Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Gibt der Steuerpflichtige keine Umsatzsteuererklärung ab, ist das Finanzamt auch dann zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen berechtigt, wenn er zur Erstellung der Erklärung aufgrund von Fehlverhalten seiner Mitarbeiter nicht in der Lage ist.
Sachverhalt
Im Streitfall betrieb der Steuerpflichtige ein Unternehmen, das die Beratung, Betreuung, Vermittlung und Verwaltung externer und interner Geschäftsverbindungen zum Inhalt hatte. Da er für das Streitjahr 2005 trotz mehrfacher Aufforderung keine Umsatzsteuererklärung abgab, schätzte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen. Gegen den Schätzungsbescheid legte der Steuerpflichtige Einspruch ein, mit dem er vortrug, die Erstellung und Abgabe von Steuererklärungen sei ihm nicht möglich gewesen, da ihm die Herausgabe der dazu erforderlichen Unterlagen von ehemaligen Leitern eines Geschäftsbereichs verweigert werde. Alle bisher unternommenen straf- und zivilrechtlichen Schritte seien bisher ergebnislos geblieben.
Entscheidung
Das FG wies die Klage ab und entschied, dass die Schätzungsbefugnis des Finanzamtes nach § 162 AO außer Zweifel stehe, da der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht für das Streitjahr 2005 nicht nachgekommen sei und außerdem über die in 2005 getätigten Umsätze überhaupt nicht Buch geführt habe. Er kann sich auch nicht dadurch entlasten, dass ihm die erforderlichen Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt worden seien. Denn der Unternehmer muss sich das Verschulden seiner Angestellten oder Mitarbeiter zurechnen lassen und wird selbst nicht von der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe von Steuererklärungen entbunden. Der bloße Vortrag, im Streitjahr seien keine Umsätze getätigt worden, reicht nicht aus, um von einer Pflichterfüllung im Sinne einer ordnungsgemäßen Erklärungsabgabe i. S. von § 149 AO auszugehen.
Hinweis
Man kommt nicht um die Feststellung umhin, dass dem klägerischen Vortrag eine gewisse Naivität immanent ist. Denn wenn dem Steuerpflichtigen in vielen Teilbereichen ein Fehlverhalten seines Steuerberaters zuzurechnen ist, z.B. auch bei Versäumnis der Erklärungsfristen, so gilt dies erst recht für nicht ordnungsgemäß arbeitende oder handelnde Mitarbeiter. Hier muss der Steuerpflichtige durch entsprechendes Handeln dafür Sorge tragen, dass ihm auf eine Art und Weise zugearbeitet wird, die es ihm ermöglicht, seinen steuerlichen Pflichten auch nachkommen zu können.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 09.12.2010, 14 K 498/10