Rz. 19
Der Rechtscharakter des Schiedsstellenspruchs ist in der Literatur umstritten. Nach ständiger Rechtsprechung handelt es sich um einen vertragsgestaltenden Verwaltungsakt i. S. d. § 31 Satz 1 SGB X (st. Rspr., BSG, Urteil v. 23.7.2014, B 8 SO 2/13 R, Rz. 11, BSGE 116 S. 227 m. w. N. bereits BVerwG, BVerwGE 108 S. 47, 49 und BVerwGE 116 S. 78, 81). Auch die Bundesregierung wertet den Schiedsstellenspruchs als Verwaltungsakt, da gegen die Entscheidung der Schiedsstelle ohne ein weiteres Vorverfahren Klage erhoben werden könne (vgl. Begründung Regierungsentwurf BTHG, BR-Drs. 428/16 S. 303). Kritiker bezweifeln zum einen die Behördeneigenschaft der Schiedsstelle (§ 31 SGB X gibt nur Behörden die Rechtsmacht Verwaltungsakte zu erlassen, vgl. Boetticher/Tammen, RsDE 54 [2003] S. 28, 30 ff.; dagegen ausführliche plastische Schilderung der Behördeneigenschaft: LSG Hessen, Urteil v. 25.2.2011, L 7 SO 237/10 KL, Rz. 44, Sozialrecht aktuell 2011 S. 117 oder sprechen dem Schiedsstellenspruch die Eigenschaft einer Entscheidung i. S.d § 31 Satz 1 SGB X ab (Gottlieb, NDV 2001 S. 257, 260; Boetticher/Tammen, RsDE (2003 ) Nr. 54 S. 28, 34 ff.).
Rz. 20
Aus dem Rechtscharakter des Schiedsstellenspruchs als Verwaltungsakt folgen nach § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X grundsätzlich die Anforderungen an die Begründung des Schiedsstellenspruchs. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Ermessensentscheidungen müssen auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Schiedsstelle bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.
Richtig ist, dass aufgrund der Aufgabe der Schiedsstelle, Kompromisse zwischen den Vertragsparteien auszuloten und "unverzüglich" eine Entscheidung herbeizuführen, die Anforderungen im Vergleich zum Verwaltungsakt einer Behörde niedrig anzusetzen sind (wie hier Neumann, in: Hauck/Noftz, SGB XII, § 77 Rz. 22). Es genügt, dass die Schiedsstelle ihre Abwägung frei von Einseitigkeit in einem fairen und willkürfreien Verfahren vornimmt. Solange sie sich an den materiell-rechtlichen Vorgaben des Vertragsrechts der Eingliederungshilfe orientiert, ist sie zu einer eher summarischen Abhandlung der Streitpunkte berechtigt (Neumann, in: Hauck/Noftz, SGB XII, § 77 Rz. 22). Die Begründung der Entscheidung über die einzelnen strittigen Positionen kann dabei umso summarischer sein, je unsubstantiierter die Darlegung der Vertragspartei ist, die sich auf diese Positionen beruft (LSG Niedersachsen, Urteil v. 30.5.2000, L 3 P 82/99, Rz. 47, 66, RsDE (2002) Nr. 50 S. 96); Laffert, S. 181). Grenze sind Ausführungen, die eine Festsetzung als willkürlich erscheinen lassen. Die Schiedsstelle muss eine nachvollziehbare Begründung liefern, wobei die Gründe für das Entscheidungsergebnis "wenigstens andeutungsweise erkennbar sein" müssen (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 11.3.2015, L 15 SO 322/14 KL ER, Rz. 5, juris).