rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Voller Vorsteuerabzug aus den laufenden Betriebskosten eines mit hälftigem Vorsteuerabzug erworbenen betrieblichen PKW ab 1.1.2004. Unentgeltliche Wertabgabe
Leitsatz (redaktionell)
1. Die nach dem 31. Dezember 2003 angefallenen laufenden Betriebskosten eines mit nur hälftigem Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1b UStG) erworbenen betrieblichen PKW berechtigen zum vollen Vorsteuerabzug.
2. Die Nutzung eines solchen PKW für unternehmensfremde Zwecke unterliegt ab dem 1.1.2004 als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzbesteuerung, deren Bemessungsgrundlage die Betriebskosten bilden (gegen Niedersächsisches FG v. 15.12.2011, 5 K 180/11, EFG 2012, 63).
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1b, § 3 Abs. 9a Sätze 1-2, § 27 Abs. 5 S. 2, § 10 Abs. 4
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten wegen Umsatzsteuer 2005 bis 2009. Streitig ist die umsatzsteuerliche Behandlung der unternehmensfremden Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten PKW.
Der Kläger ist als Rechtsanwalt und Steuerberater unternehmerisch tätig. Im Jahr 2001 kaufte er einen PKW, den er dem Betriebsvermögen zuordnete, aber auch privat nutzte und nahm entsprechend der damaligen Rechtslage den Vorsteuerabzug mit 50 % vor (§ 15 Abs. 1b UStG) und setzte keine unentgeltliche Wertabgabe an (§ 3 Abs. 9a Satz 2 UStG). So verfuhr der Kläger auch in den hier nicht streitigen Veranlagungszeiträumen 2002 bis 2003.
Im hier ebenfalls nicht streitigen Veranlagungszeitraum 2004 erklärte der Kläger mit seiner Umsatzsteuerjahreserklärung entsprechend Tz. 6.3 des BMF-Schreibens vom 27. August 2004 (BStBl. I 2004, 864) zunächst die Korrektur der Vorsteuer aus dem Erwerb des PKW nach § 15a UStG. Mit Telefonat vom 24. Februar 2010 und Schreiben vom 29. März 2010 erklärte der Kläger aber gegenüber dem Finanzamt, dass eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG nicht mehr angestrebt werde (Blatt 17 der Rechtsbehelfsakte).
Mit der Einspruchsentscheidung für den Veranlagungszeitraum 2004 setzte der Beklagte (das Finanzamt) eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG nicht mehr an, ließ den vollen Vorsteuerabzug aus den laufenden PKW-Kosten zu und nahm – da der Kläger ein Fahrtenbuch nicht führte – im Schätzungswege einen privaten Nutzungsanteil von 50% an. Die Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe (§ 10 Abs. 4 UStG) errechnete das Finanzamt aus der Hälfte der laufenden Kosten, für die der Kläger den vollen Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hatte.
Nach Ergehen der Einspruchsentscheidung für 2004 erklärte der Kläger auf Anfrage mit Schreiben vom 17. Juni 2010 (USt-Akte 2009), dass für die hier streitigen Folgejahre 2005 bis 2009 für den Betrieb des Fahrzeuges vorsteuerbelastete Kosten in folgender Höhe angefallen seien:
2005 |
EUR 4.495,10 |
2006 |
EUR 6.125,96 |
2007 |
EUR 3.608,24 |
2008 |
EUR 2.418,66 |
2009 |
EUR 2.439,–. |
Mit den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden 2005 bis 2009, alle vom 5. Juli 2010, setzte das Finanzamt jeweils die Hälfte dieser Beträge als Bemessungsgrundlage einer unentgeltlichen Wertabgabe an und erhöhte entsprechend die festgesetzte Umsatzsteuer. Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2011). Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Senat mit Beschluss vom 28. Februar 2011 ab (Az. 3 V 1195/10).
Mit der Klage macht der Kläger geltend, ihm stehe zwar für die laufenden Betriebskosten des PKW der volle Vorsteuerabzug zu; er habe aber nach der Regelung des § 27 Abs. 5 Satz 2 UStG keine unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern. Während die alte Rechtslage (§ 3 Abs. 9a Satz 2 UStG) für die Eigenverbrauchsbesteuerung uneingeschränkt gelte, werde die Weitergeltung der Vorsteuerabzugsbeschränkung in § 27 Abs. 5 Satz 2 UStG ausdrücklich aufgehoben für Vorsteuerbeträge ab dem 01.01.2004, soweit sie auf Miete oder den Betrieb des Fahrzeugs entfielen.
Der Wortlaut der Vorschrift sei eindeutig und lasse daher weder aus Gründen der Systematik noch wegen der Gesetzesbegründung eine andere Auslegung „contra legem” zu. Die Erläuterungen im BMF-Schreiben vom 27. August 2004 unter Tz. 6.3 setzten sich mit den Vorschriften gar nicht auseinander, sondern „fabulierten” im freien Raum. Das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 19. April 2007 (V R 48/05, BStBl. II 2007, S. 801) sei für den Streitfall nicht einschlägig, da dort eine im Jahr 2003 vorgenommene Vorsteuerberichtigung betroffen sei. Vielmehr gehe der BFH auch offensichtlich davon aus, dass in den Fällen, in denen keine Vorsteuerberichtigung stattgefunden habe, auch keine Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgaben zu erfolgen habe.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, nicht sagen zu können, wie hoch der private Nutzungsanteil gewesen sei. Ein Fahrtenbuch habe er im Streitzeitraum nicht geführt.
Der Kläger beantragt,
die Umsatzsteuerbescheide 2005 bis 2009 vom 5. ...