Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Rückstellung wegen künftigen Rückbaus von stillgelegten Fernwärmeversorgungsleitungen auf Grundstücken ehemaliger Kunden, wenn bisher Beseitigungsansprüche nicht geltend gemacht wurden
Leitsatz (redaktionell)
Ein Energieversorgungsunternehmen kann wegen einer geltend gemachten Pflicht zur Entfernung stillgelegter Versorgungsleitungen auf fremden Kunden-Grundstücken keine Rückstellung bilden, wenn es gegenüber den Grundstückseigentümern nicht vertraglich zum Rückbau verpflichtet ist, mit ihnen auch keinen Miet-, Pacht- oder Leihvertrag geschlossen, sondern die Leitungen aufgrund eines gesetzlichen Nutzungsrechts nach § 8 AVBFernwärmeV verlegt hatte, wenn bislang kein einziger betroffener Grundstückseigentümer tatsächlich den Rückbau verlangt hat, auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass das Versorgungsunternehmen in absehbarer Zeit mit einer Inanspruchnahme durch die Grundstückseigentümer auf Rückbau ernsthaft rechnen müsste, und wenn zudem auch die Höhe der gebildeten Rückstellung nicht substantiiert dargetan wird. Es besteht keine rückstellungsfähige öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Entfernung stillgelegter Versorgungsleitungen, insbesondere aus § 8 AVBFernmärmeV oder den Regelungen des Grundbuchbereinigungsgesetzes (GBBerG) lässt sich eine solche nicht herleiten (Anschluss an Sächsisches FG v. 28.7.2009, 1 K 2/05).
Normenkette
EStG § 5 Abs. 1 S. 1; HGB § 249 Abs. 1 S. 1; BGB §§ 556, 903 S. 1, § 1004 Abs. 1 S. 1, Abs. 2; AVBFernwärmeV § 8 Abs. 4; GBBerG §§ 8-9
Tenor
1. Nach Klagerücknahme wird das Verfahren wegen der gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 27 KStG für 2007 gemäß § 72 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung eingestellt.
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreites.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzungen wegen Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag, jeweils den Veranlagungszeitraum 2007 betreffend. Streitig ist die im Streitjahr von der Klägerin begehrte „Rückstellung für Entfernungsverpflichtungen” für Leitungsanlagen zur Versorgung von Verbrauchern mit Fernwärme nach Beendigung der Versorgung bzw. Stilllegung.
Die Klägerin ist eine GmbH mit dem Unternehmensgegenstand Energieversorgung. Für 2,1 km des 14 km langen Fernwärmenetzes der Klägerin wurde erstmals in der Bilanz zum 31.12.2007 gewinnwirksam eine Rückstellung für Entfernungsverpflichtungen in Höhe von 621.600 EUR gebildet (dazu Betriebsprüfungsakte I, Blatt 116 ff). Es handelt sich hierbei um Leitungen bei Fernwärmekunden, mit denen keine vertraglichen Regelungen zur Entfernung dieser Leitungen nach deren Stilllegung getroffen wurden. Der Wert der Rückstellung basiert auf dem von der Klägerin geschätzten Rückbaubedarf (= 15 % = 2,1 km des 14 km Trassenlänge umfassenden Netzes). Die durchschnittlichen Kosten für den Rückbau betragen nach Angaben der Klägerin 296 EUR / Meter. Die berechneten Kosten ergeben sich aus einer Aufstellung des erfolgten Rückbaus von Trassen der Jahre 2003 und 2005. Der Rückbau in diesen Zeiträumen umfasste ca. 185 TEUR für ca. 625 Meter Leitungslänge. Viele Leitungen waren am Bilanzstichtag bereits mehr als 10 Jahre stillgelegt (dazu auch Protokoll zur Schlussbesprechung vom 02.07.2009, dort Ziffer 5, Betriebsprüfungsakte III, Blatt 647).
Mit E-Mail vom 30.03.2009 (Betriebsprüfungsakte I, Blatt 142) forderte die Betriebsprüfung die Klägerin insbesondere zur Vorlage von exemplarischen Fernwärmelieferverträgen und Verträgen zur Nutzung von Grundstücken von Nichtkunden auf. Daraufhin legte die Klägerin mit Schreiben vom 28.05.2009 u. a. eine „Übersicht Grundstücksbenutzung für Fernwärmeanlagen” (Betriebsprüfungsakte I, Blatt 149 ff), einen Wärmelieferungsvertrag vom 23.05.2007 (Betriebsprüfungsakte I, Blatt 157 ff) und zwei Wärmelieferungsverträge vom 22.09.1998 (Betriebsprüfungsakte I, Blatt 164 ff.) vor.
Nach der Betriebsprüfung für die Jahre 2004 bis 2007 und in der Folge des Betriebsprüfungsberichtes vom 07.07.2009 (Betriebsprüfungsakte III, nach Blatt 665, Tz. 1.8) erkannte der Beklagte die Rückstellung nicht an und begründete dies damit, dass der Grundstückseigentümer nach § 8 Abs. 4 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) auch nach Einstellung des Fernwärmebezugs für 5 Jahre die Anlagen zu dulden habe und im Übrigen auch keine gesetzliche Verpflichtung zur Entfernung bestanden habe. Auf den Prüfungsbericht vom 07.07.2009 und die Änderungsbescheide vom 18.08.2009 zur Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag, jeweils den Veranlagungszeitraum 2007 betreffend, wird Bezug genommen. In der Teil-Einspruchsentscheidung vom 16.02.2012, die Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag, jeweils den Veranlagungszeitraum 2007 betreffend, wurde u. a. die Körperschaftsteuer 2007 auf 274.449 EUR und der Gewerbesteuermessbetrag 2007 auf 54.850 EUR festgesetzt und im übrigen der Einspruch als unbegrü...