Leitsatz
§ 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG erfasst die Werterhöhung von Anteilen der verbleibenden Gesellschafter durch jegliche Einziehung von GmbH-Anteilen nach § 34 Abs. 1, 2 GmbHG und ist nicht auf Fälle der Zwangseinziehung von Anteilen beschränkt.
Normenkette
§ 3 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 7 Satz 2, § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG, § 34 Abs. 1 und 2 GmbHG
Sachverhalt
Der Kläger sowie drei weitere Personen (A, B und C) waren im Jahre 2007 zu gleichen Teilen Gesellschafter einer GmbH. Nach dem Gesellschaftsvertrag war u.a. die Einziehung von Geschäftsanteilen mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters jederzeit zulässig, ohne Zustimmung war sie unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Im Jahr 2007 beschlossen die vier Gesellschafter einstimmig die Einziehung des Geschäftsanteils des A zum 31.12.2007 gegen Zahlung einer Einziehungsvergütung durch die GmbH an A. Die Nennbeträge der verbleibenden drei Geschäftsanteile wurden entsprechend aufgestockt.
Das FA setzte gegen den Kläger wegen der Werterhöhung, die sein GmbH-Anteil erfahren habe, Schenkungsteuer fest. Es ging dabei von dem Anteilswert aus, den das Betriebsstätten-FA der GmbH nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG gesondert festgestellt hatte. Einspruch und Klage blieben erfolglos (Thüringer FG, Urteil vom 23.10.2019, 4 K 72/18, Haufe-Index 15017407, EFG 2022, 275).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des Klägers als unbegründet zurück. Das FG habe zu Recht erkannt, dass die Einziehung des Geschäftsanteils des A nach § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG bei dem Kläger zu einem Drittel der Schenkungsteuer unterliege. Die an A gezahlte Abfindung bleibe deutlich hinter dem gesondert festgestellten Wert des Anteils zurück. Hinsichtlich der Differenz sei der Vorgang anteilig für jeden der verbliebenen Gesellschafter steuerbar und steuerpflichtig.
Hinweis
Der BFH befasst sich im Besprechungsurteil mit den schenkungsteuerrechtlichen Folgen der vertraglich vereinbarten Einziehung des Geschäftsanteils eines GmbH-Gesellschafters.
1. Als Schenkungen unter Lebenden nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG gelten u.a. gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStGjede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird, sowie gemäß § 7 Abs. 7 ErbStG bestimmte Formen der Anwachsung und des Wertzuwachses von GmbH-Anteilen bei Ausscheiden eines anderen Gesellschafters.
a) Der schenkungsteuerrechtliche Grundtatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG verlangt in objektiver Hinsicht nach einer Vermögensverschiebung, d.h. einer Vermögensminderung auf der Seite des Zuwendenden und einer Vermögensmehrung auf der Seite des Bedachten und der (objektiven) Unentgeltlichkeit der Zuwendung, in subjektiver Hinsicht nach dem Bewusstsein des Zuwendenden, die Leistung ohne Verpflichtung und ohne rechtlichen Zusammenhang mit einer Gegenleistung oder einem Gemeinschaftszweck zu erbringen. Die Vermögensverschiebung zwischen dem Schenker und dem Bedachten muss sich auf die Vermögenssubstanz beziehen. Bloße Wertverschiebungen führen nicht zu einer freigebigen Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
b) § 7 Abs. 7 ErbStG stellt bestimmte gesellschaftsrechtlich veranlasste Wertverschiebungen bei Ausscheiden eines Gesellschafters der Schenkung gleich, in Satz 1 solche durch Übergang dessen Anteils, in Satz 2 solche durch Werterhöhung der anderen Anteile.
Mit § 7 Abs. 7 ErbStG hatte der Gesetzgeber auf die Wagnisrechtsprechung des BGH und des BFH reagiert. Die ursprünglich auf den heutigen Satz 1 beschränkte Vorschrift sollte die vermögensrechtlichen Auswirkungen eines Wechsels im Bestand einer Personengesellschaft aufgrund Gesellschaftsvertrags erfassen, indem sie eine Schenkung des ausscheidenden Gesellschafters an die verbliebenen Gesellschafter i.H.d. jeweiligen Wertverschiebungen fingierte. Den ggf. nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerbaren derivativen Erwerb durch rechtsgeschäftliche Übertragung des Anteils erfasst sie nicht. In Folge sollte auch der durch das StEntlG 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 (BGBl I 1999, 402) eingefügte heutige Satz 2 parallel zu der entsprechenden Ergänzung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG unberechtigte Steuervorteile verhindern, die entstehen können, wenn eine Einziehung gegen Minderentgelt beschlossen wird (BT-Drucks. 14/443, 41).
Das in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG geforderte subjektive Element ist kein Tatbestandsmerkmal in § 7 Abs. 7 ErbStG. Der ausscheidende Gesellschafter muss sich der Unentgeltlichkeit nicht bewusst sein.
2. § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG erfasst die Werterhöhung von Anteilen der verbleibenden Gesellschafter durch jegliche Einziehung von GmbH-Anteilen nach § 34 Abs. 1, 2 GmbHG und ist nicht auf Fälle der Zwangseinziehung von Anteilen beschränkt.
a) Mit dem Merkmal "eingezogen" knüpft die Norm an die in § 34 GmbHG geregelte Einziehung von Geschäftsanteilen bei Ausscheiden eines Gesellschafters einer GmbH an. Die Einziehung (Amortisation) bedarf nach § 34 Abs. 1 GmbHG stets einer Grundlage im Gesellschaftsvertrag, ist nach Maßgabe von § 34 Abs. 2 GmbHG...