Rz. 2
Die Regelungen zur Selbstverwaltung – Verfassung, Berufung/Abberufung, Neutralitätsausschuss – beruhen auf § 367 Abs. 1, in dem geregelt ist, dass die Bundesagentur für Arbeit eine rechtsfähige bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung ist. § 371 ist als grundlegende Vorschrift mit einer Reihe wesentlicher Regelungen anzusehen. Neuerungen in den letzten Jahren betreffen insbesondere die Aufgaben der Selbstverwaltung nach Einführung eines hauptamtlichen Vorstands der Bundesagentur für Arbeit und der damit verbundenen Umstrukturierung des Leitungsgefüges in der Behörde, den Wegfall der Selbstverwaltung auf der Ebene der Regionaldirektionen, die Verkleinerung des Verwaltungsrats und wiederholte Änderungen zu den Erstattungsregelungen für die Mitglieder der Selbstverwaltung. Der ausdrücklichen Regelung in § 367 Abs. 1 bedurfte es, weil § 29 Abs. 1 SGB IV gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV nicht für die Bundesagentur für Arbeit gilt. Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich insbesondere zum Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Dort ist die Bundesagentur für Arbeit ebenfalls Leistungsträgerin, unterliegt dabei aber der Fachaufsicht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Deshalb gilt die Selbstverwaltung im Bereich der Grundsicherung nicht (vgl. Abs. 4). Die Überwachung der Verwaltung durch die Selbstverwaltung bezieht sich daher nicht auf die Aufgabenerledigung nach dem SGB II.
Rz. 3
Selbstverwaltungsorgane der Bundesagentur für Arbeit sind der Verwaltungsrat und die Verwaltungsausschüsse bei den Agenturen für Arbeit (Abs. 1). Nach Ansicht des Gesetzgebers waren die Verantwortlichkeiten bei der Bundesagentur für Arbeit bis 2004 nicht eindeutig zugewiesen. Daher wurde dem Verwaltungsrat vergleichbar dem Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft die Aufgabe zugewiesen, den Vorstand und die Verwaltung in ihrer Geschäftsführung umfassend zu kontrollieren. Damit würden effektive Strukturen privatrechtlich organisierter Unternehmen auf die Bundesagentur für Arbeit übertragen. Zugleich bliebe die Verantwortung der Sozialpartner in der Selbstverwaltung bestehen. Die Regelungen bei der Bundesagentur für Arbeit entsprächen den Vorschriften des Aktiengesetzes, nach denen der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft den Vorstand zu überwachen habe. Der Gegenstand der Überwachung durch Verwaltungsrat und Aufsichtsrat würden dadurch in Übereinstimmung gebracht. Folgerichtig regelt Abs. 2, dass die Selbstverwaltungsorgane die Verwaltung zu überwachen und in allen aktuellen Fragen des Arbeitsmarkts zu beraten haben. Das umfasst das gesamte operative Geschäft der Arbeitsförderung.
Rz. 3a
Abs. 1 Satz 2 setzt dazu voraus, dass der Verwaltungsrat und die Verwaltungsausschüsse bei den Agenturen für Arbeit die für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen von der Verwaltung erhalten. Die Regelungen zur Selbstverwaltung sind in den Reformprozess der Bundesagentur für Arbeit eingebunden worden. Der Selbstverwaltung obliegt es, die damit verbundenen Ziele zu unterstützen und die Zielerreichung zu überwachen. Das betraf insbesondere die Umgestaltung der Bundesagentur zu einem leistungsfähigen, modernen Dienstleistungsunternehmen am Arbeitsmarkt mit Führung über Ziele, Controlling und Benchmark (Wettbewerb unter arbeitsmarktlich gleichartigen Agenturen für Arbeit mit Zielsteuerung), die Konzentration auf die Kernaufgaben und die stetige Weiterentwicklung und Anpassung an die Erfordernisse des Arbeitsmarktes und besonderer politischer Gegebenheiten.
Rz. 3b
Der Gesetzgeber hat die Regelungen darauf ausgerichtet, die Aufgaben und Organisationsstrukturen der Bundesagentur für Arbeit so auszugestalten, dass Dienstleistungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber schnell und kompetent erbracht werden können. Dazu sei zu bestimmen, wie die Steuerung innerhalb der Bundesagentur für Arbeit und durch die Selbstverwaltung und Bundesregierung erfolgen solle, wie die Aufbauorganisation der Bundesagentur für Arbeit aussehen und welche Rolle die Selbstverwaltung einnehmen solle. Das neue Steuerungskonzept erfordere eine qualitativ andere Ausrichtung des Zusammenwirkens von Geschäftsführung und Kontrollorganen. Die Selbstverwaltung erhalte eine neue Rolle. Die konsequente Trennung von Verantwortung und Kontrolle als zentraler Bestandteil des Konzepts bedeute in der praktischen Umsetzung, dass die Verantwortung für das Geschäft der Dienststellen bei der jeweiligen Geschäftsführung liege, die von der Selbstverwaltung kontrolliert werde. Durch Konzentration der Aufgaben der Regionaldirektionen auf Steuerungs- und Führungsfunktionen sei eine Vertretung der Arbeitsmarktakteure in einem Selbstverwaltungsorgan auf dieser Ebene nicht mehr erforderlich. Die Regionaldirektionen hätten keinen eigenen operativen Verantwortungsbereich, der der Überwachung durch die Selbstverwaltung bedürfe. Diese Einschätzung des Gesetzgebers muss kritisch gewürdigt werden, weil auch die Regionaldirektionen entscheid...