Entscheidungsstichwort (Thema)
Handelsvertretung für eine Zeitung, Versicherungsvermittlung für Finanzdienstleister und Werbeberatung für Fernsehsender als ein einheitlicher Gewerbebetrieb
Leitsatz (redaktionell)
1. Ob mehrere gewerbliche Betätigungen eines Einzelunternehmers zu mehreren selbstständigen Gewerbebetrieben führen, ist auf der Basis des Gesamtbilds der Verhältnisse nach der sachlichen Selbstständigkeit der einzelnen Betätigungen zu entscheiden. Auch bei ungleichartigen Tätigkeiten kann ein einheitlicher Gewerbebetrieb anzunehmen sein, wenn diese in finanzieller, organisatorischer und wirtschaftlicher Hinsicht zusammenhängen.
2. Auch wenn die drei Tätigkeitsbereiche Handelsvertretung für eine Zeitung/Versicherungsvermittlung für einen Finanzdienstleister/Werbeberatung für einen Regionalfernsehsender jeweils einen völlig unterschiedlichen Kundenkreis haben und dem Steuerpflichtigen bei zwei dieser Kunden ein Büroarbeitsplatz zur Verfügung steht, ist gleichwohl von einem einheitlichen Gewerbebetrieb auszugehen, wenn u. a. der Zweck der unternehmerischen, in erheblichem Umfang im Außendienst auf Provisionsbasis durchgeführten Betätigungen in allen Unternehmenszweigen in der Akquisition, der Vermittlung und Beratung von Kunden liegt, nur ein einziges einheitliches Bankkonto unterhalten wird (finanzieller Zusammenhang), jede der drei Betätigungen unter einer gemeinsamen Anschrift angemeldet und zumindest auch dort betrieben wird, gemeinsame Aufzeichnungen für die drei Tätigkeitsfelder geführt, alle Geschäftsvorfälle einheitlich gebucht und die Kosten erst nachträglich nach dem Verhältnis der Umsätze auf die einzelnen Bereiche aufgeteilt werden und wenn ferner einheitliche Anschaffungen für alle Tätigkeiten vorgenommen werden.
3. Ein finanzieller Zusammenhang unterschiedlicher Betätigungen zeigt sich gerade in einer einheitlichen Buchführung, in gemeinsamen Bankkonten und einer einheitlichen Erfolgsrechnung. Der Umstand, dass im Anschluss für jede Betätigung formell eine eigene Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG beim FA eingereicht wird, begründet für sich genommen keine getrennten Gewerbebetriebe.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1, § 5 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Aufhebung der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages 2007. Streitig ist, ob die durch den Kläger unternommene unternehmerische Betätigung (zuerst Handelsvertretung für die F.-Zeitung mit der Akquise von Anzeigekunden im Kreis S.; seit 01.01.2002 außerdem Unternehmensberatung/Versicherungsvermittlung für die Firma S. K. GmbH & Co. KG; ferner seit 01.08.2002 Werbeberatung für das Regionalfernsehen K. in S. und hierbei Akquise und Beratung von Kunden, die Werbespots in Auftrag geben) einen einheitlichen Gewerbebetrieb darstellt oder ob die drei vorgenannten Betätigungsfelder des Klägers getrennten Gewerbebetrieben zuzurechnen sind.
Der in A. ansässige Kläger betreibt seit dem 01.06.1997 ein Einzelunternehmen als Handelsvertreter in A., F.-Str.. Zum 01.06.2001 meldete er bei der Gemeinde A. die Verlegung des Gewerbebetriebes nach A., A.-Str., an. Zum 1. August 2002 meldete er unter der Betriebsstätte in A. A.-Str., einen Gewerbebetrieb mit dem Tätigkeitsfeld Werbeberatung und zum 01.01.2002 mit dem Tätigkeitsfeld Unternehmensberatung an. Auf die Vereinbarung mit S. (Blatt 54 ff. der Gerichtsakte) und den Freien-Mitarbeiter-Vertrag mit dem Regionalfernsehen K. (Blatt 58 der Gerichtsakte) wird Bezug genommen.
Der Kläger verwendete für alle drei Tätigkeitsbereiche ein einheitliches Bankkonto, nämlich das Konto Nr. A) bei der P.-Bank. Ferner verwendete der Kläger den betrieblichen Pkw, das Telefon, den Computer und die sonstige Büroausstattung in der A.-Str. in A. für alle drei unternehmerischen Tätigkeiten. Überwiegend war der Kläger für die drei unternehmerischen Tätigkeiten und die damit jeweils verbundene Kundenakquise im Außendienst tätig.
Der Kläger ermittelte die Einkünfte aus den verschiedenen Tätigkeitsbereichen einheitlich als Gewinn für die Handelsvertretung durch Einnahmeüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz. Die Gewinnermittlungen für die Werbeberatung und die Unternehmensberatung wurden sodann durch Umbuchungen der entsprechenden Erlöse und der entsprechenden anteiligen Kosten daraus erstellt. Für das Jahr 2007 gab der Kläger für die Unternehmenszweige Handelsvertretung und Unternehmensberatung jeweils eine gesonderte Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG und eine gesonderte Gewerbesteuererklärung ab. Mit den Bescheiden vom 14.05.2009 setzte das Finanzamt für die Unternehmensberatung den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 2007 auf 0 Euro und für die Handelsvertretung auf 101 Euro fest.
In der Zeit vom 24.08.2009 bis 26.11.2009 (mit Unterbrechung) führte der Beklagte eine Außenprüfung durch, die unter anderem die Überprüfung zum Gegenstand hatte, ob die verschiedenen Tätigkeitsbereiche des Klägers einen einheitlichen Gewerbeb...