0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Durch Art. 9 Nr. 18 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 24.12.2003 (BGBl. I S. 2954) wurde Abs. 2 an die neue Organisation der Bundesagentur für Arbeit angepasst.
Mit Inkrafttreten des Art. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) wird der bisherige § 118 mit Wirkung zum 1.1.2018 zu § 201. Die Vorschrift entspricht inhaltlich dem bisherigen § 118 mit Anpassungen der Verweisungen infolge der Verschiebung der Paragraphen im Schwerbehindertenrecht in Teil 3.
1 Allgemeines
Rz. 1a
Die Vorschrift regelt die Zuständigkeiten für den Erlass von Widerspruchsbescheiden bei Verwaltungsakten der Integrationsämter und der örtlichen Fürsorgestellen (Abs. 1) und der Dienststellen der Arbeitsverwaltung (Abs. 2).
2 Rechtspraxis
2.1 Widerspruchsbescheide der Integrationsämter
Rz. 2
Das Widerspruchsverfahren bei Verwaltungsakten der Integrationsämter und der örtlichen Fürsorgestellen richtet sich nach den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung. § 73 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bestimmt in Abs. 1 und 2, dass ein Widerspruchsbescheid grundsätzlich von der nächsthöheren Behörde oder, wenn die nächsthöhere Behörde eine oberste Landesbehörde ist, von der Behörde erlassen wird, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Hiervon abweichend bestimmt Abs. 1 Satz 1, dass ein bei den Integrationsämtern eingerichteter Widerspruchsausschuss den Bescheid erlässt. Ein solcher Widerspruchsausschuss ist in § 202 geregelt.
Rz. 3
§ 68 Abs. 1 VwGO bestimmt, dass es eines Vorverfahrens, also eines Widerspruchsverfahrens, nicht bedarf, wenn der Verwaltungsakt von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist. Um auch in solchen Fällen den Verwaltungsakt zunächst in einem Vorverfahren prüfen zu können, bevor Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht erhoben werden kann, bestimmt Abs. 1 Satz 2, dass auch in den Fällen, in denen ein Integrationsamt bei einer obersten Landesbehörde besteht, ein Vorverfahren durchzuführen ist.
2.2 Widerspruchsbescheide der Bundesagentur für Arbeit
Rz. 4
Die Vorschrift regelt die Zuständigkeit für den Erlass von Widerspruchsbescheiden in den Fällen, in denen die Verwaltungsakte von einer Dienststelle der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden sind. In diesen Fällen ist das Widerspruchsverfahren nicht auf der Rechtsgrundlage der VwGO, sondern auf der Grundlage des Sozialgerichtsgesetzes durchzuführen.
Rz. 5
§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sieht vor Klageerhebung die Nachprüfung von Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem Widerspruchsverfahren vor. Zuständig für die Durchführung des Widerspruchsverfahrens ist grundsätzlich die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Abweichend von dieser Regelung des § 85 SGG bestimmt Abs. 2 die Durchführung des Widerspruchsverfahrens und den Erlass des Widerspruchsbescheides durch einen besonderen Widerspruchsausschuss. Dieser ist gemäß § 203 bei der Bundesagentur für Arbeit gebildet.
Rz. 5a
Mit der Neuformulierung des Abs. 2 ist von Verwaltungsakten der Bundesagentur für Arbeit die Rede. Es geht hier jedoch nicht um Verwaltungsakte der Zentrale dieser Körperschaft; gemeint sind vielmehr auch künftige Entscheidungen der örtlichen Agenturen für Arbeit, hier etwa über Gleichstellungen und Mehrfachanrechnungen oder Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Anzeigeverfahren (§ 163 Abs. 3). Der Formulierung zur örtlichen Einrichtung des Widerspruchsausschusses "bei der Bundesagentur für Arbeit" liegt der Grundsatz des Dritten und des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt zugrunde, wonach den (früheren) Landesarbeitsämtern, also den heutigen Regionaldirektionen, gesetzlich keine Aufgaben mehr zugewiesen werden sollen. Die Zentrale der Bundesagentur für Arbeit kann nunmehr selbst entscheiden, welche Aufgaben sie an die unteren Organe, in diesem Fall den Regionaldirektionen überträgt. Es wird sich in der Praxis erweisen, dass die Widerspruchsausschüsse weiterhin bei den Regionaldirektionen angesiedelt sein werden.
Rz. 6
Die besonderen Regelungen des Abs. 2 gelten ausdrücklich nur für die Fälle, in denen die Agenturen für Arbeit oder Regionaldirektionen Verwaltungsakte aufgrund des Teils 3 SGB IX erlassen. Sie galten bis zum 30.9.2000 also auch in Streitigkeiten im Zusammenhang mit Lohnkostenzuschüssen zur Förderung der Einstellung und Beschäftigung Schwerbehinderter. Diese wurden bis zum 30.9.2000 nach § 33 Abs. 2 des Schwerbehindertengesetzes i. V. m. dem Ersten Abschnitt der Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung erbracht. Mit dem Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter vom 29.9.2000 (BGBl. I S. 1394) sind diese Vorschriften aufgehoben worden, die Förderung der Einstellung und Beschäftigung Schwerbehinderter wurde in das SGB III übernommen (§ 90: Eingliederungszuschuss für besonders betroffene Schwerbehinderte; § 73: Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung Schwerbehinderter). Für Streitigkeiten in diesen Leistungsangelegenheiten gelten die allgemeinen Bestimmungen des Sozialgerichtsgesetzes....