0 Rechtsentwicklung
0.1 Bisheriges Recht
Rz. 1
Die Regelung ist neu, so dass kein unmittelbarer Vorläufer vorhanden ist.
0.2 Vergleich zum Vertragsrecht des Zehnten Kapitels SGB XII ab 1.1.2020
Rz. 2
Eine vergleichbare Regelung kennt das Vertragsrecht des allgemeinen Sozialhilferechts i. d. F. des Art. 13 BTHG nicht. § 134 ist lex specialis des Vertragsrechts der Eingliederungshilfe. Inhaltlich entspricht § 134 dem § 76 SGB XII i. d. F. des Art. 13 BTHG.
0.3 Begrenztes Inkrafttreten zum 1.1.2018 – vollständiges Inkrafttreten zum 1.1.2020
Rz. 3
§ 134 tritt zwar bereits zum 1.1.2018 in Kraft. Ihre Wirksamkeit entfaltet die Regelung aber erst mit Inkrafttreten der Strukturreform der Eingliederungshilfe (neu) zum 1.1.2020. Im Zeitraum 2018 und 2019 bildet die Vorschrift nur eine Ermächtigungsgrundlage neue Verträge mit Sonderregelungen mit Wirkung zum 1.1.2020 vorzubereiten und abzuschließen (vgl. Komm. zu § 123 Rz 6).
1 Allgemeines
Rz. 4
§ 134 enthält besonderes Vertragsrecht für das Eingliederungshilferecht im Achten Kapitel SGB IX und weicht von der Grundregel des § 125 zur Bestimmung der Inhalte der Leistungsvereinbarung ab. Es werden die Anforderungen an den Inhalt der Leistungs- und Vergütungsvereinbarung für den Sonderfall minderjähriger Leistungsberechtigter sowie volljähriger Leistungsberechtigter geregelt, die Leistungen zur Schulbildung nach § 112 Abs. 1 Nr. 1 sowie Leistungen zur schulischen Ausbildung für einen Beruf nach § 112 Abs. 1 Nr. 2 in besonderen Ausbildungsstätten über Tag und Nacht (Einrichtungen) erhalten. Sie sichert die materiell-rechtliche Sonderregelung zur Finanzierung existenzsichernder Leistungen und begrenzten Heranziehung zu den Kosten in diesen Fällen nach § 142 vertragsrechtlich ab.
Rz. 5
Soweit die Leistungen der Eingliederungshilfe gegenüber minderjährigen Leistungsberechtigten zu erbringen sind, erfolgt mit der Sonderregelung des § 134 in den Vereinbarungen ausnahmsweise keine Trennung zwischen Fachleistung und Lebensunterhalt.
Die Abs. 1 bis 3 wiederholen weitgehend die Regelung des § 125 Abs. 1 bis 3. Allerdings ist in der Vereinbarung zwischen Leistungsträger und Leistungserbringer in Abweichung der Grundregel des § 125 nicht nur die Erbringung der Fachleistung, sondern auch die Erbringung der Hilfe zum Lebensunterhalt zu regeln (Abs. 3 Nr. 1).
Abs. 4 enthält eine Sonderregelung in Abweichung der Grundregel des § 125 auch für volljährige Leistungsberechtigte, die eine Internatsschule speziell für Menschen mit Behinderungen besuchen.
2 Rechtspraxis
2.1 Anwendungsbereich
2.1.1 Kinder und minderjährige Leistungsberechtigte
Rz. 6
Der weit überwiegende Teil der Leistungsberechtigten der Eingliederungshilfe erhält existenzsichernde Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Vierten Kapitel SGB XII, Kinder und minderjährige Leistungsberechtigte dagegen nach dem Dritten Kapitel SGB XII oder Sozialgeld nach § 19 SGB II, wenn sie in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Die Strukturreform der Eingliederungshilfe sieht als ein wesentliches Element die Trennung von Fachleistungen der Eingliederungshilfe und Lebensunterhalt vor (Aufhebung des § 27b SGB XII i. d. F. bis 31.12.2019, ab 1.1.2020 ist § 27b SGB XII i. d. F. des Art. 13 BTHG Sonderregelung für den Lebensunterhalt in Einrichtungen, insbesondere Pflegeheimen). Für Personen, die in besonderen Wohnformen i.S.d. § 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 u. Abs. 5 SGB XII leben gilt ab 1.1.2020 die allgemeine Anspruchsnorm für Leistungen zum Lebensunterhalt in § 27 SGB XII i. d. F. des Art. 13 BTHG). Diese Regelungen gelten jedoch nur für Volljährige und nicht für Kinder und Jugendliche. Für letztere gilt die Sonderregelung des § 27c SGB XII i. d. F. des Art. 13 BTHG.
Rz. 7
Hintergrund ist der für Kinder und Jugendliche nur begrenzt heranzuziehende Ansatz der personenzentrierten Systematik mit weitreichenden autonomen Entscheidungszuschreibungen in der Strukturreform der Eingliederungshilfe. Mit der personenzentrierten Neuausrichtung der Eingliederungshilfe sollen die Möglichkeiten, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, verbessert werden. Dies betrifft insbesondere die Möglichkeit einer individuellen und den persönlichen Wünschen entsprechende Lebensplanung und -gestaltung. Diese Möglichkeit ist bei Kindern und Jugendlichen unabhängig von dem Vorliegen einer Behinderung stark eingeschränkt: Hier steht den Eltern die elterliche Sorge zu, die sowohl die Personensorge als auch die Vermögenssorge umfasst. Im Rahmen der Personensorge haben die Eltern die Pflicht und das Recht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen. Lebensmittelpunkt ist im Regelfall die elterliche Wohnung (vgl. Begründung Regierungsentwurf BTHG, BR-Drs. 428/16 S. 342). Aber auch die geplante – in der 18. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages nicht durchgesetzte – Reform des SGB VIII mit dem Ziel einer "großen Lösung", nämlich der Zuständigkeitskonzentration für alle Kinder und Jugendliche mit Bedarf auf Fachleistung der Eingliederungshilfe auf die Jugendhilfeträger (vgl. Hiller, caritas BVkE- Info 2017 – aktuell), sprach zur Vermeidung einer Präjudizierung dieser Reform für die Beibehaltung des geltenden Rechts für den Personenkreis von Kindern und Jugendlichen. Mit dem BTHG sollte keine Vorwegnahme der Strukturen für diese Reform erfolgen. N...