Neugründung die Verluste der Astin. gegenüber der Bank gering gehalten werden. Die Mitarbeiter der Firma L. arbeiteten in den Jahren 1997 bis 1999 ausschließlich in den Räumen, mit den Maschinen und dem Material der Astin.. Das der Astin. dafür in Rechnung gestellte Entgelt setzte sich aus den Lohnkosten, den Sozialabgaben, Versicherungen und Berufsgenossenschaftsbeiträgen zzgl. der Umsatzsteuer zusammen. Die Löhne wurden z.T. vom Konto der Astin. bezahlt und als Forderung gegenüber dem Gesellschafter L. eingestellt. Es kam zu einer gewinnneutralen Darstellung entsprechender Zahlungen in beiden Betrieben. Der Betriebsprüfer vertrat hierzu die Auffassung, dass die für die Jahre 1997 bis 1999 seitens der Firma L. in den Rechnungen gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer die Antragstellerin nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte. Schon deshalb nicht, weil die Lohnaufwendungen bis zu 50 v.H. unter den entstandenen Selbstkosten liegen würden. So sei der Arbeitslohn von ca. 7,50 DM/Std. mit teilweise 3,50 DM und in unregelmäßigen Abständen weiterberechnet worden. Das FA schloss sich dieser Auflassung an und erließ entsprechende Änderungsbescheide, welche die Astin. mit dem Einspruch angefochten hat. Der Einspruch wurde mit Entscheidung vom 06.12.2002 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen hat die Astin. am 07.12.2002 Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen 5 k 68/03 geführt wird. Mit Schriftsatz vom 23.01.2003 trägt sie als Begründung vor, dass mit der Firma L. selbstverständlich versucht worden sei, einen zweiten Betrieb zu etablieren, der im Handels- und Produktionsbereich Fuß fassen könne. Richtig sei, dass der Betrieb für sie gearbeitet habe; zum Teil seien Produktionsbereiche ausgegliedert worden. Der Auffassung des FA, dass die Leistungen unter dem Wert berechnet worden seien, sei nicht zu folgen. Dem Prüfer sei bekannt gewesen, dass auch die Astin. seit Jahren immer Verluste erwirtschaftet habe. Dies bedeute, dass es ihr nicht möglich gewesen sei, die Produkte Dritten gegenüber so zu verkaufen, dass damit die tatsächlichen Kosten gedeckt worden seien. Somit habe sie auch keinen Preis akzeptieren können, den sie selber nicht gegenüber ihren Abnehmern realisieren könne.

Anläßlich der Veranlagung zur Umsatzsteuer 2000 bat der Ag. mit Schreiben vom 24.04.2002 und 10.06.2002 die Astin. um Mitteilung, wie hoch die Aufwendungen für die Arbeitnehmerüberlassung der Firma L. im Jahr 2000 gewesen seien. Eine Rückäußerung erfolgte nicht. Mit Änderungsbescheid vom 28.08.2002 versagte der Ag. den Vorsteuerabzug insoweit in einer geschätzten Höhe von 6.000,– DM und setzte die Umsatzsteuer für das Jahr 2000 auf 46.944,– DM fest. Bei der Schätzung der nichtabzugsfähigen Vorsteuerbeträge orientierte er sich an den Feststellungen der Betriebsprüfung aus dem Vorjahr. Gegen den Änderungsbescheid vom 28.08.2002 legte die Astin. am 11.09.2002 Einspruch ein, über den noch n...

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