0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Durch das Achte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (8. SGB IV-ÄndG) v. 20.12.2022 (BGBl. I S. 2759) wurde die Vorschrift mit Wirkung zum 1.1.2023 neu in das SGB III eingefügt.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift ermächtigt die Bundesagentur für Arbeit zur befristeten Datenübermittlung in Form von Bereitstellung zum automatisierten Abruf. Ziel ist die Verhinderung von Leistungsmissbrauch.
Rz. 2a
Abs. 1 berechtigt die Bundesagentur für Arbeit, Daten über die Höhe des dem Arbeitgeber für seine Beschäftigten ausgezahlten Kurzarbeitergeldes (Kug) für die Monate November und Dezember 2020 sowie über die Höhe der dem Arbeitgeber für diesen Zeitraum erstatteten Sozialversicherungsbeiträge zum automatisierten Abruf aus ihrem Datenbestand bereitzustellen. Das betrifft die Bewilligungsstellen der Länder für die November- und Dezemberhilfen. Diese sollen durch Verdachtsprüfungen und Stichprobenkontrollen Leistungsmissbrauch verhindern. Die Ermächtigung ist auf die Zeit bis zum 31.12.2025 begrenzt.
Rz. 2b
§ 79 Abs. 2 bis 4 SGB X gilt aufgrund des Abs. 2 entsprechend. Danach haben die beteiligten Stellen zu gewährleisten, dass die Zulässigkeit des Verfahrens auf Abruf kontrolliert werden kann. Hierzu haben sie schriftlich oder elektronisch
- Anlass und Zweck des Verfahrens auf Abruf,
- Dritte, an die übermittelt wird,
- die Art der zu übermittelnden Daten und
- nach Art. 32 der VO (EU) 2016/679 erforderliche technische und organisatorische Maßnahmen
festzulegen. Ferner sind datenschutzrechtliche Unterrichtungspflichten einzuhalten. Die Verantwortung für die Zulässigkeit des einzelnen Abrufs trägt der Dritte, an den übermittelt wird. Dieser Stelle obliegen Prüf-, Protokoll- und Löschfristen; bei Stapelverarbeitung finden Überprüfungen nur im Hinblick auf die Zulässigkeit des Abrufes oder der Übermittlung des Gesamtbestandes statt.
2 Rechtspraxis
Rz. 3
Die sog. November- und Dezemberhilfen aus 2020 sind Wirtschaftshilfen des Bundes, mit denen Unternehmen, Selbständige und Vereine unterstützt wurden, die von den Schließungen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie betroffen waren. Kug-Leistungen einschließlich der erstatteten Sozialversicherungsbeiträge sind dabei vollständig für den Leistungszeitraum auf die November- und Dezemberhilfen anzurechnen gewesen (vgl. BT-Drs. 20/3900). Die von den Hilfszahlungen Begünstigten sind zur Einreichung einer Schlussabrechnung verpflichtet, mit der sie auch Eigenangaben zum Erhalt von Kug treffen müssen. Verantwortlich für die Prüfung der Schlussabrechnungen und die abschließende Gewährung der November- und Dezemberhilfen sind die Bewilligungsstellen der Länder. Denn nach den zwischen dem Bund und den Ländern beschlossenen Verwaltungsvereinbarungen werden die Corona-Wirtschaftshilfen von den Ländern bzw. den von diesen beauftragten Stellen durchgeführt.
Rz. 4
Nach der Gesetzesbegründung zum 8. SGB IV-ÄndG sind das folgende Länder/beauftragte Stellen:
Baden-Württemberg: L-Bank: Staatsbank für Baden-Württemberg
Bayern: IHK für München und Oberbayern
Berlin: Investitionsbank Berlin (IBB)
Brandenburg: Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB)
Bremen: Bremer Aufbau-Bank (BAB), BIS Bremerhaven
Hamburg: Hamburgische Investitions- und Förderbank (IFB Hamburg)
Hessen: Regierungspräsidium Gießen
Mecklenburg-Vorpommern: Landesförderinstitut M-V (LFI M-V)
Niedersachsen: Investitions- und Förderbank Niedersachsen (NBank)
Nordrhein-Westfalen: Bezirksregierungen Arnsberg, Düsseldorf, Detmold Köln, Münster
Rheinland-Pfalz: Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB)
Saarland: Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr
Sachsen: Sächsische Aufbaubank – Förderbank (SAB)
Sachsen-Anhalt: Investitionsbank Sachsen-Anhalt (IB Sachsen-Anhalt)
Schleswig-Holstein: Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH)
Thüringen: Thüringer Aufbaubank
Rz. 5
Die Bewilligungsstellen sind zudem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz unter: https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de/UBH/Redaktion/DE/Textsammlungen/bewilligungsstel-len-laender.html veröffentlicht.
Rz. 6
Der Gesetzesbegründung zufolge sind für die Novemberhilfe 384.748 Anträge mit einem beantragten Fördervolumen in Höhe von über 7 Mrd. EUR eingegangen, von denen rund 6,7 Mrd. EUR ausgezahlt wurden. Für die Dezemberhilfe wurden 376.468 Anträge mit einem beantragten Fördervolumen in Höhe von rund 7,7 Mrd. EUR gestellt. Ausgezahlt wurden demnach rd. 7,2 Mrd. EUR. Mit der Übermittlungsbefugnis wird der Bundesagentur für Arbeit ermöglicht, den Bewilligungsstellen Daten zum Bezug von Kug von Begünstigten der November- und Dezemberhilfen zu übermitteln. Erforderlich für die Verhinderung von Leistungsmissbrauch durch die Bewilligungsstellen sind die Daten zum Bezug von Kug sowie der Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen in den Monaten November und Dezember 2020.
Rz. 7
Die Bewilligungsstellen haben die Eigenangaben der Begünstigten nach einer Stichprobenziehung sowie im Falle eines konkreten Verdachts auf Leistungsmissbrauch zu überprüfen. Die...