Bilanzielle Behandlung des Leasing-Restwertmodells

Hintergrund: Gesetzliche Regelung
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG hat eine Kapitalgesellschaft in ihren Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Ist eine Verbindlichkeit nach handelsbilanziellen Grundsätzen zu bilanzieren, gilt dieses Passivierungsgebot mithin auch für die Steuerbilanz.
Sachverhalt: Leasing-Restwertmodell
Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, die bis zu ihrem Rechtsformwechsel am 4.10.2022 als X GmbH firmierte. Gegenstand ihres Unternehmens ist unter anderem der Handel mit Kraftfahrzeugen (Kfz) sowie der Abschluss von Leasingverträgen.
Im Jahr 2009 hat der Automobilproduzent A ein Leasing-Restwertmodell eingeführt. Im Rahmen dieses Modells vermittelte der Kfz-Händler im Wege eines Leasingvertrags das Kfz an den Leasingnehmer und veräußerte dieses zugleich an die Leasinggesellschaft B. Der Kfz-Händler verpflichtete sich hierbei, das Leasingfahrzeug am Ende der Leasinglaufzeit zu einem bereits zu Beginn des Leasings mit B vereinbarten Kaufpreis zurückzunehmen. Gegen die Zusage, einen von der gewählten Risikostufe abhängigen sogenannten Beteiligungsbetrag an A zu leisten, konnte der Kfz-Händler am Leasingvertragsende eine Ausgleichszahlung erhalten, wenn der zu Beginn des Leasings zwischen dem Kfz-Händler und B vereinbarte Restwert, der dem Rücknahmepreis entsprach, höher als der tatsächliche Wert des Kfz am Ende der Leasinglaufzeit war (sogenannte Restwert-Absicherung).
Der Beteiligungsbetrag des Kfz-Händlers für die Übernahme der Restwert-Absicherung durch A wurde am Leasingvertragsende fällig. Der Kfz-Händler konnte den Umfang der Beteiligung der A am Restwertrisiko durch die Wahl einer Risikostufe selbst bestimmen. Die Höhe des Beteiligungsbetrags zur Restwert-Absicherung legte A zu Beginn der jeweiligen Leasinglaufzeit durch ein sogenanntes Info-Schreiben fest.
Die Klägerin nahm am Leasing-Restwertmodell der A teil und sicherte den Restwert der Kfz, die sie von B zurückzunehmen hatte, zu 100 % ab. Den Beteiligungsbetrag stellte die Klägerin zu Beginn der jeweiligen Leasinglaufzeit gewinnmindernd als Verbindlichkeit ein. Nach Ablauf des Leasingvertrags und Erhalt einer Endrechnung löste sie diese Verbindlichkeit auf.
Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, die Verbindlichkeit "Restwertabsicherung" zum 31.12.2013 sei gewinnerhöhend aufzulösen. Eine Verbindlichkeit seitens der Klägerin entstehe erst im Zeitpunkt des Erhalts der Endrechnung, also nach Ablauf des Leasingvertrags. Der am Ende der Laufzeit bei Rückerwerb des Kfz zu leistende Beteiligungsbetrag werde für das zurückerworbene Kfz gezahlt und sei deshalb dessen Anschaffungskosten im Sinne des § 255 Abs. 1 HGB zuzuordnen. Im Zeitpunkt des Erhalts des Info-Schreibens über die Höhe des Beteiligungsbetrags sei keine Verbindlichkeit einzustellen. Nach § 5 Abs. 4b Satz 1 EStG sei die Bildung einer Rückstellung ausgeschlossen. Ein Betriebsausgabenabzug komme nicht in Betracht.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg
Der Einspruch gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2013 hatte keinen Erfolg. Das FG wies die dagegen eingelegte Klage ab. Der von der Klägerin für die Restwertabsicherung zu zahlende Beteiligungsbetrag gehöre im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG gemäß § 255 HGB zu den Anschaffungskosten des von der Leasinggesellschaft zurückerworbenen Kfz. Dieser Betrag sei gemäß § 5 Abs. 4b Satz 1 EStG nicht rückstellungsfähig.
Entscheidung: BFH hält die Revision für unbegründet
Der BFH hat die Revision der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Das FG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Hierzu führten die Richter u.a. aus:
- Die Verpflichtung zur Zahlung der Beteiligungsbeträge ist weder als Verbindlichkeit auszuweisen noch ist für sie eine Rückstellung zu bilden.
- Für die Passivierung einer Verbindlichkeit im Jahr des Abschlusses der Restwertvereinbarung fehlt es an einer rechtlichen Verpflichtung, da die Klägerin zu Beginn des Leasingvertrags (noch) nicht zu einer dem Inhalt und der Höhe nach bestimmten Leistung verpflichtet war, die von A am Ende der Leasinglaufzeit hätte erzwungen werden können. Die Entrichtung des Beteiligungsbetrags war vom Rückerwerb des Leasingfahrzeugs abhängig. Er war nur zu zahlen, falls B, der Leasinggeber, sein Rückgaberecht ausübte und die Klägerin das Kfz tatsächlich zurücknehmen musste. Ist die Verpflichtung ‑ wie hier ‑ von dem Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängig, kann keine Bilanzierung einer gewissen Verbindlichkeit erfolgen
- Für die Beteiligungsbeträge, die die Klägerin im Falle und im Zeitpunkt des Rückerwebs der Leasingfahrzeuge an A zu entrichten hatte, ist auch keine Rückstellung zu bilden. Denn dem bilanziellen Ausweis der aufschiebend bedingten Verpflichtung, an A die festgelegten Beteiligungsbeiträge beim Rückerwerb der Leasingfahrzeuge zu entrichten, stehen die Grundsätze der (Nicht-)Bilanzierung schwebender Geschäfte entgegen, ohne dass es noch auf die steuerrechtliche Sonderregelung des § 5 Abs. 4b EStG ankäme. Schwebende Geschäfte sind gegenseitige, auf Leistungsaustausch gerichtete Verträge im Sinne der §§ 320 ff. BGB, die von der zur Sach- oder Dienstleistung verpflichteten Partei noch nicht voll erfüllt sind.
BFH, Urteil v. 13.9.2023, XI R 20/20; veröffentlicht am 8.2.2024
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