Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufnahme eines Studenten mit Hauptwohnsitz am Studienort in den Haushalt seiner Mutter i. S. des § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG. Familienleistungsausgleich
Leitsatz (amtlich)
Ein Student, der am Studienort zusammen mit Kommilitonen in Form einer Wohngemeinschaft eine Wohnung gemietet hat, kann auch dann, wenn er seinen Hauptwohnsitz dorthin umgemeldet hat, im Haushalt seiner Mutter aufgenommen sein, wenn ihm in der mütterlichen Wohnung ein Zimmer samt eigenem Bad zur Verfügung steht und er regelmäßig an den Wochenenden und in der vorlesungsfreien Zeit, sofern er nicht durch Ferienarbeit gebunden ist, dorthin zurückkehrt.
Normenkette
EStG § 64 Abs. 2 S. 1
Tenor
Der Bescheid vom 01.11.2001 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.02.2002 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist die Frage, ob der Sohn der Klägerin, R., im Haushalt der Klägerin aufgenommen ist.
Der am 07.07.1979 geborene Sohn der Klägerin, R., lebte zunächst unstreitig in deren Haushalt in P.. Der Vater von R., der Beigeladene, zahlte dem Kind eine Unterhaltsrente. Seit Oktober 1999 studierte R. in D.. Zunächst fuhr er täglich von P. nach D. und wieder zurück. Ab dem 01.04.2000 mietete er zusammen mit zwei Kommilitonen in Form einer Wohngemeinschaft eine Wohnung in D.. Im Sommer 2001 teilte R. der Klägerin mit, dass er seinen Hauptwohnsitz nach D. ummelden wolle, weil dort die Stadt eine Umzugskostenbeihilfe in Höhe von 500 DM gewähre. Die Klägerin erkundigte sich wegen der Familienversicherungen für R. und erhielt die Auskunft, dass ein Wohnsitz in D. unschädlich sei Daraufhin meldete R. mit Wirkung vom 25.09.2001 die Wohngemeinschaft als seinen Hauptwohnsitz bei der zuständigen Meldebehörde an.
Seine Wochenenden verbrachte R. auch nach seinem Einzug in die Wohngemeinschaft und der Ummeldung seines Hauptwohnsitzes nach D. bei der Klägerin in P. Er kam zumeist Freitag Abend oder Samstag Morgen nach der Disco in die mütterliche Wohnung, wo ihm nach wie vor sein Kinderzimmer im Dachgeschoss samt eigenem Bad zur Verfügung stand. Das Zimmer war möbliert und R. hatte dort Kleidungsstücke für etwa zwei Tage. Ferner bewahrte er in dem Zimmer seine Sportgeräte, wie z. B. seine Snowboards, seine Inlineskats und seine Motorradkleidung auf. Seine Musikanlage samt CD's und seinen Computer hatte er ebenso in Dresden wie den Großteil seiner persönlichen Dinge. Bücher besaß er keine. Seine Wäsche wusch R. in seiner Wohngemeinschaft mit Ausnahme gewisser empfindlicher oder zu flickender Kleidungsstücke, die er der Mutter mitbrachte. Er hatte keine Freundin und weder in D. noch in P. irgendwelche Vereinsmitgliedschaften. Sein Freundeskreis verteilte sich zwischen D. und P.. Am Samstag Morgen besuchte R. regelmäßig seinen Vater und half ihm auf seinem Grundstück in O. in der Nähe von P.. Zum Mittagessen kehrte er zur Klägerin zurück und ruhte danach meistens in seinem Zimmer aus. Am Samstag Abend ging er überwiegend mit Freunden aus P. in D. aus und kehrte anschließend in seine Wohngemeinschaft zurück. In den Semesterferien verbracht er zumeist mehr Zeit in P.; in den Semesterferien im Herbst 2001 und im März 2002 arbeitete er allerdings bei der Firma N. in D. und wohnte währenddessen in seiner Wohngemeinschaft.
Nachdem der Beklagte von der Ummeldung des Hauptwohnsitzes des Kindes R. erfuhr, hob er nach Anhörung der Klägerin und des Kindes mit Bescheid vom 01.11.2001 die Kindergeldfestsetzung zugunsten der Klägerin ab Oktober 2001 auf. Der dagegen gerichtete Einspruch der Klägerin vom 04.11.2001 wurde mit Einspruchsentscheidung vom 04.02.2002 als unbegründet zurückgewiesen, nachdem R. im Einspruchsverfahren erklärt hatte, er werde nach der Beendigung seines Studiums nicht in den Haushalt der Klägerin zurückkehren.
Am 04.03.2002 hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie bringt vor, dass ihr Sohn nach wie vor an den Wochenenden und in den Semesterferien in ihrem Haushalt lebe. Er sei noch immer über sie bzw. ihren Ehemann kranken- und haftpflichtversichert. Sie zahle auch seine private Unfallversicherung, unterstütze ihn finanziell und beköstige ihn.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 01.11.2001 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.02.2002 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur mündlichen Verhandlung am 25.09.2002 sind der Beklagte und der Beigeladene jeweils mit Ladung vom 26.08.2002, die jeweils am 28.08.2002 zugestellt worden ist, mit dem Hinweis geladen worden, dass auch bei Ausbleiben eines Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann. Sowohl für den Beklagten als auch für den Beigeladenen ist in der mündlich...