2.5.1 Geldleistung/Gutscheine (Abs. 2 Satz 1 bis 3)
Rz. 10
Nach § 29 Abs. 2 Satz 1 werden Persönliche Budgets i. d. R. als Geldleistung ausgeführt, bei laufenden Leistungen monatlich. Das schließt nach Meinung des Autors nicht aus, dass das Budget bei kleinen Beträgen mit Einwilligung des Budgetnehmers auch in größeren Zeitabständen gezahlt werden kann.
In der Sache setzt die Erbringung eines Persönlichen Budgets einen Anspruch auf eine budgetfähige Teilhabeleistung voraus; besteht ein solcher Anspruch, besteht auch auf die Erbringung der Leistungen in der Leistungsform des Persönlichen Budgets ein Rechtsanspruch (vgl. dazu BSG, Urteile v. 11.5.2011, B 5 R 54/10 R, und v. 28.1.2021, B 8 SO 9/19 R). Der Rehabilitationsträger darf die Zahlung eines Persönlichen Budgets also nicht deshalb verweigern, weil er nur bereit ist, Dienst- und Sachleistungen im Rahmen des Naturalleistungsprinzips zu erbringen. Das bedeutet wiederum nicht, dass der Rehabilitationsträger im Rahmen der Zielvereinbarung z. B. überteuerte bzw. unwirtschaftliche Kosten akzeptieren muss.
Das Persönliche Budget soll den Budgetnehmer befähigen, sich mit dem zur Verfügung gestellten Budget (Geldbetrag) auf dem „freien Markt“ selbstbestimmt die Dienst- oder sonstigen Leistungen einzukaufen, die er zur Befriedigung seines Teilhabebedarfs benötigt. Hierzu sollen dem Betroffenen regelmäßige Geldzahlungen zur Verfügung gestellt werden, die es ihm ermöglichen, auf der Grundlage eigener Vertragsschlüsse mit Leistungserbringern Betreuungsleistungen selbst zu organisieren und zu bezahlen (vgl. BT-Drs. 15/1514 S. 1, 72). Dieser Entkoppelung entspricht die Zuweisung eines pauschalen – monatlichen – Betrags, der keinen Bezug zu konkreten einzelnen Leistungen aufweist und der fehlenden Bindung an das System vereinbarungsgebundener Leistungsanbieter Rechnung trägt (BSG, Urteil v. 11.5.2011, a. a. O.).
Die Zahlung eines Persönlichen Budgets setzt voraus, dass der Budgetnehmer vor dem Zeitraum, für den er seinen Teilhabebedarf abdecken möchte, das Geld auf dem Konto seines Geldinstitutes hat. Der Rehabilitationsträger muss somit bei monatlicher Zahlung darauf achten, dass er das Geld so früh anweist, dass es vor dem 1. eines Monats auf dem Girokonto des Budgetnehmers gut geschrieben wird. Andernfalls fehlt dem Budgetnehmer ggf. das Geld, mit dem er sich auf dem freien Markt wie ein Unternehmer die notwendige Hilfe zur Deckung seines Teilhabebedarfs besorgen kann.
Rz. 11
Nach § 29 Abs. 2 Satz 2 sind anstelle der Geldleistung in begründeten Fällen Gutscheine auszugeben. Diese Gutscheine sind
- bei Pflegesachleistungen i. S. d. § 36 SGB XI,
- bei Sachleistungen im Rahmen der Kombinationsleistungen nach § 38 SGB XI und
- bei der Tages- und Nachtpflege i. S. d. § 41 SGB XI
ausdrücklich vorgesehen; diese Gutscheine dürfen aufgrund des § 29 Abs. 2 letzter Satz SGB IX i. V. m. § 35a SGB XI Gutscheine nur zur Inanspruchnahme von zugelassenen Pflegeeinrichtungen i. S. d. SGB XI verwendet werden.
Nach Meinung des Autors bringt das Persönliche Budget dem Budgetnehmer in diesen Gutscheinfällen keinen Nutzen.
Rz. 12
Im Übrigen werden von den Rehabilitationsträgern anstelle des Geldbetrages Gutscheine ausgegeben, wenn damit zu rechnen ist, dass der Budgetnehmer das Budget nicht oder teilweise nicht zweckbestimmt verwendet. Auch ein Wechsel von der Geldleistung in das Gutscheinverfahren ist während des laufenden Budgetzeitraumes möglich, z. B., wenn der Budgetnehmer die geforderten Kostennachweise zur Deckung seines Bedarfs nicht fristgerecht eingereicht hat. Allerdings bedarf dieses dann – sofern es nicht von vornherein in der Zielvereinbarung geregelt ist – einer neuen Zielvereinbarung.
3.5.2 Bedarfsermittlung und Berechnung (Abs. 2 Satz 4 bis 8)
Rz. 13
Persönliche Budgets werden auf der Grundlage der nach den §§ 14 bis 24 getroffenen Feststellungen so bemessen, dass der individuell festgestellte Bedarf gedeckt wird und die erforderliche Beratung und Unterstützung erfolgen kann. Dabei soll die Höhe des Persönlichen Budgets die Kosten aller bisher individuell festgestellten Leistungen nicht überschreiten, die ohne das Persönliche Budget zu erbringen sind. § 35a SGB XI bleibt unberührt.
Das Persönliche Budget gewährt keinen Anspruch auf Leistungen, die das maßgebliche Leistungsgesetz nicht kennt (BSG, Urteil v. 8.3.2016, B 1 KR 19/15 R). Durch das Persönliche Budget können somit keine Leistungen finanziert werden, die außerhalb des Leistungsspektrums des jeweiligen Leistungsträgers liegen. Das Persönliche Budget ist somit nicht als "Add-on"-Leistung zu verstehen.
Das Bedarfsermittlungsverfahren für laufende Leistungen wird i. d. R. im Abstand von 2 Jahren wiederholt. In begründeten Fällen kann davon abgewichen werden.
Rz. 14
Der mit dem persönlichen Budget verbundene Geldleistungsanspruch soll im Regelfall nicht zu einer Kostensteigerung führen. Das grundsätzliche Verbot, die Obergrenze der bisherigen Kosten zu überschreiten, wird nur in eng begrenzten Ausnahmefällen durchbrochen. Das BSG lässt eine Ausnahme vom Verbot, die Obergrenze zu überschreiten, nur zu, wenn eine für die Lebensqualität des Versi...