0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Der Inhalt der Vorschrift ist als § 61a durch Art. 1 des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente v. 21.12.2008 (BGBl. I S. 2917) zum 1.1.2009 in das SGB III eingefügt worden. Der Inhalt der Vorschrift ist mit Art. 2 Nr. 18 des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt v. 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854) mit Wirkung zum 1.4.2012 in § 53 überführt worden. § 53 entspricht im Wesentlichen § 61a a. F. Es wurde aber klargestellt, dass förderungsbedürftige junge Menschen ohne Schulabschluss einen Anspruch nach § 53 haben (BT-Drs. 17/6277, Begründung zu § 63, S. 97). Zuletzt ist die Vorschrift durch Art. 1 des Gesetzes zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern – Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz – v. 8.7.2019 (BGBl. I S. 1029) mit Wirkung zum 1.8.2019 geändert und in Satz 1 das Wort "Förderungsbedürftige" durch das Wort "Förderungsberechtigte" ersetzt worden.
1 Allgemeines
Rz. 2
Mit dieser Vorschrift wurde – unter bestimmten Voraussetzungen – ein Rechtsanspruch für junge Menschen auf Förderung der Vorbereitung des nachträglichen Erwerbs des Hauptschulabschlusses im Rahmen einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme eingeführt. Der Anspruch besteht, sofern nicht bereits feststeht, dass der Auszubildende aufgrund seiner individuellen Möglichkeiten nicht in der Lage sein wird, den Hauptschulabschluss durch die Vorbereitung voraussichtlich zu erreichen. Die vorherige Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Maßnahme ohne das Ziel "Vorbereitung auf den Hauptschulabschluss" steht dem Rechtsanspruch nach § 61a a. F. nicht entgegen.
Rz. 3
§ 61a a. F. war nicht die einzige Vorschrift nach der der nachträgliche Erwerb des Hauptschulabschlusses gefördert werden kann. Nach § 102 a. F. i. V. m. § 61a a. F. ist der nachträgliche Erwerb des Hauptschulabschlusses im Rahmen einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme für Rehabilitanden möglich. § 81 ermöglicht den nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses im Rahmen eines Angebots zur beruflichen Weiterbildung.
Rz. 4
Maßnahmen nach § 53 machen nur einen relativ geringen Teil der gesamten berufsvorbereitenden Maßnahmen aus. Von den 93.000 Eintritten im Berichtsjahr 2010 wurde bei 12.700 Fällen (14 %) aufgrund des individuellen Förderbedarfs das Ziel verfolgt, auf den Hauptschulabschluss vorzubereiten. Im Rahmen der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen haben 4.992 Personen im Jahr 2015 den Hauptschulabschluss nachträglich erworben (Datenreport 2017 des Bundesinstituts für Berufsbildung).
Rz. 5
Bereits vor Einfügung der Norm in das SGB III war umstritten, ob die Finanzierung der Nachholung des Hauptschulabschlusses über Beitragsmittel der Arbeitslosenversicherung sachgerecht ist. Dabei wurde die Auffassung vertreten, dass die Schulbildung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, die nicht aus Beiträgen zur Sozialversicherung finanziert werden dürfe. Auch die Bundesagentur für Arbeit hält die Finanzierung des Hauptschulabschlusses aus Beitragsmitteln für systemwidrig (vgl. Steinmeyer, info also 2009 S. 52 m. w. N.)
2 Rechtspraxis
2.1 Anspruch (Satz 1)
Rz. 6
Der Anspruch nach Satz 1 ist gerichtet auf die Vorbereitung auf den Hauptschulabschluss. Der Schulabschluss selbst wird nicht gefördert (Brecht-Heitzmann, in: Gagel, SGB III, § 53 Rz. 11 m. w. N.). Ein Anspruch auf den Hauptschulabschluss ist mit § 53 Satz 1 nicht verbunden (Steinmeyer, info also 2009 S. 52 m. w. N.; Hassel, in: Brand, SGB III, § 53 Rz. 2; Schön, in: Böttiger/Körtek/Schaumberg, SGB III, § 53 Rz. 2). Mit dem Rechtsanspruch soll sichergestellt werden, dass der junge Mensch auch nach der Erfüllung der Vollzeitschulpflicht die Chance erhält, einen Hauptschulabschluss oder gleichwertigen Abschluss im Rahmen einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme nachzuholen.
Rz. 7
Zur Zielgruppe gehören junge Menschen ohne Schulabschluss und ohne berufliche Erstausbildung, die ihre allgemeine Schulpflicht erfüllt haben und i. d. R. das 27. Lebensjahr (§ 7 SGB VIII) noch nicht vollendet haben. Anspruchsinhaber kann also nur ein Auszubildender ohne Schulabschluss sein (Hassel, in: Brand, SGB III, § 53 Rz. 3). Ob jemand ohne Schulabschluss ist, richtet sind nach dem jeweiligen Landesrecht. Ein Anspruch nach Satz 1 besteht auch dann nicht, wenn ein dem Hauptschulabschluss gleichartiger Schulabschluss vorliegt (Hassel, a. a. O.; Schön, in: Böttiger/Körtek/Schaumberg, SGB III, § 53 Rz. 3).
Rz. 8
Nach der Vereinbarung über die Schularten und Bildungsgänge im Sekundarbereich I der Kultusminister der Länder v. 2.6.2006 besteht zwar in allen Ländern die Möglichkeit, den Hauptschulabschluss als ersten allgemein bildenden Schulabschluss zu erwerben. Er wird in den Ländern Brandenburg und Bremen als Berufsbildungsreife und in Rheinland-Pfalz als Berufsreife bezeichnet. Mit dem Rechtsanspruch auf Förderung wird sichergestellt, dass Jugendliche unter bestimmten Voraussetzungen die Chance erhalten, den Hauptschulabschluss im Rahmen einer berufsvorbereitenden Maßnahme nachzuholen. Zu diesen Vorausset...