Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG bei Abgabe von Mahlzeiten durch ein Studentenwerk auch an Nicht-Studenten. Umsatzsteuer 1994 und 1995
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Studentenwerk als Anstalt des öffentlichen Rechts, das entgegen seiner Satzung in seiner Mensa Mahlzeiten nicht nur an Studenten, sondern auch an Nichtstudierende und Schüler abgibt, kann dafür nicht die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG 1993 in Anspruch nehmen.
2. § 4 Nr. 18 UStG ist nicht von den §§ 51 ff. AO abgekoppelt. Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, muss daher die Voraussetzung der „Ausschließlichkeit” des § 4 Nr. 18 S. 1 Buchst. a UStG 1993 allein an § 56 AO geprüft werden.
3. Sollte es insoweit nicht nur auf § 56 AO ankommen, so wäre jedenfalls eine Abgabe von Mahlzeiten an Nichtstudierende in einem Umfang von mehr als einem Drittel der gesamten Mensa-Umsätze auch kein Zweckbetrieb i. S. von § 65 oder § 66 AO.
Normenkette
UStG 1999 § 4 Nr. 18 S. 1 Buchst. a, b, c, § 2 Abs. 3; AO §§ 56, 64-65, 66 Abs. 3; KStG 1991 § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 Abs. 1 S. 1; Sächsisches Studentenwerksgesetz § 1 Abs. 2-3; UStR 2000/2005 Abschn. 103 Abs. 9
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Klägerin ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 des Gesetzes über die Studentenwerke im Freistaat Sachsen (Sächsisches Studentenwerksgesetz) vom 7. Januar 1993 (Sächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1993, 16) eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, die gemeinnützig tätig im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke” der Abgabenordnung (AO) ist. Nach § 1 Abs. 3 des Sächsischen Studentenwerksgesetzes haben die Studentenwerke die Aufgabe, für die Studenten der ihnen zugeordneten Hochschulen Dienstleistungen auf wirtschaftlichem, sozialem, gesundheitlichem und kulturellem Gebiet zu erbringen.
Nach ihrer Satzung verfolgt die Klägerin diese Zwecke unter anderem durch „Errichtung und Betrieb von Verpflegungsbetrieben (Mensen und Cafeterien)” (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 der Satzung vom 12. Oktober 1993, Sächsisches Amtsblatt Nr. 49/1993). Die Klägerin ist seit 1992 Mitglied des D.P.W. e.V..
Die Klägerin unterhielt in den Streitjahren 1994 und 1995 Mensabetriebe, in denen Studenten, Bedienstete der Universität und Dritte Mahlzeiten und Getränke einnehmen konnten. Ferner belieferte die Klägerin Schulen mit Speisen, die in den Küchen der Mensen zubereitet worden waren. Die mit den Mensen ausgeführten Umsätze gliedern sich wie folgt: Leistungen an
- Studenten: 5.240.067,04 DM (1994) und 5.538.197,42 DM (1995)
- Mitarbeiter der Hochschulen und Dritte: 3.555.601 DM (1994) und 3.742.751 DM (1995)
- Schulen: 1.868.784 DM (1994) und 1.493.850 DM (1995).
Eine Aufgliederung der von den Mensen erbrachten Leistungen nach (gleichwertigen) Essensportionen ergibt folgendes Bild:
Schulen/Kindertagesstätten und Sonstige |
Studenten |
1994 |
838.257 (= 38,04 %) |
1.365.616 |
1995 |
815.759 (= 36,97 %) |
1.390.308 |
Der Beklagte (das Finanzamt) unterwarf die Leistungen, die gegenüber Schulen erbracht worden waren, dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1993 und die Leistungen, die gegenüber Studenten sowie Mitarbeitern der Hochschulen und Dritten erbracht worden waren, dem Regelsteuersatz, und setzte in der Einspruchsentscheidung vom 10. März 2003 die Umsatzsteuer für 1994 auf EUR 112.776,67 und für 1995 auf EUR 152.924,33 fest.
Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist der Meinung, dass die Vorschriften der AO zur Gemeinnützigkeit nicht auf § 4 Nr. 18 UStG 1993 anwendbar seien. Diese Vorschrift sei von den Vorschriften der AO vom Gesetzgeber abgekoppelt worden. Im Übrigen handle es sich zwar bei den Mensa-Betrieben um einen Betrieb gewerblicher Art; dies ändere jedoch nichts daran, dass sie – die Klägerin – ausschließlich steuerbegünstigte Zwecke gemäß § 56 AO verfolge. Denn ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, der kein Zweckbetrieb sei, schließe gemäß § 64 Abs. 1 AO die Steuerbefreiung nur insoweit aus, als dies durch ein Steuergesetz vorgesehen sei. § 4 Nr. 18 UStG 1993 nehme die Umsätze aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben nicht von der Steuerbefreiung aus.
Die Abgrenzung zwischen einem Zweckbetrieb und einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sei daher für die Beurteilung der Steuerbefreiung nicht entscheidend.
Folglich sei davon auszugehen, dass ein dem D.P.W. als Mitglied angeschlossenes Studentenwerk mit seinen Mensa-Umsätzen ohne weiteres nach § 4 Nr. 18 UStG 1993 steuerbefreit sei, wenn die weiteren Voraussetzungen nach § 4 Nr. 18 Buchstaben b und c UStG 1993 erfüllt seien. Auch die Umsatzsteuer-Richtlinien bestätigten diese Auffassung. Früher sei in Absch. 103 Abs. 7 UStR 1988 für ein Eingreifen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG ausdrücklich verlangt worden, dass die Umsätze im Rahmen eines Unternehmensbereichs ausgeführt worden seien, der für die K...