rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachliche Verflechtung bei Überlassung eines Grundstücks ohne Nutzungsentgelt. keine Berücksichtigung gesondert festzustellender Besteuerungsgrundlagen im Einkommensteuerbescheid im Schätzungswege, wenn diese keinen Eingang in die gesonderte Feststellung der Einkünfte gefunden haben
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine sachliche Verflechtung als Voraussetzung einer Betriebsaufspaltung besteht auch dann, wenn der Betriebskapitalgesellschaft ein Grundstück zwar ohne Nutzungsentgelt, aber gegen Übernahme der Betriebskosten zur betrieblichen Nutzung überlassen wird.
2. Verdeckte Gewinnausschüttungen können nicht als Teil der gewerblichen Einkünfte aus dem Besitzunternehmen nach § 155 Abs. 2 AO im Schätzungswege bei der Einkommensteuerfestsetzung zugrunde gelegt werden, wenn sie keinen Eingang in die von dem Betriebsfinanzamt durchgeführte gesonderte Gewinnfeststellung gefunden haben.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1; AO § 182 Abs. 1, § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. b, § 155 Abs. 2
Tenor
Der geänderte Einkommensteuerbescheid 2011 vom 03.05.2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.05.2021 wird dahingehend geändert, dass die Einkommensteuer auf 0 EUR herabgesetzt wird. Die geänderten Bescheide über Einkommensteuer 2012, 2013 und 2015 jeweils vom 19.11.2020 und über Einkommensteuer 2014 und den Gewerbesteuermessbetrag 2012 bis 2014 jeweils vom 20.05.2020 in Gestalt der zusammengefassten Einspruchsentscheidung vom 10.05.2021 werden dahingehend geändert, dass Kapitalerträge aus verdeckten Gewinnausschüttungen der A. GmbH nicht berücksichtigt werden.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist zuletzt zum einen, ob der Beklagte der Einkommensteuerfestsetzung 2011 die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften um 23.874 Euro erhöht zugrunde legen durfte. Zum anderen ist noch streitig, ob verdeckte Gewinnausschüttungen, die unstreitig aufgrund einer Betreibsaufspaltung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG gesondert festzustellen sind (statt sie wie bisher als nach § 32d Abs. 1 EStG zu versteuernde Kapitalerträge den Einkommensteuerfestsetzungen 2012 bis 2015 unmittelbar zugrunde zu legen), im Vorgriff auf eine entsprechende Änderung der Feststellungsbescheide 2011 bis 2015 gemäß § 155 Abs. 2 AO im Schätzungswege berücksichtigt werden können.
Der Kläger war Eigentümer verschiedener Waldgrundstücke im Land S.. Aufgrund dessen erließ das Finanzamt W. für die Veranlagungszeiträume bis 2012 Bescheide über die gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Forstwirtschaft. Nach dem der Kläger in einem dort geführten Einspruchsverfahren unter dem 05.11.2013 geltend gemacht hatte, dass die Erlöse aus dem Verkauf eines Teils der Grundstücke nur die Anschaffungskosten einigermäßen abdecken hätten können und ihm möglicherweise noch weitere Kosten aufgrund von Wiederaufforstungspflichten nach unerlaubtem Holzeinschlag entstünden, änderte das Finanzamt W. unter dem 28.11.2013 den Bescheid über die gesonderte Feststellung 2011 und stellte die Einkünfte des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft mit 0,00 Euro fest. Im Veranlagungsverfahren wegen Einkommensteuer 2011 ermittelte der Beklagte aufgrund der Grundstücksverkäufe in S. einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 31.771 Euro und legte diesen als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften der Einkommensteuerfestsetzung 2011 mit Bescheid vom 11.09.2014 zugrunde.
Ferner war der Kläger Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer der A. GmbH. Die A. GmbH firmierte bis zum 20.11.2013 als G. GmbH. Geschäftszweck war die Herstellung und der Vertrieb von Schneeketten für Großfahrzeuge. Der Kläger hatte für die A. GmbH insgesamt fünf Patente zur Verbesserung der Sicherheit von Schneeketten entwickelt.
Die Produktionsstätte der A. GmbH befand sich auf dem Grundstück A.-Straße in L., das ihr vom Kläger aufgrund eines am 01.10.2010 in L. unterzeichnetem Mietvertrags zur Nutzung überlassen wurde. Der monatliche Mietzins inklusive Nebenkosten betrug 2.450 Euro zuzüglich Umsatzsteuer. Ungeachtet dessen wurden die Betriebskosten für das Grundstück in L. gemäß ihren Jahresabschlüssen bis einschließlich 2015 von der A. GmbH unmittelbar getragen und als Aufwendungen verbucht. Bei dem Hauptgebäude auf dem Produktionsgrundstück in L. handelte es sich um die ehemalige Fahrzeughalle mit Büro-, Sozial- und Sanitärräumen einer Straßenmeisterei. Daneben befanden sich Schuppen und befestigte Parkflächen auf dem Grundstück.
Die Geschäftsanschrift der A. GmbH war die M.-Str. in P.. Dort war mit S. ihr einziger Arbeitnehmer, für den Lohnsteuer einbehalten und abgeführt wurde, als Bürokaufmann und Vertriebsmitarbeiter in einem im Erdges...