Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitpunkt der Berichtigung des Vorsteuerabzugs. Umsatzsteuer 1992
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Vorsteuerabzug ist zu berichtigen, wenn der Steuerpflichtige objektiv zahlungsunfähig und nicht in der Lage ist, die Forderung des Lieferanten zu erfüllen. Die Berichtigung berührt die Steuer desjenigen Veranlagungszeitraums, in den die Änderung der Bemessungsgrundlage fällt. Erneute Änderungen in späteren Veranlagungszeiträumen sind insoweit nicht von Bedeutung.
2. Die Verpflichtung des Schuldners zur Vorsteuerberichtigung ergibt sich allein aus dem Gesetz und ist nicht von der vollzogenen Umsatzsteuerberichtigung durch den Lieferanten abhängig.
Normenkette
UStG 1991 § 17 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 1 S. 3
Nachgehend
BFH (Aktenzeichen V B 60/03) |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Klägerin im Streitjahr 1992 zur Berichtigung des Vorsteuerabzuges verpflichtet ist.
Die Klägerin hatte in den Jahren 1990 und 1991 Warenlieferungen von der C. GmbH (im weiteren: Lieferantin) für 875.393,97 DM einschließlich 107.504,53 DM Umsatzsteuer bezogen. Die Umsatzsteuer war im jeweiligen Voranmeldungszeitraum gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 15 Abs. 2 UStG als Vorsteuer in Abzug gebracht worden. Aufgrund von Liquiditätsschwierigkeiten bei der Klägerin waren die Rechnungen nicht beglichen worden. Die Verbindlichkeiten gegenüber der Lieferantin wurden in den Jahresabschlüssen der Klägerin zum 31. Dezember 1992 und 31. Dezember 1993 als Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen ausgewiesen. Mit Beschluß der Gesellschafterin der Klägerin, der S. B. AG i.L., F., vom 24. August 1994 wurde die Liquidation über das Vermögen der Klägerin zum 01. September 1994 beschlossen. Die Liquidationseröffnungsbilanz zum 01. September 1994 sowie die folgenden Liquidationszwischenabschlüsse zum 31. Dezember 1994, 31. Dezember 1995 und zum 31. Dezember 1996 enthielten jeweils die Verbindlichkeit gegenüber der Lieferantin sowie eine Rückstellung für ggf. zu zahlende Verspätungszinsen von DM 130.000,00.
Über die Tilgung der Verbindlichkeiten der Klägerin fand am 20. August 1992 ein Gespräch zwischen der Geschäftsführung der Lieferantin und der Muttergesellschaft der Klägerin statt:
„Das Gespräch wurde geführt, um grundsätzliche Positionen beider Partner zu den außenstehenden Forderungen der C. aus Warenlieferungen gegenüber der S.B. AG im Jahre 1991 zu klären. Durch die C. wurde die Rechtsposition, die sich aus den im Jahre 1991 bereits notariell beurkundeten Sicherheitsleistungen der S.B. AG in Form von Immobilien ergibt, eindeutig dargelegt. Die Besicherung der Forderungen der C. gegenüber der S.B. AG wurde seinerzeit durch massive Einflußnahme verhindert. Unter anderem wurde die in der notariellen Urkunde vom Vorstand der S.B. AG zugesagte Unterschriftsleistung der GmbH Geschäftsführer zu einer Übereignung von Immobilien an die C. durch den Aufsichtsrat ausdrücklich untersagt. Die Geschäftsführung der C. wurde zum damaligen Zeitpunkt im guten Glauben gelassen, daß Bezahlung bzw. Besicherung bereits gelieferter Ware erfolgen wird.
Aufgrund dieser Tatbestände fordert die Geschäftsleitung der C, daß ihre Forderungen an die S.B. AG beglichen werden, bevor im Rahmen der Liquidation andere Gläubiger bedient werden. Herr O. erklärte dazu, daß aufgrund des Beschlusses der X. zur Liquidation der S.B. AG und bei Gegenrechnung der Kosten der Liquidation an die Gläubiger nur eine Quote von 5% ihrer Forderungen ausgezahlt werden kann, die sich nach neuesten Erkenntnissen sogar noch auf ca. 1% verringern wird. Hauptgläubiger der S.B. AG seien die Y-bank AG mit 192 Mio. DM (aus Altkrediten) und die C. mit ca. 14 Mio. DM. Herr O. erkannte grundsätzlich den Anspruch der C. auf Zahlung der 14 Mio. DM an, erklärte aber gleichzeitig, daß im Rahmen der Liquidation der S.B. AG die Bereitstellung von finanziellen Mitteln über die ermittelte Quote hinaus nur durch den gemeinsamen Gesellschafter beider Unternehmen, die Treuhandanstalt Z., erfolgen kann.
Mit einer Quote von 1–5 % kann sich die Geschäftsführung der C. nicht einverstanden erklären, da in diesem Falle eine vollständige Tilgung ihrer Altkredite gegenüber der Deutschen Kreditbank AG nicht möglich sein wird und somit eine Überschuldung droht. Eine Vergleichsquote von unter 40 % kann die C. aus existentiellen Gründen nicht akzeptieren. Die C. fordert aufgrund ihrer besonderen Stellung gegenüber der S.B. AG aufhellende Informationen zur endgültigen Klärung der Rechtslage im Jahre 1991 sowie weitergehende Informationen zur aktuellen Geschäftslage der S.B. AG. Dazu gehören vor allem zeitnahe Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Aufsichtsratsprotokolle, die die Zusicherung der Bezahlung der offenen Rechnungen bzw. eine grundschuldmäßige Besicherung der Außenstände gegenüber der C. zum Inhalt hatten. Es wurde abschließend vereinbart, daß beide Parteien nochmals mit den für sie zuständigen Stellen der X. Rücks...