Rz. 11
Neben der Teilhabeförderung (Rz. 7 ff.) sichert § 1 Abs. 1 dem Menschen mit Behinderung bzw. mit drohender Behinderung einen Anspruch auf einen "behinderungsbedingten Nachteilsausgleich" zu. Dabei gilt das Gebot, den betroffenen Menschen – je nach Grad seiner Behinderung –gegenüber einem gesunden Menschen nicht zu benachteiligen, aber auch nicht zu bevorteilen (Gleichbehandlungsgrundsatz). Der Grad der Behinderung wird auf Antrag durch die nach Landesrecht zuständigen Behörden festgestellt. Die stellen bei Erfüllung der Voraussetzungen auch den Schwerbehindertenausweis aus (Einzelheiten vgl. Komm. zu § 2). Nach dem System des SGB IX hat der behinderte Mensch Anspruch auf Feststellung des für ihn maßgeblichen, nach Zehnergraden gestuften GdB unabhängig davon, ob sich seine rechtliche und/oder wirtschaftliche Situation dadurch unmittelbar verbessert (BSG, Urteil v. 24.4.2008, B 9/9a SB 8/06 R).
Als Nachteile gelten neben Mehraufwendungen, die eine Behinderung mit sich bringt, auch negative Auswirkungen einer Behinderung bei der schulischen, beruflichen und sozialen Teilhabe. Dabei erstreckt sich der Nachteilsausgleich nicht nur auf Vorschriften des SGB, sondern auch auf die des Steuerrechts oder auf andere Gesetze. Beispielhaft für einen behinderungsbedingten Nachteilsausgleich ist zu erwähnen
- ein nach dem Grad der Behinderung in der Höhe gestaffelter Einkommensteuerfreibetrag wegen allgemeiner behinderungsbedingter Mehraufwendungen (§ 33b EStG),
im Berufsleben
- vorgezogene Altersrente ohne Abzüge für schwerbehinderte Menschen (§§ 37, 236a SGB VI),
- Kfz-Hilfen für Berufstätige (z. B. finanzielle Entlastung wegen behinderungsbedingter Zusatzausstattung; § 185 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b i. V. m. KfzHV),
- Freibetrag beim Wohngeld bei Pflegebedürftigkeit gemäß § 14 SGB XI (§ 17 WoGG),
- unentgeltliche Beförderung ("Freifahrt") im öffentlichen Nahverkehr nach Erwerb einer Wertmarke (§§ 228 bis 230 SGB IX),
- Kfz-Steuerermäßigung bei einem Schwerbehindertenausweis u. a. mit dem Merkzeichen "H", "BI" oder "aG" (§ 3a Abs. 2 Satz 1 KraftStG),
- behinderungsbedingte Mehrbedarfserhöhung beim Bürgergeld unter bestimmten Voraussetzungen (§ 21 Abs. 4 SGB II),
- bei außergewöhnlicher Gehbehinderung: Anerkennung von Kfz-Kosten für behinderungsbedingte Privatfahrten als außergewöhnliche Belastung in Höhe bestimmter Pauschalen (§ 33 EStG).
Rz. 12
Wie den Beispielen zu Rz. 11 zu entnehmen ist, sind für die einzelnen Nachteilsausgleiche von dem Menschen mit Behinderung näher bezeichnete Voraussetzungen zu erfüllen. Die meisten Nachteilsausgleiche werden nur Menschen mit einer Schwerbehinderung (Grad der Behinderung ab 50) und/oder von bestimmten Merkzeichen auf dem Schwerbehindertenausweis (z. B. außergewöhnlich gehbehindert – aG, blind – Bl, gehörlos – G oder hilflos – H) zugestanden. Einzelheiten hierzu vgl. Komm. zu § 152.