Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Minderung der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer durch bestehende Instandhaltungsrücklage bei Erwerb von Wohneigentum im Rahmen einer Zwangsversteigerung
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Falle des Erwerbes von Wohneigentum im Wege der Zwangsversteigerung mindert anders als beim rechtsgeschäftlichen Erwerb eine bestehende Instandhaltungsrücklage die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht, da es bei Zwangsvollstreckungen keinen erkennbaren Teil des Meistgebotes gibt, der sich auf die Instandhaltungsrücklage bezieht.
2. Das Guthaben aus der Instandhaltungsrückstellung nach dem WEG stellt eine mit einer Geldforderung vergleichbare Vermögensposition dar, wodurch für künftig erforderlich werdende Reparaturen vorgesorgt und die Liquidität der Eigentümergemeinschaft für den Fall höherer Instandhaltungsaufwendungen gewährleistet werden soll. Die Rücklage steht nicht dem einzelnen Wohnungseigentümer zu, sondern ist Verwaltungsvermögen. Es handelt sich wirtschaftlich um Vorauszahlungen der Wohnungseigentümer auf zukünftige Instandhaltungsaufwendungen.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 4, § 2 Abs. 1; WEG § 16 Abs. 2, § 21 Abs. 5 Nr. 4; ZVG § 52 Abs. 1 S. 1, § 59
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob Instandhaltungsrücklagen in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer fallen, wenn das Objekt bei einer Zwangsversteigerung erworben wurde.
Die Klägerin erwarb jeweils in Verfahren der Zwangsversteigerung folgende Objekte:
Objekt (alle in X) |
Zuschlagsbeschluss vom |
Aktenzeichen AG |
Meistgebot EUR |
Verkehrswert lt. Gutachten EUR |
Instandhaltungsrücklage z.Z. des Zuschlages EUR |
A-Str. 8, Whg.-Nr. 8 |
… |
… K …/10 |
52.640 |
75.200 |
2.697,63 |
B-Str. 11, 13, 15, Whg-Nr. 16 |
… |
… K …/11 |
34.100 |
54.200 |
1.306,27 |
C-Str. 10 Whg-Nr. 4 |
… |
… K …/10 |
46.000 |
92.000 |
4.419 |
C-Str. 10 Whg-Nr. 6 |
… |
… K …/10 |
24.000 |
48.000 |
2.160 |
C-Str. 10, Whg-Nr. 1 |
… |
… K …/10 |
18.250 |
36.500 |
1.724 |
Der Beklagte setzte mit Bescheiden vom … für das jeweilige Objekt Grunderwerbsteuer fest, ohne dabei eine Instandhaltungsrücklage von der Bemessungsgrundlage abzuziehen. Dagegen legte die Klägerin jeweils Einspruch ein, die der Beklagte mit Einspruchsentscheidungen vom … als unbegründet zurückwies.
Die Klägerin bringt vor, dass im Zwangsversteigerungsverfahren als Gegenleistung das Meistgebot einschließlich der Rechte bestehe, die nach dem Versteigerungstermin bestehen blieben. Die Instandhaltungsrücklage gehöre nicht zur Gegenleistung, da sie beim Verkauf nicht ausgezahlt werde, sondern zum Gemeinschaftseigentum gehöre. Sie sei in den Meistgeboten enthalten gewesen, da keine zusätzlichen Zahlungen über die Meistgebote hinaus geleistet worden seien. Die Klägerin habe sich im Vorfeld der Versteigerungen bei den Hausverwaltungen über die Höhe der Instandhaltungsrücklagen erkundigt, da es preisbestimmdend sei, ob bei einem Reparaturstau etwas nachzuschießen sei. Man habe auch immer eine bestimmte Vorstellung vom Wert des Objektes, die unabhängig von dem vom Gericht eingeholten Verkehrswertgutachten sei. Die Klägerin nehme daher vor dem Erwerb immer eine interne Bewertung vor.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über Grunderwerbsteuer vom …, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom …, dahingehend abzuändern, die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer für den Bescheid vom … um EUR 2.697, vom … um EUR 1.306,27, vom … (Wohnung-Nr. 1) um EUR 1.724, vom …(Wohnung Nr. 6) um EUR 2.160 und … (Wohnung Nr. 4) um EUR 4.419 herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass aus den Zuschlagsbeschlüssen nicht hervorgehe, ob es Teile des Meistgebotes gebe, die nicht der Grunderwerbsteuer unterlägen. Nach Auskunft des Amtsgerichtes X seien die Instandhaltungsrücklagen nicht in die Verkehrswerte eingeflossen. Daher entfalle das Meistgebot auch nicht teilweise auf die Instandhaltungsrücklage. Eine Aufteilung sei nicht möglich. Das Meistgebot umfasse allein die Leistung für das Grundstück. Ggf. sei nach der Boruttauschen Formel aufzuteilen. Es sei nicht klar, ob die Klägerin vor der Versteigerung tatsächlich die Höhe der jeweiligen Rücklagen gekannt habe. Es fehle jedenfalls an einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung zum Verkehrswert.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhaltes im Übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der dem Gericht übersandten Verwaltungsakten sowie der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 2. April 2014 verwiesen. Das Gericht hat die Versteigerungsakten des Amtsgerichts X beigezogen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG unterliegt das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren der Grunderwerbsteuer. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG gelten dabei als Gegenleistung das Meistgebot ...