Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigentum zum Zeitpunkt der Aufwendungen nicht Voraussetzung für Sonderabschreibung nach §§ 3, 4 Fördergebietsgesetz. Einkommensteuer 1996
Leitsatz (redaktionell)
Es ist nicht Voraussetzung einer Inanspruchnahme einer Sonderabschreibung nach dem Fördergebietsgesetz, dass zum Zeitpunkt der Vornahme der geltend gemachten Aufwendungen der Steuerpflichtige zivilrechtliches oder jedenfalls wirtschaftliches Eigentum i.S. von § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO an dem der Abschreibung unterliegenden Wirtschaftsgut innehat (hier: Modernisierungsmaßnahmen nach § 3 Satz 1 FördG an einem Gebäude).
Normenkette
AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1; FördG § 3 S. 2 Nr. 3; EStG §§ 21, 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7; FördG § 4 Abs. 2 Nr. 1, § 3 S. 1
Tenor
I. Der Einkommensteuerbescheid der Kläger für 1996 vom 01.07.1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.06.1999 wird insoweit abgeändert, als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bei beiden Klägern in Höhe von insgesamt 16.348 DM berücksichtigt werden.
Die Berechnung der Einkommensteuer, des Zinses und des Solidaritätszuschlags wird dem Beklagten übertragen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung abzuwenden, wenn nicht die Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Berechtigung zur Sonderabschreibung von Aufwendungen für Baumaßnahmen an einem Haus nach § 3 des Fördergebietsgesetzes (FördG).
Die Klägerin und der Kläger sind Ehegatten und werden von dem Beklagten (dem Finanzamt -FA-) gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr 1996 erzielten die Kläger Einkünfte aus selbständiger und unselbständiger Arbeit, aus Kapital sowie aus Vermietung und Verpachtung. Am 05.04.1995 schlossen die Kläger (bezeichnet als: der Erwerber) mit der Mutter des Klägers (nachfolgend: der Veräußerin) einen notariellen Kaufvertrag über ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück in und erklärten die Auflassung des Grundstücks. Als Kaufpreis wurden 90.000 DM festgelegt. Der Kaufpreis war einen Monat nach Eigentumsumschreibung zu zahlen (§ 2 Ziffer 3 des Vertrages, Bl. 6 der FG-Akte). Nach § 5 des Vertrages wurde der Veräußerin ein Wohnrecht eingeräumt. Das Wohnrecht sollte entgeltlich sein. Es wurde eine ortsübliche Miete von monatlich 450 DM sowie Nebenkosten von monatlich 300 DM festgelegt. Unter § 7 regelten die Vertragsparteien:
„§ 7 Übergabe
- Besitz, Nutzung, Lasten und Gefahren einschließlich der Verkehrssicherungspflicht gehen am Übergabestichtag auf den Erwerber über. Als Übergabestichtag wird der auf die Kaufpreiszahlung folgende Monatserste vereinbart.
- Der Veräußerer erklärt, daß der Vertragsgrundbesitz nicht vermietet oder verpachtet ist.
- Der Erwerber wird ausdrücklich bevollmächtigt, ab dem Übergabestichtag in allen die Verwaltung des Vertragsgegenstandes betreffenden Angelegenheiten zu handeln.
- Wird der Vertrag aus Gründen nicht durchgeführt, die der Veräußerer nicht verschuldet hat, hat der Erwerber keinen Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen.
Der Erwerber haftet vielmehr dem Veräußerer für etwaige Schäden seiner Verwaltung bzw. die Folge von Bauarbeiten. (…)” (Bl. 11 f der FG-Akte).
Nach Abschluss des notariellen Vertrages am 05.04.1995 erbrachten die Kläger Bauleistungen an dem Wohnhaus, um dieses in Zukunft vermieten zu können. Im Jahr 1995 beliefen sich diese Aufwendungen insbesondere für Fenster, eine Tür und Aufwendungen für Malerarbeiten auf 12.302,28 DM (s. Auflistung Bl. 7 der ESt-Akte 1995). Im Jahr 1996 tätigten die Kläger für den Einbau von 18 Fenstern, Baustoffe, Werkzeuge und Fahrtkosten insgesamt Aufwendungen an dem Haus in Höhe von 20.393,33 DM (Bl. 9 der ESt-Akte 1996). Im Dezember 1996 zahlten die Kläger den vereinbarten Kaufpreis an die Veräußerin. Am 18.12.1996 wurden sie als Miteigentümer des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen.
Mit der Einkommensteuererklärung 1996 machten die Kläger in Bezug auf die Vermietung und Verpachtung des Grundstücks in Werbungskosten von je 8.174 DM, zusammen also einen Verlust von – 16.348 DM geltend.
Mit Einkommensteuerbescheid für 1996 vom 18.03.1998, der hinsichtlich der Einkunftserzielungsabsicht vorläufig war und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand, erkannte das FA zunächst auch einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung von insgesamt – 16.348 DM an (Bl. 18 der ESt-Akte 1996).
Dieser Bescheid wurde jedoch durch Bescheid vom 01.07.1998 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geändert. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben, die Einkommensteuer wurde auf 52.248 DM, ein Zins über 99 DM sowie ein Solidaritätszuschlag von 3.558,60 DM festgesetzt. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurde mit 0 DM festgestellt. Zur Erläuterung führte das FA aus, da Besitz, Nutzen und Lasten des Grundstücks in erst ab 01.01.1997 auf die Kläger übergegangen seien, könnten die Einkünfte aus Vermietung und Ver...