rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Von einer Kommune an eine eigene Abwasserbeseitigungsgesellschaft aufgrund eines Entsorgungsvertrags weitergeleitete öffentliche Zuschüsse als steuerpflichtiges Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustauschs zwischen der Gesellschaft und der Kommune
Leitsatz (redaktionell)
1. Übernimmt ein anderer Unternehmer die Erfüllung der Aufgaben einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und erhält er von dieser Geldzahlungen, bestimmt sich in erster Linie nach den Vereinbarungen des Leistenden mit dem Zahlenden, ob die Leistung des Unternehmers derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass ein unmittelbarer Zusammenhang als Voraussetzung für einen steuerbaren Leistungsaustausch besteht. Bei Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet haben, liegt der erforderliche Leistungsaustausch grundsätzlich vor (Anschluss an BFH, Urteil v. 5.12.2007, V R 63/05).
2. Ist eine Kommune Alleingesellschafterin einer GmbH und beruht die Übertragung der grundsätzlich der Kommune obliegenden Abwasserbeseitigungspflicht auf die GmbH nicht auf dem Gesellschaftsvertrag, sondern auf einem über den Weg einer Dienstleistungskonzession als Austauschvertrag ausgestalteten „Entsorgungsvertrag” zwischen der Kommune und der GmbH, so sind von der Kommune entsprechend dem Entsorgungsvertrag an die GmbH weitergeleitete Zuschüsse aus Mitteln des Landes, des Bundes und der Europäischen Gemeinschaft (hier: Zuschüsse für Abwasseranlagen aus Mitteln des EG-Regionalfonds –ERFE–, aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur” sowie aus Mitteln nach den Investitionsfördergesetz und dem Finanzausgleichsgesetz des Bundes) auch dann als Entgelt für eine umsatzsteuerpflichtige Leistung der GmbH an die Kommune anzusehen, wenn die GmbH gegenüber den Abwassereinleitern im eigenen Namen und für eigene Rechnung auftritt und die GmbH kein unmittelbares Interesse an der Weiterleitung der Zuschüsse hat, weil die Kommune ohne die Zuschüsse gemäß dem Entsorgungsvertrag höheren Entgelten für die aufgrund eines Anschluss- und Benutzungszwangs an die GmbH gebundenen Abwassereinleiter zustimmen müsste.
3. In richtlinienkonformer Auslegung des nationalen Umsatzsteuerrechts darf sowohl bei der Frage, ob eine Leistung gegen Entgelt i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegt, als auch bei der Frage, was zum Entgelt i. S. v. § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG gehört, ein finaler Zusammenhang aus Sicht des Leistungsempfängers zwischen dem, was er erhält, und dem, was er aufwendet, nicht verlangt werden.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Sätze 1-2; EWGRL 388/77 Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Klägerin werden die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Tatbestand
Streitig ist, ob an die Klägerin von ihrer Alleingesellschafterin, der Stadt W., weitergeleitete Zuschüsse aus Mitteln des Landes, des Bundes und der Europäischen Gemeinschaft, die vom Freistaat Sachsen bewilligt wurden, als Entgelt für eine umsatzsteuerpflichtige Leistung anzusehen sind.
Die Klägerin wurde von der Stadt W. mit Gesellschaftsvertrag vom 16.09.1997 notariell errichtet. Ihr Unternehmensgegenstand ist die Planung, der Bau und der Betrieb von technischen Anlagen zur Oberflächenentwässerung, die Abwassersammlung und -reinigung einschließlich der Fäkalien- sowie Fäkalschlammentsorgung sowie die Entsorgung anfallender Reststoffe (z.B. Klärschlamm, Rechen- und Sandfanggut). Gemäß dem Gesellschaftsvertrag übernahm die Stadt W. das Stammkapital in Höhe von 200.000 DM in voller Höhe.
Mit einer nicht datierten als „Einbringungsvertrag” bezeichneten Vereinbarung, der der Stadtrat der Stadt W. am 03.11.1997 zustimmte und die mit einer ebenfalls undatierten als „Änderung zum Einbringungsvertrag” bezeichneten Vereinbarung geändert wurde, übertrug die Stadt der Klägerin zum 31.12.1997 ihre fertig gestellten und im Bau befindlichen Abwasserbeseitigungsanlagen und -einrichtungen mit Ausnahme der Grundstücke, die zu einem späteren Zeitpunkt durch Notarvertrag übertragen werden sollten. Die Klägerin sollte von der Stadt aufgenommene Darlehen für die Errichtung dieser Einrichtungen und Anlagen mit schuldbefreiender Wirkung übernehmen. Seitens der Stadt bereits vereinnahmte Anschlussbeiträge und Zuschüsse für die Errichtung von Abwasserbeseitigungsanlagen sollten der Klägerin übergeben werden. Ferner sollte die Klägerin in alle Bauverträge der Stadt über Abwasserbeseitigungsanlagen und -einrichtungen eintreten. Die Stadt und die Klägerin seien sich einig, dass die Klägerin mit der Erfüllung der städtischen Abwasserbeseitigungspflicht im eigenen Namen und für eigene Rechnung beauftragt werde.
Mit „Entsorgungsvertrag für die öffentliche Abwasserbeseitigung in der Stadt W.” vom 30.10.1997 übertrug die Stadt W. ihre Abwasserbeseitigungspflicht gemäß § 63 Sächsisches Wassergesetz – SächsWG – auf die Kläger...