Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug eines Einzelhändlers, dem auf bei einem Großhändler getätigte Wareneinkäufe Rabatte unmittelbar vom Hersteller gewährt werden
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Rabatt, der einem Einzelhändler auf bei einem Großhändler getätigte Wareneinkäufe unmittelbar vom Hersteller gewährt wird, mindert die Vorsteuerabzugsberechtigung des Einzelhändlers und lässt den Vorsteuerabzug des Großhändlers unverändert.
2. Darin liegt kein Verstoß gegen das mehrwertsteuerrechtliche Neutralitätsgebot.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 17 Abs. 1; EWGRL 388/77
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Vorsteuer des Einzelhändlers zu berichtigen ist, wenn er – nicht jedoch der Großhändler – einen Rabatt durch den Hersteller als seinem Vor-Lieferanten erhält.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie befasst sich mit der Planung und Herstellung von Kommunikationsnetzen. Mit den Firmen A, B, C und D bildete die Klägerin eine Einkaufsgemeinschaft für den Erwerb von Erzeugnissen der in dem Vereinigten Königreich ansässigen Firma X Ltd. (nachfolgend: – die Herstellerin –). Die Gesellschaften der Einkaufsgemeinschaften kauften die Produkte bei verschiedenen Großhändlern in Deutschland. Die Klägerin erwarb die Produkte unter Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs. Die Herstellerin X Ltd. zahlte einen Rabatt für die Einkäufe aller vier Gesellschaften der Einkaufsgemeinschaften quartalsweise an die A aus. Die A ermittelte dann den Anteil jeder Gesellschaft der Einkaufsgemeinschaft anhand der jeweiligen Einkäufe und leitete die Rabatte entsprechend an diese Gesellschaften weiter.
Die Klägerin gab in ihrer Umsatzsteuererklärung unter anderem steuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe mit einer Bemessungsgrundlage von – 43.718 EUR und einer Umsatzsteuer von – 6.994,88 EUR sowie Vorsteuerbeträge aus innergemeinschaftlichen Erwerben von – 6.994,88 EUR an. Es ergab sich eine Umsatzsteuer für 2006 von 119.470,19 EUR. Die Klägerin erläuterte die Entstehung eines negativen Wertes bei den innergemeinschaftlichen Erwerben damit, dass sie Waren der Herstellerin unter Erteilung von Bonusgutschriften erhalten habe. Diese Boni seien, da direkt von der Herstellerin mittels Gutschrift abgerechnet, als Minderung des Wareneinkaufs erfasst worden. Wegen der direkten Abrechnung durch die britische Herstellerin seien sie bei der Klägerin als negative innergemeinschaftliche Erwerbe ausgewiesen worden. (vgl. Blatt 3 f. der Umsatzsteuerakte).
Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) führte bei der Klägerin eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch. In dem Bericht vom 12. Dezember 2007 stellte die Prüferin fest, dass die Rabattzahlungen der X Ltd. das von der Einkaufsgemeinschaft entrichtete Entgelt verringerten im Sinne von § 17 Abs. 1 UStG. Die Prüferin nahm für Rabattzahlungen an die Klägerin im Jahr 2006 in Höhe von 43.718,02 EUR eine Vorsteuerkürzung von 6.030,08 EUR vor (vgl. Blatt 6 der Akten der Prüfung). Das FA erhöhte unter Verweis auf die Feststellungen der Prüfung die Umsatzsteuer 2006 nach § 164 Abs. 2 AO mit Bescheid vom 4. März 2008 auf 128.714,31 EUR (vgl. Blatt 58 f. der Rechtsbehelfsakte).
Hiergegen richtete sich der Einspruch der Klägerin vom 10. März 2008. Neben Fragen aus der steuerrechtlichen Behandlung der Einkaufsgemeinschaft, die mittlerweile nicht mehr streitig sind, wandte sich die Klägerin gegen die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der von der X Ltd. an die Klägerin gewährten Rabatte. Die in dem Vereinigten Königreich ansässige Herstellerin treffe für die vorgenommenen innergemeinschaftlichen Lieferungen wegen der gewährten Rabatte die Pflicht zur nachträglichen Minderung ihrer Bemessungsgrundlage. Auch der unmittelbar Begünstigte des Rabatts müsse eine gleichlautende Korrektur seiner Bemessungsgrundlagen vornehmen, da der vorgeschaltete Leistungsempfänger davon ausgeschlossen sei. Die von dem Hersteller gewährten Rabatte stellten Minderungen des Nettoentgelts dar. Vorsteuer und Umsatzsteuer seien entsprechend zu berichtigen. Deshalb seien die Rabatte von der Klägerin als negative innergemeinschaftliche Erwerbe erklärt worden.
Die Handhabung des Streitfalles durch das FA führe zu einer Verletzung des mehrwertsteuerrechtlichen Neutralitätsgrundsatzes. Denn das Vorgehen des FA bewirke die Entstehung einer mit diesem Prinzip in Konflikt stehenden Mehrsteuer. Würde der Rabatt von dem Hersteller über den Großhändler an die Klägerin weitergereicht worden sein, so hätte die Neutralität dadurch erreicht werden können, dass Hersteller, Großhändler und Klägerin ihre Bemessungsgrundlagen für Lieferung und Vorsteuer entsprechend zu berichtigen gehabt hätten. Werde der Rabatt jedoch – wie im Streitfall – direkt vom Hersteller unter Umgehung des Großhändlers an den Einzelhändler gewährt, so nehme der Großhän...