Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindung des Gerichts an den Bescheid über die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals einer Körperschaft hinsichtlich der steuerrechtlichen Beurteilung von Auskehrungen an die Anteilseigner. Einkommensteuer 1991

 

Leitsatz (redaktionell)

Entstammen Auskehrungen einer Kapitalgesellschaft an ihre Anteilseigner nach dem Bescheid über die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals dem Teilbetrag im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG „EK 04”), so ist das Gericht an diese Feststellung materiell gebunden mit der Folge, dass die Ausschüttungen bei den Anteilseignern gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen. Eine Prüfung der Richtigkeit des gegen die Gesellschaft ergangenen Feststellungsbescheides ist dem Gericht im Rahmen eines die Einkommensbesteuerung eines Gesellschafters betreffenden Verfahrens verwehrt.

 

Normenkette

EStG 1990 § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3; KStG 1991 § 30 Abs. 2 Nr. 4, § 47

 

Tenor

1) Der Bescheid über ESt 1991 vom 20. Dezember 1996 und die Einspruchsentscheidung vom 21. März 2000 werden aufgehoben.

2) Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die am 7.Dezember 1990 in das Handelsregister eingetragene W. GmbH (GmbH) ist Rechtsnachfolgerin der ehemaligen -PGH- des Handwerks „M.”, deren Mitglied die Klägerin war. Die PGH wurde laut Eintragung vom 01.01.1991 zum 30. Juni 1990 aus dem Genossenschaftsregister gelöscht. Die Klägerin, die im Streitjahr nichtselbständig als Buchhalterin tätig war, erhielt von der GmbH am 1.Juli 1991 einen Scheck über 10.522,15 DM einschließlich 269,14 DM Zinsen zum Ausgleich ihres Anteils an dem sog. Reservefonds der ehemaligen PGH.

Nachdem der Beklagte (das Finanzamt -FA-) durch eine Kontrollmitteilung von der o.g. Auszahlung erfahren hatte, änderte es am 20.Dezember 1996 den bestandskräftigen Bescheid vom 27.Juli 1992 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung -AO 1977- und setzte die ESt 1991 für die Klägerin auf 2.122 DM fest. Das FA erfasste bei den Einkünften der Klägerin solche aus Kapitalvermögen in Höhe von 10.522 DM und zog hiervon den Werbungskostenpauschbetrag von 100 DM und den Sparerfreibetrag von 600 DM ab. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 21.März 2000 als unbegründet zurück.

Mit der vorliegenden Klage macht die steuerlich vertretene Klägerin weiter geltend, dass es sich bei den streitigen Zahlungen nicht um Einkünfte aus Kapitalvermögen handle.

Für den Fall, dass die Umwandlung mangels Einhaltung der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 3 PGH-Umwandlungs-VO nicht rechtswirksam zustande gekommen sei, müsse von einer Verteilung des Erlöses aus der Liquidation der PGH ausgegangen werden, bei der die Anteile am unteilbaren Reservefonds zum 01.01.1991 im Eigenkapital (EK) 04 einzustellen waren.

Anderenfalls könne nicht von einer Ausschüttung in 1991 ausgegangen werden. Soweit der unteilbare Fonds im Zuge der Umwandlung auf die GmbH übertragen worden sei, hätten die ausgeschiedenen Mitglieder ihren Anteil der GmbH offenbar darlehensweise überlassen (vgl. § II der Umwandlungserklärung und Zahlung von Zinsen in 1991). Damit sei jedoch bereits am 1.Juli 1990 der Zufluss durch Novation der Auszahlungsschuld der PGH in einen Darlehensanspruch gegenüber der GmbH erfolgt. Hiervon gehe auch das FA aus, wenn es darauf hinweise, dass die GmbH eine Fremdverbindlichkeit hätte ausweisen müssen. Zwar könne das FA sich auf das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 19.Mai 1998 1 K 129/96 stützen; die dort gemachten Ausführungen zum Nichtvorliegen einer Novation seien indes nicht überzeugend. Das einzelne Mitglied, das nach § 5 der PGH-Umwandlungs-VO einen Anspruch auf sofortige Auszahlung nach Tilgung der Verbindlichkeiten hatte, hätte der Umwandlung nicht zustimmen müssen. Eine Besteuerung des Kapitalbetrages wäre somit allenfalls in 1990 denkbar. Im Übrigen seien die vom FA zitierten BFH-Urteile in BStBl II 1995, 315, BFH/NV 1996, 885 und BStBl II 1996, 465 nicht einschlägig, da sie sämtlich nicht den Fall einer Umwandlung betroffen hätten. Einzig denkbar wäre für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Umwandlung das BFH-Urteil vom 22.Dezember 1993, BStBl II 1994, 578, wonach Gewinnausschüttungen, die einem PGH-Mitglied nach dem 31.12.1990 zufließen, nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht steuerpflichtig seien.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid über Einkommensteuer 1991 vom 20.Dezember 1996 und die Einspruchsentscheidung vom 21.März 2000 aufzuheben.

Das Finanzamt beantragt Klageabweisung.

Es sei fraglich, ob die Wirksamkeit der Umwandlung überhaupt Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sein könne, jedenfalls gehe das FA von einer wirksamen Umwandlung aus. Die GmbH existiere bereits seit Jahren, die PGH sei zum 30.Juni 1990 aus dem Genossenschaftsregister gelöscht worden und im Übrigen läge die nach § 4 Abs. 3 der PGH-UmwandlungsVO erforderliche notariell beglaubigte Umwandlungserklärung vor. Die einzelnen Mitglieder hätten mit ihrer notariell beglaubigten Unterschrif...

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