Prof. Dr. Gerrit Frotscher
DBA stellen häufig Bezüge aus typischen stillen Gesellschaften und z. T. auch aus partiarischen Darlehen den Dividenden gleich. In diesen Fällen stellt sich jedoch die Frage, ob eine entsprechende Reduzierung der Quellensteuer zu erfolgen hat, regelmäßig nicht, weil die DBA gleichzeitig regeln, dass die Reduzierung der Quellensteuer nicht eingreift, wenn die Auskehrung von der Bemessungsgrundlage der KSt der auskehrenden Gesellschaft abziehbar ist. Dann kann Deutschland als Quellenstaat auch nach DBA eine Quellensteuer von 25 % erheben. Möglich ist es auch, dass eine Gleichstellung mit Dividenden nur eintritt, wenn die Leistungen bei der auskehrenden Gesellschaft nicht abzugsfähig sind. Zum Teil wird in den DBA nicht zwischen Zinsen und Dividenden unterschieden, sodass insoweit in beiden Fällen die ungeminderte Quellensteuer erhoben werden kann.
Problematischer ist dagegen die Anwendung des Schachtelprivilegs im Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters. Da Deutschland aber ohnehin eine Freistellung nach § 8b Abs. 1 KStG gewährt, tritt dieses Problem nur in Sonderfällen auf.
Ist der inl. Gesellschafter eine KGaA, an der eine natürliche Person als persönlich haftender Gesellschafter beteiligt ist, qualifiziert sich die KGaA bei einer Gewinnausschüttung für die Steuerfreistellung nach dem internationalen Schachtelprivileg nach DBA, da die KGaA eine Kapitalgesellschaft ist. Innerstaatlich wird der auf den persönlich haftenden Gesellschafter entfallende Teil der erhaltenen Gewinnausschüttung bei diesem besteuert und daher nicht nach § 8b Abs. 1 KStG freigestellt. In diesem Fall würde die natürliche Person jedoch von dem internationalen Schachtelprivileg profitieren, da die DBA insoweit keine Einschränkung enthalten. Der gleiche Effekt würde bei der GmbH & Still eintreten, wenn der typisch stille Gesellschafter eine natürliche Person ist. Der Gesetzgeber ist dieser Gestaltung jedoch durch § 50d Abs. 11 EStG entgegengetreten. Danach schränkt Deutschland das Schachtelprivileg unilateral, und damit im Wege des Treaty Overrides, ein, soweit die Besteuerung der Schachteldividende bei einer Person erfolgt, die keine Kapitalgesellschaft ist. Natürliche Personen, die persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA oder stille Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft sind, können daher die Steuerbefreiung aufgrund des internationalen Schachtelprivilegs nicht geltend machen. Die Vereinbarkeit dieser Einschränkung mit der Mutter-Tochter-Richtlinie ist zweifelhaft, da die Dividende an die KGaA bzw. die GmbH gezahlt wird und die Mutter-Tochter-Richtlinie keine Einschränkung bei einer anderweitigen steuerlichen Zurechnung der Einkünfte enthält.
Eine weitere Frage stellt sich, wenn eine inl. Kapitalgesellschaft durch nicht beteiligungsähnliche Genussrechte, eine typische stille Beteiligung oder ein partiarisches Darlehen an einer ausl. Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Im Dividendenartikel der DBA entsprechend Art. 10 OECD-MA sind Vergütungen hierauf häufig den Dividenden gleichgestellt. Der BFH hat die in Art. 10 des jeweiligen DBA enthaltene Definition des Begriffs "Dividende" auch für die Freistellung der Dividende nach Art. 23 des betreffenden DBA angewandt. Allerdings stellt sich dann die Frage, ob eine Beteiligung am Kapital in qualifizierter Höhe vorliegt. Genussrechte, typische stille Beteiligungen und partiarische Darlehen sind keine Beteiligung am Nennkapital, sodass sie isoliert betrachtet diese Voraussetzung nicht erfüllen. Wenn aber daneben eine qualifizierte Beteiligung am Nennkapital besteht, wäre das internationale Schachtelprivileg anwendbar, weil die DBA nach dem jeweiligen Wortlaut nicht bestimmt, dass die Dividende nur begünstigt ist, soweit sie für eine Beteiligung am Nennkapital gezahlt werden, sondern bereits dann, wenn Dividenden gezahlt werden, vorausgesetzt dass eine qualifizierte Beteiligung besteht. Der BFH hat die Anwendung des internationalen Schachtelprivilegs trotzdem verneint, weil sonst die Gefahr bestünde, dass die Vergütungen im Quellenstaat von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden, im Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters aber steuerfrei bleiben.