Entscheidungsstichwort (Thema)
Stromsteuerentlastung. Begriff der KMU. Übernahme durch eine größere Gruppe. verbundene Unternehmen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die § 10 Abs. 3 StromStG zugrunde liegende Definition der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ist europarechtlich zu interpretieren. KMU sind nur solche im Sinne der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 06.05.2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. EU Nr. L 124 v. 20.5.2003 S. 36ff.).
2. Wenn ein KMU mit einer größeren Gruppe fusioniert oder von einer solchen erworben wird, verliert es seinen Status mit dem Tag der Transaktion.
3. Bei der Prüfung, ob der Status als KMU erfüllt ist, sind die Schwellenwerte mehrerer Unternehmen in einer Gesamtbetrachtung zusammenzurechnen, wenn die Unternehmen als „verbunden” angesehen werden können. Im Streitfall war von verbundenen Unternehmen auszugehen, da der Gesellschafterkreis aus Mitgliedern einer Familie bestand und die Unternehmen ganz oder teilweise in demselben Markt oder in benachbarten Märkten tätig waren.
Normenkette
StromStG § 10 Abs. 3 S. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung ihres Antrags vom 13.12.2016 wegen Entlastung von der Stromsteuer in Sonderfällen gemäß § 10 StromStG in Höhe von 36.382,34 EUR für das Jahr 2015. Streitig ist, ob es sich bei der Klägerin noch um ein „kleines und mittleres Unternehmen” (KMU) im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 2 StromStG handelt. Entscheidend dafür ist, ob die Klägerin als eigenständiges Unternehmen zu beurteilen ist oder ob für die Einordnung die Unternehmensgruppe X GmbH & Co. KG zu betrachten ist.
Am 23.03.2015 hatte die Klägerin den Nachweis über die Einführung eines alternativen Systems zur Verbesserung der Energieeffizienz im Sinne von § 10 Abs. 3 Satz 2 StromStG beim Beklagten eingereicht, auf den Bezug genommen wird (Blatt 106 der GA). Ferner reichte sie am 14.07.2015 und am 28.08.2015 den Vordruck „Selbsterklärung für KMU” ein (Blatt 6 und 14 der Behördenakte), ausweislich dessen folgende Daten erklärt wurden:
Geschäftsjahr |
2012 |
2013 |
2014 |
Mitarbeiterzahl |
205 |
219 |
234 |
Jahresumsatz (in 1.000 EUR) |
45.558 |
7.133 |
38.467 |
Mit Schreiben vom 20.09.2016 legte die Klägerin die Unternehmensstruktur wie folgt dar:
Bis zum 30.12.2013 war die X GmbH & Co. KG zu 100 % an der Klägerin beteiligt. Die Klägerin selbst war zu 100 % an der Y GmbH & Co. KG beteiligt.
Ab 31.12.2013 war die X GmbH & Co. KG weiterhin zu 100 % an der Klägerin beteiligt. Die Klägerin selbst war ebenfalls weiterhin zu 100 % an der Y GmbH & Co. KG beteiligt. Außerdem hielt die X GmbH & Co. KG noch 100 % der Anteile an der Xa GmbH & Co. KG, die ihrerseits jeweils 33 % an der AGmbH & Co. KG und der B GmbH & Co. KG hielt. Auf die Abbildungen zur Beteiligungsstruktur im Schreiben der Klägerin vom 20.09.2016 (Blatt 22 ff. der Behördenakte) wird Bezug genommen.
Am 28.09.2016 reichte die Klägerin beim Beklagten den Vordruck „Selbsterklärung für KMU” ein (Blatt 27 der Behördenakte), auf den Bezug genommen wird und ausweislich dessen nunmehr folgende Daten erklärt wurden:
Geschäftsjahr |
2013 |
2014 |
Mitarbeiterzahl |
219 |
241 |
Jahresumsatz (in 1.000 EUR) |
59.548 |
51.560 |
Am 13.12.2016 reichte die Klägerin beim Beklagten den Antrag auf Entlastung von der Stromsteuer nach § 10 StromStG für 2015 ein (Blatt 4 der Behördenakte).
Mit Bescheid vom 15.12.2016 (Blatt 1 ff. der Behördenakte) wurde der Antrag auf Steuerentlastung nach § 10 StromStG für das Kalenderjahr 2015 abgelehnt, weil die Voraussetzungen nach § 10 Abs. 3 StromStG nicht vorlägen, da die für die Einstufung als KMU maßgeblichen Kriterien in zwei aufeinander folgenden Kalenderjahren nicht erfüllt worden seien.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Die Klägerin betreibe zum einen ein alternatives System zur Verbesserung der Energieeffizienz im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 2 StromStG. Zum anderen handele es sich bei ihr um ein KMU. Durch die Einspruchsentscheidung vom 10.07.2017 (Blatt 110 ff. der Behördenakte) wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der gerichtlichen Verfügung vom 24.09.2019 wurde die Klägerin aufgefordert, innerhalb einer Ausschlussfrist gemäß § 79 b Abs. 2 FGO bis zum 25.10.2019 darzulegen und nachzuweisen, dass sie die Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 StromStG erfüllt. Auf die gerichtliche Verfügung vom 24.09.2019 (Blatt 99 der GA) wird Bezug genommen.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass das HZA sie zu Unrecht nicht als kleines bzw. mittleres Unternehmen (KMU) eingeordnet habe. Der Beklagte gehe dabei unzutreffend davon aus, dass die Kriterien für ein KMU durch die Empfehlung 2003/361/EG definiert würden. Zwar seien Empfehlungen Rechtsakte der EU und als solche Bestandteil des unionsrechtlichen Sekundärrechts. Empfehlungen seien aber als nicht rechtsverbindliche Rechtsakte definiert, Art. 288 AEUV. Überdies stamme die Empfehlung 2003/361/EG vom 06.05.2003 und dürfe daher der...