rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld bei Ableistung eines Freiwilligendienstes als Missionar im Ausland aufgrund einer erst nach Beginn der Tätigkeit geschlossenen schriftlichen Vereinbarung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die schriftliche Vereinbarung i. S. v. § 2 Abs. 1a SGB VII zwischen dem Kind und dem Träger des Freiwilligendienstes muss die Bezeichnung des Trägers und der Einsatzstelle, die Aufgaben des Freiwilligen, die Angabe des mindestens sechsmonatigen Verpflichtungszeitraums und der wöchentlichen Stundenzahl von mindestens acht Stunden, die Verpflichtung des Trägers zur Sicherstellung des Haftpflicht- und Unfallversicherungsschutzes sowie zur kontinuierlichen Begleitung des Freiwilligen und dessen Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr enthalten.
2. Die Vereinbarung kann auch nach Beginn der Tätigkeit geschlossen werden, wenn sie vom Zeitpunkt ihres Abschlusses an noch eine Verpflichtung für die Dauer von weiteren mindestens sechs Monaten i. S. v. § 2 Abs. 1a SGB VII vorsieht.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d; SGB VII § 2 Abs. 1a
Tenor
Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 27.09.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.11.2012 verpflichtet, zugunsten des Klägers für das Kind M. Kindergeld ab Mai 2012 festzusetzen.
Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger 6/13 und die Beklagte 7/13.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist, ob der am 03.01.1991 geborene Sohn des Klägers M. nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d Einkommensteuergesetz – EStG – unter dem Gesichtspunkt der Ableistung eines Freiwilligendienstes aller Generationen im Sinne von § 2 Abs. 1a Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – SGB VII – zu berücksichtigen war, weil er aufgrund einer Vereinbarung zum Freiwilligendienst aller Generationen mit der Kirche JL. in Deutschland als Missionar in der AM tätig war.
Der Sohn des Klägers M. war vom 28. Oktober 2011 bis zum 17. Oktober 2013 als Missionar der Kirche JL., einer Körperschaft des Öffentlichen Rechts mit Sitz in F. bzw. Bad H., im Gebiet der „AM” in S., C. und Z. in der S.-Ausland sowie in S-Ausland, I.-Ausland, tätig. Zu Beginn seiner Tätigkeit erhielt er hierfür eine dreiwöchige Schulung in einem Trainingscenter in P., E.-Ausland. Sodann wurden ihm seine Einsatzorte mit einem Vorlauf von einer Woche vom sog. Missionsehepaar, den Leitern der AM mit Sitz in der Region M., mitgeteilt. An allen Einsatzorten arbeitete er in einem Zweier-Team mit einem anderen jungen Missionar zusammen, der bereits länger vor Ort und dort zuvor mit einem anderen Partner tätig war. Die Missionspartner lernten sich an zentralen Orten in St., Z. oder Sg. kennen. Der bereits vor Ort tätige Missionar hatte die Schlüssel zu einer für das Missionsteam angemieteten Wohnung sowie das erforderliche Taschengeld und die Fahrkarten bzw. ein Auto. Es wurde immer der bereits länger vor Ort tätige Missionar zuerst einer neuen Einsatzstelle zugewiesen. Der verbleibende Missionar behielt die sächlichen und finanziellen Mittel und erhielt einen neuen Missionspartner zugeteilt. Neben dem Missionsehepaar, das zu Beginn der Tätigkeit des Sohnes des Klägers 180 und gegen Ende 280 Missionare betreute, gab es ältere Missionare und Ehepaare, die dem Missionsehepaar vor Ort assistierten und z.B. die von der Kirche angemieteten und von den jungen Missionaren bewohnten Wohnungen auf Ordnung und Sauberkeit hin kontrollierten. Der Tagesablauf der jungen Missionare begann um 6:30 Uhr mit Frühsport und Frühstück. Sodann schloss sich ab 8:00 Uhr zunächst eine Stunde Selbststudium der Bibel und des sogenannten Missionshandbuches und dann eine weitere Stunde des gemeinsamen Studiums dieser Werke durch die beiden jungen Missionare an. Ab 10:00 Uhr stand eine Stunde zum Selbststudium einer Fremdsprache zur Verfügung. Um 11:00 Uhr machten sich die jungen Missionare auf, um hilfsbedürftigen Menschen, die sowohl Mitglieder als auch Nichtmitglieder der Kirche JL. sein konnten, zu treffen. Auf diese Menschen wurden sie beim sonntäglichen Gottesdienst durch andere Kirchenmitglieder hingewiesen. Mit den Hinweisgebern zusammen lernten die jungen Missionare die hilfsbedürftigen Menschen zumeist bei einem Essen kennen. Ihre Hilfeleistungen umfasste Antisuchtprogramme zur Rauchentwöhnung, Sprachunterricht für Ausländer, die Beschäftigung von Jugendlichen z.B. beim gemeinsamen Fußballspiel und sog. Dienstprojekte, worunter die Unterstützung ältere Menschen bei der Gartenarbeit, bei Umzügen und beim Einkaufen zu verstehen war. Wenn religiöse Fragen an die Missionare gerichtet wurden, sprachen sie darüber mit den Hilfebedürftigen. Wenn dies aber nicht gewünscht war, wurde die Hilfeleistung nicht davon abhä...