Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit der das Investitionsvolumen übersteigenden Zinseinkünfte einer steuerbefreiten Wohnungsgenossenschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG
Leitsatz (redaktionell)
Zinserträge, die aus der Anlage liquider Mittel resultieren, die eine Wohnungsgenossenschaft aus der steuerfreien Vermietung von Wohnungen erwirtschaftet hat und die sie entsprechend ihrer Instandhaltungs- und Investitionsplanung vorhält, sind – wenn sie nicht die 10 v.H.-Grenze nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 Satz 2 KStG übersteigen – auch insoweit steuerfrei nach dieser Vorschrift, wie sie die geplanten Investitionssummen übersteigen (entgegen der überwiegenden Literaturauffassung und dem BMF v 22.11.1991, IV B 7-S 2730-24/91, BStBl I 1991, 1014 Rz. 41).
Normenkette
KStG § 5 Abs. 1 Nr. 10 S. 1 Buchst. a, S. 2; GewStG § 3 Nr. 15
Nachgehend
Tenor
1. Die Bescheide vom 17. Oktober 2006 über Körperschaftsteuer 2001 bis 2004, gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2002 bis 2004, die Bescheide über die gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG für 2001 und Bescheide über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG zum 31.12.2001 bis 2004 sowie die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2001 bis 2004, die Bescheide vom 29. Mai 2008 über Körperschaftsteuer 2006, Körperschaftsteuervorauszahlung 2008 und 2009 sowie Gewerbesteuermessbetrag 2006, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Januar 2009 werden aufgehoben.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe vor der Vollstreckung leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
5. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.
Tatbestand
Streitig ist die Zurechnung von Zinseinkünften einer steuerbefreiten Wohnungsgenossenschaft.
Die Klägerin ist eine im Jahr 1956 gegründete Genossenschaft, deren alleiniger Geschäftszweck in der Vermietung und Erhaltung von 12 Wohnhäusern mit 268 Wohnungen besteht. Zur Sanierung der Gebäude nahm die Klägerin zinsbegünstigte Darlehen von der K auf. Ferner nahm sie die Regelungen des Altschuldenhilfegesetzes in Anspruch, wonach sie einen teilweisen Erlass von Altschulden erreichen konnte, wenn sie umfangreiche Investitionen tätigt und 15% des Bestandes veräußert. Die Veräußerung des vorgeschriebenen Anteils am Bestand gelang aufgrund der Wohnungssituation nicht, gleichwohl erhielt am 4. April 2001 die Klägerin einen sog. Schlussbescheid von der K, wonach sie aus den Verpflichtungen aus dem Altschuldenhilfegesetz endgültig entlassen wurde. Die Klägerin hatte bei Kreditinstituten finanzielle Mittel angelegt (2001: DM 2.046.403, 2002: EUR 1.333.197, 2003: 1.468.900, 2004: EUR 1.661.916 und 2006: EUR 1.335.494,82). Sie erzielte darauf Zinseinnahmen von DM 104.716 im Jahr 2001, EUR 65.739 im Jahr 2002, EUR 59.831 im Jahr 2003, EUR 57.804 im Jahr 2004 und EUR 47.131,93 im Jahr 2006. Ferner hatte sie Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten von DM 9.223.212,04 im Jahr 2001 (Zinsaufwendungen DM 445.537,12), EUR 4.672.707,57 im Jahr 2002 (Zinsaufwendungen EUR 223.609,44), EUR 4.607.311,46 im Jahr 2003 (Zinsaufwendungen EUR 217.755,10), von EUR 4.420.143,59 im Jahr 2004 (Zinsaufwendungen EUR 210.582,41) und von EUR 3.906.470,53 im Jahr 2005 (Zinsaufwendungen von EUR 172.554,58). Sie erzielte in den Streitjahren Umsatzerlöse aus der Hausbewirtschaftung von DM 1.725.568 im Jahr 2001, EUR 890.105,84 im Jahr 2002, EUR 686.908,74 im Jahr 2003, von EUR 871.138,88 im Jahr 2004 und von EUR 905.628,53 im Jahr 2006.
Der Beklagte veranlagte die Klägerin in den Jahren 2001 bis 2004 erklärungsgemäß zur Körperschaftsteuer und zur Gewerbesteuer, die entsprechenden Bescheide lauteten jeweils auf EUR 0, da sie gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG bzw. § 3 Nr. 15 GewStG steuerfreie Einnahmen erzielte. Im Jahr 2006 führte das Finanzamt bei der Klägerin eine Außenprüfung durch. Dabei kam die Prüfung zu dem Ergebnis, dass der Klägerin steuerpflichtige Einnahmen aus Zinsen teilweise zuzurechnen seien, die sich aus der Anlage von finanziellen Mitteln bei Kreditinstituten ergäben. Von den Zinseinnahmen sei der Teil steuerpflichtig, der die geplanten Investitionssummen übersteige:
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2001 |
2002 |
2003 |
2004 |
Geplante Investitionssumme |
DM 1.853.335 |
EUR 920.000 |
EUR 1.050.000 |
EUR 1.080.000 |
Angelegte finanzielle Mittel |
DM 2.046.403 |
EUR 1.333,197 |
EUR 1.468.900 |
EUR 1.661.916 |
Nicht steuerfreier Anteil |
9,434% |
30,993% |
28,518% |
35,015% |
Guthabenzins |
DM 104.716 |
EUR 65.739 |
EUR 59.831 |
EUR 57.804 |
Steuerpflichtige Einnahmen |
DM 9.879 |
EUR 20.374 |
EUR17.063 |
EUR 20.240 |
Der Beklagte folgte den Feststellungen der Prüfung und änderte gemäß § 164 Abs...