rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Vollziehung Körperschaftsteuer Gewerbesteuermeßbetrag 1991

 

Tenor

1. Die Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheides 1991 und des Gewerbesteuermeßbescheides 1991, jeweils vom 29. April 1994, wird aufgehoben.

2. Die Beschwerde wird zugelassen.

3. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

4. Der Streitwert wird auf … DM festgesetzt.

5. Der Beschluß ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Antragsgegner kann die Vollstreckung der Antragstellerin durch Sicherheitsleistung in der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß ergebenden Höhe abwenden, wenn nicht die Antragstellerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Streitig sind die Festsetzungen der Körperschaftsteuer und des Gewerbesteuermeßbetrages 1991.

Die Antragsteller in ist eine nach der Verordnung über die Gründung, Tätigkeit und Umwandlung von Produktionsgenossenschaften des Handwerks vom 8. März 1990 (PGH-VO) in eine eingetragene Genossenschaft (eG) umgewandelte Einkaufs- und Liefergenossenschaft (ELG) des Kfz-Handwerks. Ihr Einspruch richtet sich gegen die Nichtberücksichtigung des zum 31. Dezember 1990 festgestellten Verlustes. Sie ist der Ansicht, sie sei im Wege einer formwechselnden Umwandlung aus der ELG hervorgegangen, so daß die alte und die neue Genossenschaft identisch seien. Demzufolge müsse der von der ELG im zweiten Halbjahr 1990 erwirtschaftete Verlust gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i.V.m. §§ 57 Abs. 4 Satz 2, 10 d Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei der Veranlagung 1991 berücksichtigt werden.

Demgegenüber geht der Antragsgegner von einer übertragenden Umwandlung aus. Der Einspruch der Antragstellerin hatte in den geänderten Bescheiden vom 29. April 1994 nur insoweit Erfolg, als im Hinblick auf den Umwandlungsstichtag 19. Februar 1991 ein Anteil von 49/360 des steuerpflichtigen Einkommens 1991 als auf die ELG entfallend angesehen und mit deren Verlusten aus dem zweiten Halbjahr 1990 ausgeglichen wurde.

Die angefochtenen Bescheide sind vollzogen.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, die Vollziehung des Körperschaftsteuer- sowie des Gewerbesteuermeßbescheides 1991, jeweils vom 29. April 1994, aufzuheben.

Der Antragsgegner beantragt die Abweisung des Antrags.

Im übrigen wird auf den Inhalt der Körperschaftsteuerakten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist begründet. Die nach § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebotene summarische Prüfung ergibt ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide.

1. Der Verlustabzug nach § 8 Abs. 1 KStG i.V. mit §§ 57 Abs. 4 Satz 2, 10 d Abs. 2 Satz 1 EStG setzt die rechtliche und wirtschaftliche Identität zwischen der verlusterzielenden und der verlustabziehenden Körperschaft voraus (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 23. März 1994 I B 134/93, BFH/NV 1994, 782). Diese Identität liegt bei einem Umwandlungsvorgang nur dann vor, wenn eine lediglich formwechselnde, nicht jedoch eine übertragende Umwandlung gegeben ist.

2. Grundlage für die Umwandlung der Antragstellerin in eine eG waren die Bestimmungen der PGH-VO, die gemäß Anlage II Kap. V Sachgebiet A Abschn. III Nr. 4 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889) als Teil des bundesdeutschen Rechts im Range eines einfachen Gesetzes fortgelten und nach § 9 PGH-VO auf ELG des Handwerks entsprechende Anwendung finden.

a) Zwar deutet der Wortlaut der PGH-VO zunächst auf eine übertragende Umwandlung hin. Nach § 4 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 PGH-VO bedarf nämlich der Beschluß über „die Errichtung der beschlossenen Form der Gesellschaft” und „die Übertragung des unteilbaren Fonds auf die neue Gesellschaftsform” der notariellen Beglaubigung. Einer „Errichtung” sowie einer „Übertragung” im vorgenannten Sinne bedürfte es bei einer lediglich formwechselnden Umwandlung jedoch nicht.

Dem entspricht auch die Formulierung des § 6 Abs. 1 Sätze 2 und 3 PGH-VO, wonach mit der Eintragung der neuen Gesellschaft diese Rechtsnachfolgerin der umgewandelten PGH bzw. ELG wird, und die vor der Umwandlung bestehende PGH bzw. ELG damit erloschen ist. Ein Weiterbestehen der ELG in anderer Rechtsform, wie dies bei einer formwechselnden Umwandlung der Fall wäre, ist nach diesem Wortlaut an sich ausgeschlossen (vgl. Urteil des Thüringer Finanzgerichts vom 16. Februar 1994 I K 30/93, EFG 1994, 805).

b) Gegen eine übertragende, allenfalls für eine formwechselnde Umwandlung – wenigstens in Fällen wie dem der Antragstellerin– spricht jedoch § 3 PGH-VO.

Diese Vorschrift gilt „für die Gründung und Tätigkeit der PGH” (bzw. ELG), d.h. sie ist auf zu gründende PGH (ELG) gleichermaßen anzuwenden wie auf bereits bestehende. Der gegenteilige Standpunkt, die PGH-VO sei lediglich auf zu gründende PGH (ELG) zu beziehen, hätte –unter derselben Bezeichnung– die Existenz von PGH (ELG) zweierlei Rechts zur Folge. Hierfür findet sich im Wortlaut der PGH-VO keine Grundlage.

Gemäß § 3 PGH-VO findet auf PGH (ELG) das Gesetz...

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