Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtskraftwirkung eines Urteils. Zeitpunkt der Auflösung von Rückstellungen für eingeklagte Pachtzinsschulden. Ausschluss der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO 1977 wegen Unterbrechung. Körperschaftsteuer 1993
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einer klageabweisenden Entscheidung ist der aus der Begründung zu ermittelnde, die Rechtsfolge bestimmende, ausschlaggebende Abweisungsgrund Teil des in Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes und nicht allein ein Element der Urteilsbegründung (vgl. BGH-Rechtsprechung).
2. Stützt ein LG seine Entscheidung über das Bestehen der Pflicht zur Zahlung des Entgelts für die Nutzung eines Grundstücks mangels einer einvernehmlichen Grundlage für die Zahlungsforderung allein auf Art. 233 § 2a EGBGB i.d.F. vom 14.7.1992, wonach die Rechtsverhältnisse einer Regelung durch Gesetz vorbehalten bleiben und wird ein Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen bis zum 31.12.1994 erst durch das Sachenrechtsänderungsgesetz vom 21.9.1994 mit Art. 233 § 2a Abs. 8 Satz 1 EGBGB 1994 ausgeschlossen, wenn die Beteiligten keine anderen Abreden getroffen hatten, war weder am Bilanzstichtag des 31.12.1993 noch zur Zeit der Bilanzaufstellung im August 1994 eine künftige Inanspruchnahme der Grundstückspächter auf Herausgabe von Nutzungen für 1992 gesetzlich ausgeschlossen, so dass aufgrund des rechtskräftigen LG-Urteils vom September 1993 die Rückstellung für Pachtzinsen für 1992 in der Bilanz 1993 nicht aufzulösen war.
3. Auch wenn zwischen Beginn der Außenprüfung und den Entscheidungen über die Einsprüche, die aufgrund der geänderten Bescheide eingelegt wurden, mehr als fünf Jahre liegen, liegt keine die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 AO 1977 ausschließende Unterbrechung i.S. von Satz 2 dieser Vorschrift vor, wenn eine solche erst nach Rückgabe der Steuerakten nach durchgeführter Prüfung erfolgt und vorher lediglich über einen längeren Zeitraum von 6, 5 Monaten geprüft wurde.
Normenkette
HGB § 249; EStG § 5 Abs. 1, § 4 Abs. 1; FGO § 100; EGBGB 1992 Art. 233 § 2a Abs. 8; EGBGB 1994 Art. 233 § 2a Abs. 8 S. 1; Sachenrechtsänderungsgesetz; AO 1977 § 171 Abs. 4 S. 2
Tenor
1. Der Körperschaftsteuerbescheid 1993 vom 25. Oktober 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. April 2003 wird dahingehend geändert, daß der Steuerbilanzgewinn um 174.636,– DM herabgesetzt wird. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin 1/11 und der Beklagte 10/11.
3. Das Urteil ist für die Klägerin hinsichtlich des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß ergebenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 7/6 des vorgenannten Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.
Tatbestand
Streitig ist der Zeitpunkt einer gewinnwirksamen Auflösung von Rückstellungen.
Die Klägerin nutzte wie ihr Rechtsvorgänger ein fremdes Grundstück zu betrieblichen Zwecken. Am 3. September 1992 machten die Grundstückseigentümer gegenüber der Klägerin unter Vorbehalt weiterer Ansprüche die Zahlung von Pachtzins für Januar bis September 1992 in Höhe von 138.600 DM zuzüglich Zinsen zivilgerichtlich geltend. Das Landgericht (LG) wies die Klage mit Urteil vom 30. September 1993 (Bl. 12 ff. d.A.), das rechtskräftig wurde, ab. Für 1992 bildete die Klägerin Rückstellungen für Prozeßkosten von 18.000 DM und für Pachtzins bis Ende 1992 von 174.636 DM, die sie 1995 wieder auflöste. Die Bilanz für 1993 erstellte sie im August 1994. Die Körperschaftsteuererklärung 1993 ging bei dem Beklagten am 10. November 1994 ein. Im Anschluß an eine Betriebsprüfung, die am 26. August 1997 angeordnet und mit Bericht vom 6. September 1999 abgeschlossen wurde, war der Beklagte der Auffassung, die Rückstellungen seien bereits in 1993 aufzulösen, und erließ am 25. Oktober 1999 einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1993. Einen Einspruch vom 9. November 1999 wies der Beklagte unter Teilabhilfe aus anderen Gründen mit Entscheidung vom 23. April 2003 zurück. Am 21. Mai 2003 erhob die Klägerin Klage.
Sie trägt im wesentlichen vor, die Rückstellungen seien aus Gründen der Bilanzwahrheit nicht 1993 gewinnwirksam aufzulösen. Zur Zeit der Bilanzaufstellung im August 1994 sei die Inanspruchnahme der Klägerin mehr als wahrscheinlich gewesen. Das LG habe den Pachtzinsanspruch nur als „derzeit” nicht einklagbar abgelehnt und das Urteil auf Art. 233 § 2a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) gestützt. Zudem sei das in der genannten Vorschrift angeordnete Moratorium für verfassungswidrig erklärt worden. Eine erneute Klage, die der Prozeßvertreter der Eigentümer auch angedroht habe – dafür biete sich der Klägervertreter als Zeuge an –, sei nicht ausgeschlossen gewesen. Erst mit Schreiben vom 30. Januar 1996 hätten die Eigentümer klargestellt, Nutzungsentgelt nur ab Januar 1996 beanspruchen zu wollen. Daher sei die Rückstellung auch für Prozeßkosten berechtigt. Außerdem sei die Körperschafts...