Rz. 23
Nach § 220 Abs. 2 hat der behinderte Mensch einen Anspruch auf Beschäftigung in der Werkstatt, solange die Aufnahmevoraussetzungen vorliegen. Solange hat der behinderte Mensch auch einen Anspruch auf Leistungen.
Die Aufnahmevoraussetzungen können zum einen dadurch entfallen, dass trotz einer der Behinderung angemessenen Betreuung von dem behinderten Menschen eine erhebliche Gefährdung für sich selbst oder andere ausgeht oder dass nicht mehr die Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich oder eine Beschäftigung im Arbeitsbereich im Vordergrund steht, sondern Betreuung und Pflege des behinderten Menschen überwiegen. In diesem Fall ist dieses Rechtsverhältnis, soweit es sich um einen im Arbeitsbereich beschäftigten behinderten Menschen handelt, der zu dem Träger der Werkstatt in einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis (§ 221 Abs. 1) steht, durch Aufhebung des Werkstattvertrages (§ 221 Abs. 3) zu beenden. Handelt es sich um einen Beschäftigten, der zum Träger der Werkstatt in einem regulären Arbeitsverhältnis steht, ist dieses Arbeitsverhältnis durch Kündigung oder Aufhebung zu beenden.
Der zuständige Rehabilitationsträger muss gegenüber dem behinderten Menschen seine Leistungsbewilligung aufheben, ein Anspruch der Werkstatt auf Vergütung besteht nicht mehr.
Rz. 24
Die Aufnahmevoraussetzungen können auch dadurch entfallen, dass der behinderte Mensch durch die Maßnahmen im Berufsbildungsbereich oder durch die Teilnahme an Maßnahmen zur Förderung des Übergangs auf den allgemeinen Arbeitsmarkt in die Lage versetzt wird, eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufzunehmen. Dass in einem solchen Fall kein Anspruch auf Verbleib in der Werkstatt mehr besteht, ergibt sich aus dem Gedanken des § 219 Abs. 1. Ist die Werkstatt hiernach eine Einrichtung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben und zur Eingliederung in das Arbeitsleben ausschließlich für diejenigen behinderten Menschen, die wegen Art oder Schwere ihrer Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden können, können also diejenigen behinderten Menschen keine Aufnahme in die Werkstatt finden, die zur Ausübung einer Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in der Lage sind, so ergibt sich hieraus, dass ein Anspruch auf Verbleib in der Werkstatt auch nur so lange besteht, wie der behinderte Mensch auf diese Einrichtung zur beruflichen Teilhabe angewiesen, also werkstattbedürftig ist (zur Förderung des Übergangs und rentenrechtliche Regelungen hierzu § 219 Abs. 1 Satz 3).
Rz. 25
Liegen die Aufnahmevoraussetzungen unverändert vor, endet die Beschäftigung spätestens mit dem Erreichen der rentenversicherungsrechtlichen Altersgrenze. Diese in der Praxis bereits übliche Befristung wollte der Gesetzgeber im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes rechtlich verankern. Der Gesetzentwurf (BT-Drs. 18/9954) sah in einem neu angefügten Satz 3 in Abs. 1 eine Beendigung der Werkstattbeschäftigung mit Ablauf des Monats vor, in dem das für die Regelaltersgrenze i. S. d. SGB VI erforderliche Lebensalter erreicht werde. Der Gesetzentwurf begründete diese Begrenzung mit den Verhältnissen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und auch damit, dass der spezifische Zweck der Teilhabe am Arbeitsleben mit dem Erreichen der Ruhestandsgrenze entfalle. Im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wurde durch einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen durch die Anfügung der Worte "in der Regel" eine Abweichung von diesem Grundsatz eingefügt (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales v. 3012.2016, BT-Drs. 18/10523, zu Nr. 1 Buchst. k, Doppelbuchst. bb). Damit werden auch künftig in besonderen Einzelfällen flexible Übergänge aus dem Arbeitsleben ermöglicht.
Mit dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben ist es dann Aufgabe des Trägers der Leistungen der Eingliederungshilfe, dem behinderten Menschen Angebote der Tagesstruktur zu unterbreiten. Die Werkstatt hat einen solchen Auftrag nicht und keinen Anspruch mehr auf Vergütungen.