rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung der zivilrechtlich ermittelten Unterhaltsansprüche der Tochter aufgrund der Geburt eines eigenen Kindes gegen den Vater dieses Kindes bei der Grenzbetragsberechnung nach § 32 Abs. 4 S. 2 EStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Es kann offen bleiben, ob Unterhaltsansprüche, die die volljährige, für das Kindergeld grundsätzlich berücksichtigungsfähige Tochter aufgrund der Geburt eines eigenen Kindes nach § 1615l Abs. 2 und 3 BGB gegen den mit ihr nicht in einem gemeinsamen Haushalt lebenden Vater dieses Kindes hat, überhaupt als Bezüge bei der Berechnung des Grenzbetrags nach § 32 Abs. 4 S. 2 EStG der Tochter zu berücksichtigen sind.
2. Sollte das der Fall sein, darf der Tochter jedenfalls nicht die Hälfte der Differenz zwischen ihren eigenen Einkünften und Bezügen und den höheren Einkünften und Bezügen des Kindesvaters zugerechnet werden; vielmehr ist dann ggf. die Höhe des bei Grenzbetragsberechnung für die Tochter zu berücksichtigenden Unterhaltsanspruchs nach § 1615l Abs. 2 und 3 BGB unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Vaters des Kindeskindes nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu ermitteln.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 2; BGB § 1615l Abs. 1-3
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 18.03.2010 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.08.2010 verpflichtet, der Klägerin für das Kind E. von Februar bis Dezember 2007 Kindergeld zu bewilligen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Einkünfte und Bezüge des Kindes E. N. dessen kindergeldrechtlicher Berücksichtigung entgegenstehen, insbesondere ob und ggf. inwieweit Unterhaltsansprüche nach § 1615l Abs. 1 und 2 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB – als Bezüge im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz – EStG – anzusehen sind.
Die am 29.06.1982 geborene Tochter der Klägerin E. gebar am 19.09.2005 ein Kind. Vater dieses Kindes ist S. A., der mit der Tochter der Klägerin und dem gemeinsamen Kind in einer Wohngemeinschaft, nach übereinstimmendem Vortrag der Beteiligten und den Feststellungen der zuständigen Sozialbehörde jedoch nicht in einem gemeinsamen Haushalt lebte. Unter dem 16.02.2007 bewarb sich E. um eine Berufsausbildung als Fachlageristin, die sie ab dem 01.09.2007 antreten konnte.
Aus diesem Berufsausbildungsverhältnis erzielte E. 2007 Einnahmen von 2.901,02 Euro. Ihr Arbeitnehmeranteil zu den Sozialversicherungen betrug 609,18 Euro. Die zum Schluss der mündlichen Verhandlung unstreitigen Werbungskosten betrugen 1.186,73 Euro. Ferner erhielt E. im Zeitraum 16.02.2007 bis 31.12.2007 abzüglich der anteiligen Kostenpauschale Leistungen zum Lebensunterhalt i.H.v. 4.793 Euro.
S. A. hatte 2007 ein Einkommen nach Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer, Sozialversicherungen, Rentenversicherung, Vermögensbildung und Spesen i.H.v. 19.936,70 Euro. Ferner erhielt er 2007 eine Steuererstattung i.H.v. 790,42 Euro. S. A. hat neben dem Kind der Tochter der Klägerin zwei weitere Kinder, für die er vereinbarungsgemäß ermäßigten Unterhalt i.H.v. zusammen 400 Euro pro Monat entrichtete. Für das Kind der Tochter der Klägerin entrichtete er vereinbarungsgemäß ermäßigten Unterhalt i.H.v. 127 Euro monatlich.
Mit Bescheid vom 18.03.2010 lehnte der Beklagte die Bewilligung von Kindergeld für E. für den Zeitraum Februar bis Dezember 2007 ab. Den dagegen gerichteten Einspruch der Klägerin vom 16.04.2009 wies er mit Einspruchsentscheidung vom 04.08.2009 als unbegründet zurück.
Am 04.09.2009 hat die Klägerin Klage erhoben.
Hinsichtlich der Werbungskosten ihrer Tochter hat sie zuletzt noch vorgetragen, neben den unstreitigen Beträgen seien berufliche Telefonkosten i.H.v. 60 Euro zu berücksichtigen. Im Übrigen seien bei S. A. Unterhaltsbelastungen für sein gemeinsames Kind mit der Tochter der Klägerin i.H.v. monatlich 199 Euro und nicht nur die tatsächlich gezahlten 127 Euro in Abzug zu bringen. Ferner seien bei S. A. entsprechend dem Einkommensteuerbescheid 2006 3.641 Euro als Werbungskosten anzuerkennen. Schließlich müsse der billige Selbstbehalt i.H.v. 1000 Euro im Monat monatlich berücksichtigt werden.
Die Klägerin beantragt:
Unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 18.03.2009 sowie der Einspruchsentscheidung vom 04.08.2009 wird der Beklagte verpflichtet, der Klägerin für den Zeitraum 01.02.2007 bis 31.12.2007 für das Kind E. Kindergeld zu zahlen.
Der Beklagte beantragt:
Klageabweisung.
Er ist der Auffassung, ein Unterhaltsanspruch des Kindes E. gegen den Vater des Kindeskindes sei nach DA 31.2.3 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 und Sätze 8 und 9, Abs. 2 i.V.m. DA 31.2.2 FamEStG nach dem Halbteilungsprinzip zu berücksichtigen. Vom Barlohn des S. A. zieht er den Werbungskostenpauschbetrag und von de...